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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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ihm nicht entlocken konnte, für andere tanzen sollte. Vielleicht war alles auch nur eine verrückte Laune, wie die Idee, die Angestellten von „Brewsters“ täglich aufwendig zu bewirten.
    Auf keinen Fall würde sie sein Bett teilen. Misty errötete vor Scham, als sie nur daran dachte. Da gab es ganz andere Möglichkeiten für Leone Andracchi! Aber in gewisser Weise verkaufte sie sich doch. Sie opferte ihren Stolz und ihre Unabhängigkeit für bares Geld. Das war billig und hatte einen unangenehmen Beigeschmack, aber sie musste an Birdie und ihre Angestellten denken. Mit Stolz ließen sich weder Löhne noch Rechnungen bezahlen.
    „Was würden Sie für mich tun?“, fragte sie.
    „Ich würde Ihre Schulden bezahlen, Ihr Geschäft auf eine gesunde finanzielle Basis stellen und Ihre Angestellten bezahlen, solange Sie für mich arbeiten. Sollten Sie noch andere Wünsche haben … Ich bin jederzeit zu Verhandlungen bereit.“
    Leones kalter Blick und sein fast geschäftsmäßiges Vorgehen machten Misty doppelt klar, in welcher demütigenden Lage sie sich befand. Er hielt sie für käuflich, und sie war gezwungen, diese Meinung zu bestätigen.
    „Ich werde heute Abend darüber nachdenken“, sagte sie mit gesenktem Blick.
    „Was gibt es da nachzudenken?“
    „Ich fürchte, Sie unterschätzen meinen Teil des … Vertrags, wie Sie es nennen.“
    Leone runzelte die Stirn. „Ich sehe beim besten Willen keine Probleme oder eine Überschneidung von Interessen. Sie werden zwei Monate lang teure Kleider tragen, in einem Luxusapartment wohnen und das angenehme Leben der oberen zehntausend führen.“
    Misty hob den Kopf. „Sie scheinen das für ein großes Glück zu halten, aber mir bedeutet es wenig.“
    „Was könnten Sie sonst noch erwarten?“
    „Zum Beispiel so etwas wie Respekt.“
    „Respekt muss man sich verdienen, und das dürfte Ihnen bei mir nicht gelingen.“
    Misty ging langsam zur Tür. Ihr geschäftlicher Misserfolg machte sie in Leone Andracchis Augen zu einem Menschen zweiter Klasse, aber das hätte sie sich denken können. Sein Respekt galt Menschen mit hohem Bankkonto und gesellschaftlichem Einfluss. Trotzdem hätte er die letzte Bemerkung nicht zu machen brauchen. Sie bewies nur, wie voreingenommen er gegen sie war.
    „Ich hätte das nicht sagen dürfen. Es tut mir leid.“
    Misty hatte die Tür erreicht und drehte sich noch einmal um. Das Bedauern war nur gespielt, das hätte sie beschwören können. Er fürchtete, sein Blatt überreizt zu haben, und gab daher scheinbar nach.
    „Sparen Sie sich die Entschuldigung, Mr. Andracchi. Sie sind selbstsüchtig, überheblich, zynisch und rücksichtslos. Sie hätten mir den neuen Jahresvertrag geben können, denn Sie wissen, dass ich mich totgeschuftet hätte, um ihn zu erfüllen. Stattdessen nutzen Sie meine Lage aus, um mich zu erpressen. Sie haben kein Gewissen, und was Mitleid ist, ahnen Sie nicht einmal. Wie sollte es mich da wundern, dass Sie auch beleidigend sein können?“
    Misty hatte Leone bei dieser kleinen Verteidigungsrede offen angesehen und bemerkt, dass er nicht mit einer so deutlichen Sprache gerechnet hatte. Das musste sie ausnutzen.
    „Auch ich hätte das nicht sagen dürfen“, zitierte sie ihn, „und es tut mir mindestens ebenso leid.“
    Dann verließ sie, ohne eine Antwort abzuwarten, das Büro.
    Um sich besser abreagieren zu können, benutzte Misty nicht den Lift, sondern die Treppe. War es klug gewesen, Leone Andracchi den Fehdehandschuh hinzuwerfen? Wahrscheinlich lachte er sich in diesem Augenblick krank über sie! Die Hand zu beißen, die ihr aufhelfen sollte … Sie musste wahnsinnig gewesen sein.
    Leone wusste das, und sie hatte seinen Triumph mit ihrem unkontrollierten Ausbruch nur vergrößert. Ebenso undiplomatisch war es gewesen, den nicht verlängerten Vertrag zu erwähnen. Misty vermutete zwar, dass sich ein Plan dahinter verbarg, aber beweisen konnte sie es nicht. Vielleicht hatte Leone sie nur gefragt, weil andere sich geweigert hatten, auf den Vorschlag einzugehen. Eine falsche Geliebte … wozu? Irgendwie musste er dabei gewinnen, denn er investierte viel. Sehr viel.
    Misty hatte die Halle erreicht und blieb nachdenklich stehen. Sie sah Leones schmales Gesicht vor sich, die dunklen Augen, deren Ausdruck so auffallend wechseln konnte. Er war schwer zu durchschauen, und sich mit ihm einzulassen war leichtsinnig, vielleicht sogar tollkühn, aber bot er ihr nicht die einzige Hilfe an, auf die sie noch hoffen

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