Julia Extra Band 376
helfen, Miss Reynolds?“
„Gern.“ Während sie ihre Handtasche nahm, kümmerte sich die Flugbegleiterin um den Rest.
Seit Mias Geburt war Vanessa nicht mehr ausgegangen – bis Gabriel in ihr Leben trat. Dabei hatten unzählige männliche Gäste sie im Hotel eingeladen, aber Vanessa wollte Geschäftliches und Privates lieber nicht verbinden. Aber wenn ein König sie bat, mit ihm etwas zu trinken, war es schwer, Nein zu sagen. Gerade, wenn er auch noch so gut aussah und so charmant war wie Gabriel. Und nun war sie also hier in Varieo, nur ein paar Monate später, um ein neues Leben zu beginnen.
Vanessa stieg die Stufen zur Rollbahn hinunter, erleichtert, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Die Sonne brannte. Die Flugbegleiterin geleitete Vanessa zur Limousine, und der Fahrer stieg aus, um ihr den hinteren Wagenschlag aufzuhalten. Vanessas Puls beschleunigte sich. Doch dann stieß sie enttäuscht den Atem aus. Wie Gabriel war auch dieser Mann schmal und groß, er hatte ebenso markante Gesichtszüge, und auch seine Augen wirkten genauso ausdrucksstark. Nur war es nicht Gabriel.
Tagelang hatte sie sich über das Land und das Königshaus informiert, und sofort erkannte sie, dass es sich bei dem attraktiven Mann um Prinz Marcus Salvatora handelte, Gabriels Sohn. Er sah genauso aus wie auf den Fotos: geheimnisvoll und zu ernst für einen Mann von achtundzwanzig Jahren. Seine graue Hose und das weiße Hemd kontrastierten mit seinem olivfarbenen Teint und dem gewellten schwarzen Haar. Er sah wie ein Cover-Model des GQ-Magazins aus, nicht wie ein zukünftiger Regent.
Vanessa blickte an ihm vorbei in die Limousine. Doch da war niemand. Dabei hatte Gabriel versprochen, sie abzuholen.
Tränen der Erschöpfung und der Enttäuschung brannten ihr in den Augen. Sie sehnte sich nach Gabriel. Wie kein anderer gab er ihr das Gefühl von Sicherheit. Aber was sollte sein Sohn denken, wenn sie jetzt mitten auf dem Rollfeld in Tränen ausbrach?
Zeig nie Schwäche! Das hatte ihr Vater ihr immer eingeimpft. Also atmete sie tief durch, straffte die Schultern und begrüßte den Prinzen mit leicht gesenktem Kopf, wie es in seinem Land Sitte war.
„Miss Reynolds“, sagte er und reichte ihr die Hand.
Um seinen Gruß zu erwidern, nahm Vanessa Mia vom rechten auf den linken Arm. Ihre Hand war durch die Hitze leicht verschwitzt. „Hoheit, es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.“
Während viele Männer eine Frau eher mit schlaffem Handschlag begrüßten, war Marcus’ Griff fest, und seine Hand fühlte sich kühl und trocken an. Forschend sah er sie aus dunklen Augen an. Als er seinen Blick nicht von ihrem löste und auch ihre Hand nicht losließ, schien es Vanessa, als würde er sie zum Armdrücken oder zu einem Duell herausfordern wollen. Gern hätte sie ihre Hand zurückgezogen. Als Marcus endlich seinen Griff löste, spürte sie ein elektrisierendes Prickeln, wo er sie berührt hatte.
Das kommt von der Hitze, dachte sie. Dabei wirkte der Prinz kühl und beherrscht, während sie schwitzte.
„Mein Vater lässt sich entschuldigen“, sagte Marcus. Seine Stimme klang tief und samtweich, ganz wie die seines Vaters. „Er musste unerwartet ins Ausland. Eine Familienangelegenheit.“
Ins Ausland? Vanessa war enttäuscht. „Hat er gesagt, wann er zurück sein wird?“
„Nein. Aber er will sich melden.“
Wie konnte Gabriel sie nur vollkommen allein in einem fremden Land lassen?
Du wirst jetzt nicht weinen! Sie biss die Zähne zusammen. Währenddessen begann Mia wieder zu brüllen.
Marcus hob leicht eine Augenbraue.
„Das ist Mia, meine Tochter“, stellte sie vor.
Als sie ihren Namen hörte, hob Mia den Kopf von der Schulter ihrer Mutter und sah aus ihren blauen Augen zu Marcus auf. Ihre feinen blonden Haare klebten an den tränennassen Wangen. Sie hatte gerade eine Phase, in der sie oft fremdelte. Vanessa rechnete schon damit, dass Mia gleich noch lauter weinen würde. Stattdessen bedachte ihre Tochter Marcus mit einem Lächeln, das selbst das kälteste Herz zum Schmelzen gebracht hätte.
Als hätte Mia ihn angesteckt, entspannten sich Marcus’ Gesichtszüge, und ein Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. Verdammt, er hatte sogar Grübchen. Ein seltsames Gefühl ergriff Vanessa – wie ein aufgeregtes Flattern im Bauch … So fühlte sie sich nur, wenn sie sich gerade verliebte. Augenblicklich verspürte sie Angst und Schuldgefühle. Was war sie nur für eine
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