Julia Extra Band 376
falls ich eine Frage an Sie habe, steht Ihre Nummer auch auf der Liste?“
„Nein, das tut sie nicht. Und selbst wenn, würden Sie mich kaum erreichen.“
„Nein?“
„Nein. Solange mein Vater nicht da ist, nimmt mich der Dienst für unser Land ganz in Anspruch.“
Gott, war es denn unmöglich, diese harte Schale zu durchdringen? „Marcus, ich kann sehr gut verstehen, wie Sie sich fühlen müssen, aber …“
„Sie können überhaupt nichts!“ Die Feindseligkeit in seiner Stimme erschreckte Vanessa. „Mein Vater hat mich gebeten, Sie zu empfangen, und ich bin seiner Bitte nachgekommen. Wenn Sie mich jetzt also entschuldigen.“
Hinter ihnen räusperte sich jemand, und beide drehten sich gleichzeitig zur Tür. Es war die Nanny.
„Am besten, Sie sprechen jetzt mit Karin wegen Ihres Kindes“, meinte Marcus.
Mit raschen Schritten verließ er das Zimmer, und Vanessa seufzte innerlich. „Komm doch bitte herein“, wandte sie sich an Karin.
Das Mädchen wirkte etwas nervös. „Soll ich Mia übernehmen, damit Sie sich ausruhen können?“
Vanessa hatte noch immer ein seltsames Gefühl dabei, Mia in den Händen einer völlig Fremden zu lassen, aber sie war wirklich erschöpft. „Ja, ich könnte wohl etwas Schlaf brauchen“, sagte sie zu Karin. „Aber wenn die Kleine aufwacht, dann bringst du sie bitte sofort zu mir. Sie ist sicher verwirrt, wenn sie in einem fremden Zimmer aufwacht und eine Unbekannte an ihrem Bett sitzt.“
„Natürlich, Ma’am!“
„Bitte, sag doch Vanessa.“
Karin nickte, obwohl sie sich anscheinend unbehaglich bei dem Gedanken fühlte.
„Mia schläft auf dem Bett drüben. Am besten, ich trage sie ins Kinderzimmer, dann sehe ich auch gleich, wo das ist. Kannst du die Tasche nehmen?“
Wieder nickte Karin nur.
Offenbar war sie nicht gerade gesprächig.
Mit Mia auf dem Arm folgte Vanessa der Nanny über den Flur. Hinter der zweiten Tür befand sich das Kinderzimmer. Es war kleiner als die Suite und verfügte über eine Spiel- und eine Schlafecke. Vor den hellgrün gestrichenen Wänden leuchteten die weiß lackierten Möbel regelrecht. In der Spielecke warteten Regale voller Spielsachen für Kinder jeden Alters.
Vanessa ging davon aus, dass Mia später ein eigenes Zimmer bekommen würde, wenn sie bleiben sollten. In der Nähe von Gabriels Schlafzimmer.
Bei dem Gedanken, mit Gabriel das Schlafzimmer – und das Bett – zu teilen, wurde ihr etwas flau im Magen.
Alles wird gut.
Sie legte Mia in die Wiege und deckte sie mit einer leichten Decke zu. Die Kleine rührte sich nicht einmal, so erschöpft schien sie von der Reise zu sein.
„Vielleicht sollte ich noch ihre Sachen auspacken“, sagte Vanessa zu Karin.
„Das mache ich schon, Ma’am.“
Vanessa seufzte. Ma’am. Nun gut, daran konnten sie ja noch arbeiten. „Vielen Dank.“
Sanft küsste sie Mia auf die Stirn. „Schlaf gut, Süße.“
Nachdem sie Karin noch einmal eingeschärft hatte, ihr Bescheid zu sagen, wenn Mia aufwachte, ging Vanessa zurück in ihre Suite. Sie nahm ihre Handtasche und holte das Handy heraus. Kein Anruf. Als sie Gabriels Nummer wählte, wurde sie direkt zur Mailbox umgeleitet.
Das Bett mit der weichen Decke und den flauschigen Kissen sah einladend aus. Vanessa legte das Handy auf den Nachttisch, sank in die Kissen und kämpfte nicht weiter dagegen an, als ihr die Augen zufielen.
2. KAPITEL
Von Vanessas Suite aus ging Marcus direkt in sein Büro, wo seine Assistentin am Computer ihre nachmittägliche Patience legte. Alle nannten sie Cleo, aber eigentlich hieß sie Cleopatra – ihre Eltern waren Ägypter und wohl sehr exzentrisch gewesen.
„Hat mein Vater sich gemeldet?“
Ohne die Augen vom Bildschirm zu lösen, schüttelte Cleo den Kopf.
„Es freut mich, dass Sie Ihre Zeit produktiv nutzen“, neckte er sie.
Sie kannte das schon und ließ sich nicht stören. „Das hält den Kopf fit.“
Sie mochte zwar auf die Siebzig zugehen, aber geistig hellwach. Seit fast vierzig Jahren stand sie in den Diensten der königlichen Familie und war bis zum Tod der Königin deren Sekretärin gewesen. Danach hatten die meisten erwartet, dass sich Cleo in den Ruhestand verabschieden und ihre großzügige Rente genießen würde. Aber noch wollte sie nicht aufhören, zu arbeiten. Sie meinte, es hielte sie jung. Wie Marcus vermutete, spielte wohl auch die Einsamkeit eine Rolle, denn ihr Mann war vor zwei Jahren gestorben.
Sie beendete ihre Patience und schloss das Programm. Auf dem
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