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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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zurück. „Küss Ben!“
    Freddy kamen die Tränen. Sie drückte den kleinen, warmen Körper zärtlich an sich und sagte zu Alula: „Rufen Sie mich bitte an, wenn es Schwierigkeiten gibt. Ich kann Ihnen die richtigen Ratschläge geben.“
    Alula nickte, was sich als Zustimmung deuten ließ, und trat auf den Korridor hinaus. Am offenen Lift standen zwei Männer mit harten Gesichtern und kurzem Haarschnitt. Sie mussten unauffällig im Treppenhaus gewartet haben. Leibwächter, dachte Freddy. Auf Befehl Seiner Hoheit.
    Bevor sich die Lifttüren schlossen, sah Ben noch einmal zurück und lächelte Freddy zu. Er war sichtlich stolz auf seine Unabhängigkeit und die neue Rolle, die er spielte.
    Wie zutraulich Kinder doch sind, dachte Freddy, während Ben ihrem Blick entschwand. Sobald sie die Wohnungstür geschlossen hatte, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Dabei hätte sie stolz sein müssen, denn es war ihr zu verdanken, dass Ben anderen Menschen gegenüber keinen Argwohn hegte. Sie hatte ihn früh mit vielen Kindern zusammengebracht und dafür gesorgt, dass er sich nicht absonderte.
    Der Tag schlich unerträglich langsam dahin. Um sich von ihrem Kummer und der inneren Leere abzulenken, grübelte Freddy darüber nach, wie sie Jaspar Al-Husayn ihr kurzes Gastspiel als Erica Sutton erklären sollte. Würde er verstehen, dass sie sich nur aus Angst und Sorge um Ben verstellt hatte? Würde er einsehen, dass eine besondere Bindung zwischen ihr und seinem Neffen bestand, und würde er diese Bindung akzeptieren?
    Je weiter der Tag voranschritt, umso unruhiger wurde sie. Jaspar hatte zwar gesagt, dass Alula den ganzen Tag mit Ben verbringen würde, aber warum kam kein Anruf? Warum holte man nicht ihren Rat ein? Es freute sie natürlich, dass Ben offenbar keine Schwierigkeiten machte, aber es wunderte sie auch. Seit seiner Geburt war er nicht einen Tag von ihr getrennt gewesen, und mit zunehmender Müdigkeit wurde er immer anschmiegsamer und sogar weinerlich. Es gab nur zwei Erklärungen. Entweder hatte Alula ihn so mit Spielzeug überhäuft, dass er nicht zum Nachdenken kam, oder sie ließ ihn so viel schlafen, wie er wollte.
    Als es kurz nach fünf Uhr klingelte, rannte Freddy buchstäblich zur Tür, aber nicht Alula und Ben standen draußen, sondern Jaspar Al-Husayn und seine Leibwächter.
    „Wartet Ben in Ihrem Auto?“, fragte sie atemlos. „Er muss inzwischen todmüde sein.“
    „Erica …“
    „Freddy“, verbesserte sie ihn, ohne nachzudenken, und trat beiseite, um Jaspar hereinzulassen. Während sich die Leibwächter im Treppenhaus verteilten, sah sie sich noch einmal nach Ben um, aber er war nicht da, und sie schloss enttäuscht die Tür.
    Jaspar betrachtete sie ernster als sonst. Sie sehnte sich offenbar nach dem kleinen Jungen, der inzwischen Tausende von Meilen entfernt war. Er spürte ihre Ungeduld, ihre Verwirrung und wandte sich fast beschämt ab, was neu und für einen Mann mit seinen hohen Prinzipien keineswegs angenehm war. Fast bedrückte ihn die Aufgabe, die jetzt vor ihm lag: eine Handlung zu vertreten, die unentschuldbar oder doch höchst ungewöhnlich war. Falls es ihm nicht gelang, Erica – oder Freddy – zu besänftigen, würde ein Sturm losbrechen, vor dem er weder sein Land noch seine Familie schützen konnte.
    Jaspar fragte sich, ob er jemals wieder Respekt vor seinem Vater haben würde. Einen solchen Befehl zu geben, ohne an die Folgen zu denken! Als absoluter Herrscher zu handeln in einer Welt, die ihn als gesetzlosen Tyrannen und sein Volk als mittelalterlich und rückständig brandmarken würde! Die Zeitungen würden Adils unmoralisches Doppelleben ans Licht bringen und damit jeden Bürger von Quamar zutiefst erschüttern und beschämen. Das Land, das Jaspar von ganzem Herzen liebte, würde in heftigen Aufruhr geraten, denn Gesetz war Gesetz und Unrecht war Unrecht.
    Miss Sutton war vielleicht eine denkbar schlechte Mutter, aber sie hing an ihrem Sohn. Jaspar hatte sich das zunächst nicht eingestehen wollen, aber alle Fragen, die sie über Benedicts Zukunft gestellt hatte, bewiesen echte Sorge und Anteilnahme an seinem Schicksal. Damit war das Problem so gut wie gelöst gewesen. Miss Suttons ergebener Blick hatte ihm verraten, dass sie bereit war, auf ihren Sohn zu verzichten, weil sie sich seiner nicht würdig fühlte, und jetzt hatten sich die Positionen plötzlich dramatisch verschoben.
    Freddy war inzwischen überzeugt, dass Ben nicht mehr kommen würde, und ging langsam ins

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