Julia Festival 94
Idealbild, das sie sich ihr Leben lang von ihrer Mutter gemacht hatte, war für immer zerstört. Es hatte keinen Sinn, die Wahrheit zu leugnen, aber sie würde lange brauchen, um den Schlag, der sie heute getroffen hatte, zu überwinden.
13. KAPITEL
Zwei Tage später verließ Freddy mit strahlendem Gesicht das Sprechzimmer des Gynäkologen, an den Dr. Kasim sie überwiesen hatte.
„Ihre Gesundheit ist ausgezeichnet, Madam“, hatte der Arzt abschließend gesagt. „Sie brauchen sich nicht die geringsten Sorgen zu machen. Und was die Anweisungen meines verehrten Kollegen betrifft …“ Er hatte höflich und durchaus nicht abschätzig gelächelt. „So weitgehend, wie Sie angedeutet haben, brauchen wir ihm nicht zu folgen.“
Die Leibwächter erwarteten Freddy in der Eingangshalle des hochmodernen Krankenhauses und umringten sie, sobald sie aus dem Lift trat. Wahrscheinlich hatte Jaspar ihnen befohlen, seine Frau nicht aus den Augen zu lassen, aber da Freddy keine übertriebene Aufmerksamkeit erregen wollte, hatte sie darauf bestanden, allein in die Gynäkologie hinaufzufahren.
Noch zwölf Stunden, dachte sie übermütig. Dann werde ich Jaspar wiedersehen und kann ihm von dem Baby erzählen.
In einer großen, mit dunklen Scheiben geschützten Limousine fuhr Freddy durch die breiten, von Platanen gesäumten Straßen der Hauptstadt zum königlichen Palast. Dort war für Jaspar und sie ein eigenes Apartment eingerichtet worden, auf das sie sehr gespannt war.
Der Palast bestand aus mehreren Gebäuden, deren teilweise verwitterte Sandsteinfassaden einen ehrwürdigen Eindruck machten. Die ältesten Bauteile stammten aus dem frühen dreizehnten Jahrhundert. Da Freddys Besuch rechtzeitig angekündigt worden war, wurde sie am Haupttor von einem kleinen, untersetzten Mann begrüßt, der sich Rashad nannte und so tief verneigte, dass sie fürchtete, er würde vornüberfallen.
Wie sich schnell herausstellte, handelte Rashad im Auftrag des Königs. Er sollte Freddy nicht nur in ihr Apartment bringen, sondern auch durch den Palast führen und ihr dabei einen ausführlichen Vortrag über die Al-Husayn-Dynastie halten. Er tat das mit großem Charme, aber nachdem Freddy ihm zwei Stunden lang treppauf und treppab gefolgt war, endlose Korridore durchwandert und weite Innenhöfe überquert hatte, spürte sie zunehmende Müdigkeit. Als sie im Vorbeigehen in einem vergoldeten Wandspiegel ihr blasses Gesicht bemerkte, bat sie ihren Führer, es für heute gut sein zu lassen und die Besichtigungstour ein andermal fortzusetzen.
Rashad entließ sie in einem sonnendurchfluteten Hof, an den das angebliche Apartment grenzte. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei mehr um eine Villa, die von hohen Kasuarinen überschattet wurde und halb verdeckt hinter einem prächtigen Springbrunnen lag.
Im Flur erwartete sie ein üppiges Arrangement von gelben Rosen, und während sie noch die kühle, von zartem Blütenduft erfüllte Luft genoss, wurde ihr von einem Diener gemeldet, dass sie von einer Besucherin erwartet würde.
„Von einer Besucherin?“, fragte Freddy enttäuscht. Sie hatte sich nur darauf gefreut, ihre Schuhe auszuziehen und sich bei einer Tasse Tee zu erholen.
Der Diener senkte respektvoll den Blick. „Prinzessin Sabirah wartet schon eine ganze Weile.“
Freddy zuckte bei dem Namen zusammen, fasste sich aber schnell. Die Aussprache mit Sabirah war überfällig. Sie hatte während der letzten Wochen häufig Besuch bekommen. Hasna war mehrfach in „Anhara“ gewesen, ebenso ihre Mutter Genette und ihre Halbschwester Medina. Mit allen hatte sich Freddy prächtig verstanden, und sie bereute jetzt, Sabirah nicht eine offizielle Einladung geschickt zu haben. Die erste peinliche Begegnung stand immer noch zwischen ihnen, aber Sabirah war Jaspars Schwägerin und durfte nicht ignoriert werden.
Der Diener öffnete eine Tür, und Freddy betrat ein helles, kostbar möbliertes Wohnzimmer. Sabirah erhob sich aus einem Sessel, und im ersten Moment war Freddy so von ihrer Schönheit geblendet, dass sie sie nur stumm ansehen konnte. Sabirah glich einer zierlichen Porzellanfigur, und das enge blaue Kostüm brachte ihre Figur vollendet zur Wirkung. Freddy kam sich neben ihr plump und ungelenk vor … wie früher neben Erica.
„Es tut mir leid, dass Sie warten mussten“, sagte sie verlegen.
Sabirah lächelte, was ihr nicht schwer zu fallen schien. „Ich bin erleichtert, dass Sie nach unserer ersten Begegnung überhaupt mit mir
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