Julia Extra Band 377
Kratzer.“
Ally nahm seine Hand, zog behutsam das Taschentuch beiseite und betrachtete ihren Zahnabdruck. Entsetzt blickte sie auf. „Bitte verzeih mir! Ich weiß gar nicht, was über mich gekommen ist. So etwas sieht mir überhaupt nicht ähnlich.“
„Mein Schwager behauptet das Gegenteil. Auch die Fotos deiner Ferrariaktion sprechen eine andere Sprache.“
Verzweifelt biss Ally sich auf die Lippe und ließ Vittorios Hand los. „Ich bin momentan einfach nicht ich selbst.“ Wahre Worte! „Ich hatte Probleme.“
„Was für Probleme?“
„Psychische. Inzwischen habe ich sie überwunden, weil ich akzeptiert habe, dass ich Rocco nicht haben kann. Ich schäme mich für mein kindisches Verhalten. So etwas Dummes passiert mir ganz bestimmt nicht wieder.“
„Und wir haben ja auch eine clevere Lösung des Problems gefunden, oder? In zwei Wochen ist alles vorbei. Du kannst nach London oder Australien zurückkehren, und ich mache so weiter wie zuvor.“
„Genau.“ Zurück ins alte, langweilige Leben, dachte Ally sarkastisch.
„Wir treffen uns um sieben im Foyer. Ghita wird dich abholen.“ Leise zog Vittorio die Tür hinter sich zu, und ließ Ally mit ihren Gedanken allein.
Schließlich riss sie sich zusammen und durchquerte das Zimmer, um die Verbindungstür abzuschließen. Als sie die Hand nach dem Schlüssel ausstreckte, hörte sie, wie auf der anderen Seite das Schloss klickte. Vittorio war ihr zuvorgekommen! Wem misstraute er? Ihr oder sich selbst?
Vom Badezimmer aus rief sie in der Klinik an und musste erfahren, dass der Arzt Alex eine Beruhigungsspritze gegeben hatte. „Sie hat angefangen, sich zu ritzen“, erklärte die Krankenschwester. „Irgendwo muss sie an einen scharfen Gegenstand herangekommen sein. Die Medikation wurde umgestellt. Wir hoffen, dass Ihre Schwester die neuen Medikamente besser verträgt. Ich richte ihr aus, dass Sie angerufen haben.“
„Ich sollte mich wohl am besten gleich auf den Weg zur Klinik machen.“
„Das ist noch zu früh. Wir haben hier eine wunderbare Therapeutin, die sich um Alex kümmert und überzeugt ist, dass Ihre Schwester wieder ganz gesund wird. Machen Sie sich keine Sorgen, sie ist hier wirklich in guten Händen. Geben Sie uns einfach etwas Zeit, das wird schon wieder.“
Natürlich war Ally trotzdem beunruhigt, sah jedoch ein, dass sie nichts tun konnte, um Alex zu helfen.
Traurig klappte sie das Handy wieder zu und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die unmittelbar vor ihr lag. In zwei Stunden musste sie sich als Vittorio Vassallos Freundin der Presse stellen. Vielleicht würde er sie sogar küssen. Vorhin wäre es ja fast dazu gekommen. Fast … leider oder zum Glück? Eins stand jedenfalls fest: Was sie jetzt am wenigstens gebrauchen konnte, war, sich in Vittorio zu verlieben.
Als Ally nach einer kühlen Dusche ins Schlafzimmer zurückkehrte, hatte Ghita ihren Koffer ausgepackt und versuchte jetzt Alex’ Koffer zu öffnen, der zum Glück verschlossen war. „Lass nur, Ghita, ich brauche keine Sachen aus dem zweiten Koffer“, sagte Ally schnell und zog das Badetuch fester, bevor sie nach dem Koffer griff und ihn in den Kleiderschrank stellte.
„Ich habe Ihre Sachen aufgebügelt und dabei bemerkt, dass Sie nur ein Abendkleid dabeihaben. Damit kommen Sie nicht aus, wenn Sie mit Signor Vassallo zusammenleben.“
„So lange wird das wohl nicht sein“, entgegnete Ally und suchte ihre Dessous zusammen. „Vittorio hält es ja bei keiner Frau lange aus.“
„Aber wer weiß, Signora Sharpe? Sie sind die Erste, die er mit nach Hause gebracht hat. Meine Mutter behauptet, er suche die perfekte Frau für sich.“
„Tatsächlich?“ Ally lächelte vor sich hin. „Übrigens können Sie Ally zu mir sagen, Ghita. Ich möchte den Familiennamen meines Exmannes nicht mehr hören.“
„Gern, Ally. Wie heißen Sie denn mit … wie sagt man … Ihrem Mädchennamen?“, fragte die Angestellte neugierig.
„Benton.“
„Das ist ein hübscher Name. Brauchen Sie Hilfe beim Ankleiden?“
„Danke, das schaffe ich schon allein. Ich habe ja nur das eine Kleid. Grazie , Ghita.“
„Signor Vassallo wird Ihnen viele schöne Sachen kaufen. Er ist sehr großzügig.“ Die Kleine lächelte schwärmerisch. „Er ist sicher ein fantastischer Liebhaber.“
„Dazu kann ich wirklich nichts sagen …“ Das Gespräch machte sie langsam nervös.
Ghita hatte selbst bemerkt, dass sie zu weit gegangen war, und huschte schnell aus dem Zimmer.
Erleichtert atmete
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