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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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Freddys Vater erlag ihrem Charme und vergaß bei ihren Neckereien seine trüben Stimmungen.
    Freddy fand es nur natürlich, hinter einer so lebhaften und selbstbewussten Cousine zurückzustehen. Erst viel später begriff sie, dass Erica zwar bezaubern, aber nicht glücklich sein konnte, und dass sich hinter ihrem koboldhaften Wesen eine tiefe Unsicherheit verbarg.
    Als Erica sieben Jahre später mit einem verheirateten Mann aus der Nachbarschaft durchbrannte, war der Skandal groß. Freddys Vater tobte vor Zorn. Schon Wochen später kehrte der sündige Ehemann reumütig zurück. Auch Erica hoffte, wieder in Gnaden aufgenommen zu werden, aber ihr immer noch erzürnter Onkel schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Noch heute sah Freddy ihr fassungsloses Gesicht vor sich, das Gesicht eines Menschen, der unfähig war, die Folgen seiner Handlungen und deren Auswirkung auf andere zu bedenken.
    Ein Jahr später wiederholte Erica den Versöhnungsversuch. Mit einer Armesündermiene, zu der die glänzende Aufmachung wenig passte, gelang es ihr, das Herz ihres Onkels neu zu gewinnen. Sie erzählte aufregende Geschichten von ihrem Leben als erfolgreiches Model – Geschichten, die allesamt erfunden waren. In Wirklichkeit hatte Erica vom Geld ihrer wechselnden Liebhaber gelebt, aber das durfte ihr Onkel natürlich nicht wissen.
    Mit neunzehn verließ Freddy das Haus, um sich zur Kinderfrau ausbilden zu lassen. Sie sah Erica nur noch selten, und bald beschränkte sich ihr Kontakt auf gelegentliche Telefongespräche. Trotzdem war Erica zur Beerdigung ihres Onkels erschienen, sehr blass und im sechsten Monat schwanger. Die Cousinen fanden zu ihrem herzlichen Verhältnis zurück, und Erica bat Freddy, zu ihr zu ziehen und ihr während der restlichen Schwangerschaft zur Seite zu stehen.
    Freddy zögerte keinen Moment, auf den Vorschlag einzugehen. Sie hatte gerade ihre erste Anstellung als Kinderfrau hinter sich, und nach dem Tod ihres Vaters sehnte sie sich nach Abwechslung. Außerdem ging es Erica wirklich schlecht. Sie litt fast ständig unter Übelkeit und fürchtete sich vor einer Fehlgeburt. Während der letzten Wochen ihrer Schwangerschaft lag sie im Krankenhaus und empfing außer Freddy keine Besucher.
    Aus all diesen Gründen konnte Freddy verstehen, dass es Erica nicht gelingen wollte, eine Beziehung zu dem winzigen Wesen im Brutkasten herzustellen. Im Grunde war sie nie richtig erwachsen geworden. In kindischem Trotz verwandte sie alle Energie darauf, ihre schlanke Figur wiederzubekommen und sich für die vielen, mit Unwohlsein und Langeweile vertrödelten Monate zu entschädigen.
    Als Freddy sie deswegen zur Rede stellte, antwortete sie nur: „Warum habe ich dich wohl zu mir geholt? Weil ich wusste, dass du alles tun würdest, was man von einer Mutter erwartet. Du wirst Bens Ersatzmutter sein.“
    „Aber er braucht deine Liebe … die Liebe seiner leiblichen Mutter“, wandte Freddy ein.
    „Ich habe in meinem Leben nur einen Menschen geliebt, und der warst du“, lautete Ericas unbekümmerte Antwort.
    Freddy hörte es an der Wohnungstür klingeln und erwachte aus ihren traurigen Erinnerungen. Es war erst kurz vor neun Uhr, die Kinderfrau erschien also früher, als Freddy gehofft hatte. Sie war schlank und brünett, etwa Mitte zwanzig und äußerst zurückhaltend.
    „Ich heiße Alula“, stellte sie sich in akzentfreiem Englisch vor und hatte dann nur noch Interesse für Ben.
    Freddy blieb in der Nähe, um die Fragen zu beantworten, die Alula kühl und sachlich stellte. Ihr völliger Mangel an Freundlichkeit irritierte Freddy so sehr, dass sie endlich nervös fragte: „Wohin bringen Sie Ben?“
    „Ich habe noch keine Richtlinien erhalten.“ Alula kniete neben Ben und betrachtete ihn, als wäre er von göttlicher Herkunft. „Er ist ein sehr hübsches Kind.“
    Ben ließ sich die Verehrung, die ihm so sichtlich entgegengebracht wurde, gern gefallen. Mit strahlendem Lächeln überließ er Alula das Spielzeug, um das sie demütig gebeten hatte. Freddy kam sich mehr als überflüssig vor und fand nur wenig Trost darin, dass Alula so gut mit Kindern umzugehen verstand.
    Sobald Alula den Eindruck gewonnen hatte, dass Ben ihr vertraute, nahm sie ihn an der Hand und ging unaufgefordert zur Wohnungstür. „Auf Wiedersehen, Miss Sutton.“ Sie sah auf Ben hinunter. „Sag Auf Wiedersehen, Benedict.“
    „Wiedersehen …“, sagte Ben gehorsam, riss sich dann so plötzlich los, dass Alula zusammenschrak, und lief zu Freddy

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