Julia Extra Band 376
dauerte. In den anderen Monaten konzentrierte sich der Fremdenverkehr in Varieo auf das Bergland, wo man Snowboarden und Skifahren konnte. Wie Gabriel ihr erklärt hatte, war ein Großteil der Wirtschaft seines Landes vom Tourismus abhängig, ein schweres Geschäft während der Krise der letzten Jahre.
Vor ihnen öffneten sich die Tore, und als Vanessa den Palast erblickte, stockte ihr der Atem. Das prächtige Gebäude lag inmitten sattgrüner Rasenflächen, umgeben von üppig blühenden Blumenrabatten in einer gepflegten Gartenanlage. An allen Ecken plätscherten herrliche Springbrunnen vor sich hin.
Ihre Stimmung hellte sich etwas auf.
Sie wandte sich Marcus zu. Er wirkte ungeduldig, als könnte er es nicht erwarten, endlich aus dem Wagen zu flüchten und sie zurückzulassen.
„Sie haben ein wundervolles Zuhause“, sagte sie.
„Hatten Sie etwas anderes erwartet?“
Vanessa seufzte innerlich auf. Der Wagen fuhr nun an einer beeindruckenden Marmortreppe vor, die von weißen Säulen eingerahmt wurde. Der Palast war angeblich größer als das Weiße Haus.
Sobald Marcus die Tür geöffnet wurde, sprang er aus der Limousine und überließ es dem Chauffeur, Vanessa zu helfen. Sie nahm Mia auf den Arm und folgte Marcus, der am Eingang hinter der massiven hohen Flügeltür auf sie wartete.
Im Inneren wirkte der Palast genauso überwältigend wie von außen. Die Wände der runden Eingangshalle waren cremefarben gestrichen, und der Marmorboden glänzte. Durch die Fenster, die bis zur runden Deckenkuppel reichten, strömte die Sonne herein und ließ die Kristalle am riesigen Leuchter wie Diamanten funkeln. An beiden Seiten der Halle wanden sich entlang der runden Wände ausladende Treppen nach oben, eingefasst von kunstvoll geschmiedeten Geländern. Unter dem Kristallleuchter war ein mächtiger Marmortisch platziert, darauf stand ein wunderschöner bunter Blumenstrauß, dessen exotischer Duft die Luft erfüllte. Eine Mischung aus Tradition und Raffinesse überwältigte ihre Sinne.
Erst jetzt wurde Vanessa klar, wo sie wirklich war. Ihr wurde schwindlig. Hier also könnte Mia aufwachsen, umgeben von dieser Pracht. Wichtiger aber war, dass im Palast jemand lebte, der bereit war, Mia als seine Tochter anzuerkennen.
Zu gern hätte sie ihre Begeisterung mit Marcus geteilt und ihm gesagt, was für eine Ehre es für sie war, hier sein zu dürfen. Doch da ihr das vermutlich nur eine weitere unhöfliche Antwort eingebracht hätte, schwieg sie lieber.
Vom anderen Ende der Eingangshalle her traten mindestens zehn Hausangestellte ein. Marcus stellte Vanessa allen vor. Celia, die verantwortliche Haushälterin, war eine groß gewachsene, ernste Frau in einer gestärkten grauen Uniform. Ihr silbergraues Haar trug sie zu einem festen Knoten zusammengebunden. Ihre drei Helferinnen waren ähnlich gekleidet, jedoch deutlich jünger, und es fehlte ihnen Celias strenge Ausstrahlung.
Vanessa lächelte und nickte jeder von ihnen freundlich zu.
„Dies ist Camille“, stellte Celia ihr die jüngste der drei Frauen auf Englisch vor. Sie sprach fast ohne jede Betonung, was zu ihrem beinahe schon mürrischen Gesichtsausdruck passte. „Während Ihres Aufenthalts wird sie sich um Sie kümmern.“
Während Ihres Aufenthalts? Ging man also davon aus, dass sie nicht lange bleiben würde? Oder besser gesagt: Hoffte man es sogar?
„Ich freue mich, dich kennenzulernen, Camille“, begrüßte Vanessa das Mädchen und reichte ihm die Hand.
Camille wirkte nervös, als sie Vanessas Hand nahm.
Dann war George, der alte Butler, an der Reihe. Sein dürrer Körper steckte in einem Frack, dazu trug er ein gestärktes Hemd mit Frackkragen, und er hielt sich leicht nach vorn gebeugt. Ihm unterstanden zwei junge Assistenten. Außerdem gab es noch einen Koch und eine rundliche Bäckerin.
Marcus wandte sich George zu und wies diesen auf das Gepäck hin, das der Chauffeur inzwischen an der Tür abgestellt hatte. Ohne dass der Butler ein Wort sagen musste, kümmerten sich seine beiden Assistenten um die Koffer und Taschen.
Nun trat eine elegant gekleidete Frau mittleren Alters nach vorn und stellte sich selbst als Tabitha vor, die persönliche Sekretärin des Königs. „Wenn Sie irgendetwas brauchen sollten, dann zögern Sie bitte nicht, sich an mich zu wenden“, sagte sie in perfektem Englisch. Neben ihr stand eine junge Frau in Uniform. „Das ist Karin, Ihre Nanny. Sie wird sich um Ihre Tochter kümmern.“
Vanessa war unwohl bei dem Gedanken, Mia
Weitere Kostenlose Bücher