Julia Extra Band 376
ein uneheliches Kind? Was dachte sich sein Vater eigentlich? Glaubte er tatsächlich, sein Sohn würde solch eine Frau akzeptieren?
Seine Miene musste seine Abneigung verraten haben, denn Vanessa sah ihm in die Augen. „Ich schäme mich nicht für meine Vergangenheit, Eure Hoheit. Auch wenn Mia sicher nicht unter den glücklichsten Umständen geboren wurde, ist sie doch das Beste, was mir in meinem Leben je geschehen ist. Ich bedaure nichts.“
Nicht gerade zurückhaltend, dachte Marcus. Für eine künftige Königin war das nicht unbedingt von Vorteil. Allerdings musste er zugeben, dass auch seine Mutter selten mit ihrer Meinung hinter dem Berg gehalten hatte. Und das hatte sie sogar zum Vorbild der jungen Frauen gemacht. Aber nie war seine Mutter leichtsinnig gewesen. Wenn diese Frau jetzt glaubte, sie könnte seiner Mutter auch nur halbwegs das Wasser reichen, dann irrte sie sich.
Hoffentlich nahm sein Vater Vernunft an, ehe es zu spät war. Im Moment blieb Marcus nichts anderes übrig, als ihr den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Denn genau das hatte er seinem Vater versprochen.
„Ihre Vergangenheit geht nur Sie und meinen Vater etwas an.“
„Dennoch scheinen Sie Ihre eigene Meinung dazu zu haben. Vielleicht sollten Sie mich erst ein wenig kennenlernen, bevor Sie ein endgültiges Urteil fällen.“
Er beugte sich zu ihr, und sein Ausdruck ließ keinen Zweifel daran, wie ernst es ihm war. „Ich habe nicht vor, damit meine Zeit zu verschwenden.“
Vanessa zuckte noch nicht einmal zusammen. Furchtlos sah sie ihm in die Augen. Sie ließ sich nicht einschüchtern. Er fühlte … eine seltsame Mischung zwischen Hass und Lust. Und jene seltsame Anwandlung von Lust traf ihn wie eine demütigende Ohrfeige.
Nun besaß diese Miss Reynolds sogar noch die Frechheit, zu lächeln. In ihm stieg Zorn auf, aber gleichzeitig nahm ihr Lächeln ihn gefangen.
Er fühlte sich unbehaglich, als er sein Handy hervorholte und sich von Vanessa abwandte. Sein Vater schien zum ersten Mal, seit er seine Frau an den Krebs verloren hatte, wieder glücklich zu sein, und das wollte Marcus ihm unter keinen Umständen verderben. Diese Liebesgeschichte würde ohnehin bald ihr natürliches Ende finden.
Sein Vater würde ganz bestimmt rechtzeitig aufwachen und diese Amerikanerin wieder nach Hause zurückschicken.
War die Reise bisher schon nicht allzu glücklich verlaufen, so schien seit ihrer Ankunft in Varieo alles schlimmer zu werden.
Vanessa saß neben der schlafenden Mia. Offenbar hatte Marcus sein Urteil über sie bereits gefällt. Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken, mit ihm allein zu sein, bis Gabriel zurückkam.
Wahrscheinlich hatte sie sich nicht gerade klug verhalten, als sie ihm so offen entgegengetreten war. Meistens war sie diplomatischer, aber Marcus hatte sie so selbstgefällig angesehen, dass sie ihre strapazierten Nerven nicht im Griff gehabt hatte. Sie warf Marcus einen verstohlenen Blick zu. Seine Aufmerksamkeit galt allein seinem Telefon. Er war unglaublich attraktiv. Schade nur, dass sein Charakter da nicht mithielt.
Du bist ja auch ziemlich schnell mit deinem Urteil.
Vielleicht hatte er seine Gründe? Würde sie sich nicht ebenfalls Sorgen machen, wenn ihr Vater ihr mitteilte, eine deutlich jüngere Frau heiraten zu wollen, noch dazu eine vollkommen unbekannte? Außerdem war Gabriel nicht irgendein Mann, sondern ein reicher König. Sicher wollte Marcus seinen Vater nur schützen. Und er hatte seine Mutter erst vor weniger als einem Jahr verloren. Gabriel hatte durchblicken lassen, dass ihr Tod seinen Sohn schwer mitgenommen hatte. Gewiss dachte er, Vanessa würde den Platz der Königin einnehmen wollen, auch wenn das ganz sicher nicht der Wahrheit entsprach.
Sie wusste ja noch nicht einmal, ob sie Gabriel wirklich heiraten wollte. Um das herauszufinden, war sie schließlich hergekommen. Und wenn es nicht wie geplant lief, konnte sie einfach nach Hause zurückkehren.
Sie entspannte sich und sah aus dem Seitenfenster der Limousine. Gerade fuhren sie durch das bezaubernde Küstenstädtchen Bocas. Kleine Läden, Restaurants und Boutiquen reihten sich aneinander, und die Gehwege mit ihrem Kopfsteinpflaster waren voller Menschen. Als sie die steile Zufahrt zum Palast hinauffuhren, sah Vanessa in einiger Entfernung den Strand und den Hafen, in dem neben kleinen Segelbooten und größeren Jachten auch riesige Kreuzfahrtschiffe lagen.
Sie hatte gelesen, dass die Saison am Meer von April bis November
Weitere Kostenlose Bücher