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Julia Festival 94

Julia Festival 94

Titel: Julia Festival 94 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Graham
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Haustür mit einem massiven Messingklopfer.
    „Hast du die Garrisons erreicht, während ich geschlafen habe?“
    „Nein.“
    Leone wartete eine Minute und schlug dann noch heftiger gegen die Tür. Zunächst regte sich nichts, aber endlich tauchte über ihnen ein Licht auf, und ein schwerer Riegel wurde zurückgeschoben.
    Ein alter Mann in einem wollenen Morgenmantel spähte durch den Türspalt. „Wollen Sie vielleicht alle im Schloss aufwecken?“, fragte er mürrisch. „Wissen Sie nicht, wie spät es ist? Schon nach zehn …“
    Leone stellte sich mit knappen Worten vor, legte einen Arm um Misty und schob sie in die Halle. In dem mächtigen Kamin flackerte noch ein Feuer und warf wechselnde Schatten auf den ausgetretenen Steinboden und die holzgetäfelten Wände, die die Farbe dunklen Honigs hatten.
    „Oh“, seufzte Misty, „wie stimmungsvoll.“
    „Ich zeige Ihnen jetzt Ihr Zimmer“, brummelte der alte Mann.
    „Mit wem haben wir das Vergnügen?“, fragte Leone irritiert.
    „Ich heiße Murdo, Sir.“
    „Wir würden uns gern bei Ihrer Herrschaft für unsere Verspätung entschuldigen“, fuhr Leone fort.
    „Dazu wird heute keine Gelegenheit mehr sein. Die Herrschaften sind schon schlafen gegangen.“ Murdo führte die Gäste zu der steinernen Wendeltreppe im Hintergrund der Halle. „Wir bleiben in ‚Castle Eyrie‘ nur bei besonderen Gelegenheiten länger auf.“
    Nachdem sie durch mehrere schlecht beleuchtete Korridore gekommen waren, öffnete Murdo die Tür zu einem Schlafzimmer. „Wenn Sie noch etwas essen möchten, müssen Sie sich selbst darum kümmern“, sagte er zum Abschied. „Die Küche befindet sich am Ende des langen Korridors, der von der Halle abgeht.“
    Misty sah Leone an, dass ihm eine unfreundliche Antwort auf der Zunge lag. Sie beeilte sich daher, ihrer Bewunderung für das mit Vorhängen versehene eichene Himmelbett und den geschnitzten Kaminsims Ausdruck zu geben, und wurde mit einem dankbaren Lächeln des misslaunigen Murdo belohnt.

6. KAPITEL
    Erst als der alte Mann gegangen war, wurde Misty klar, dass er sie und Leone in dasselbe Schlafzimmer geführt hatte. Warum war sie nicht vorher darauf gekommen? Jetzt war es zu spät, und außer dem Himmelbett gab es keine andere Schlafgelegenheit.
    „Per meraviglia … was für eine Kälte. Und dazu diese Feuchtigkeit!“ Leone warf einen Blick in das angrenzende Badezimmer und unterdrückte einen Schauder. „Es gibt nicht mal eine Dusche.“
    „Und nur ein Bett …“
    Der Griff der Badezimmertür blieb Leone in der Hand, und er drückte ihn wütend wieder fest. „Das ganze Schloss befindet sich in einem Zustand fortgeschrittenen Verfalls. Kein Wunder, dass die Garrisons es verkaufen wollen. Irgendein romantischer Idiot mit viel Geld wird sich wohl finden.“
    „Es gibt nur ein Bett, Leone.“
    „Verständlicherweise, da das ganze Zimmer nur drei Möbelstücke enthält. Ich habe das längst bemerkt, aber im Moment denke ich nur an Wärme und Essen.“
    „Du könntest Feuer im Kamin machen, während ich uns etwas zubereite.“
    „Nicht genau das, was ich mir unter einem Wochenende auf dem Land vorgestellt habe, aber …“
    „Würdest du bitte mit dem Gejammer aufhören?“, unterbrach Misty ihn ärgerlich. „Ganz offensichtlich kämpfen die Garrisons ums Überleben und können sich weder Komfort noch Personal leisten.“
    „Da befindest du dich in einem großen Irrtum“, erklärte Leone. „Die Garrisons sind reich und geizig und sparen noch beim Gehalt ihrer Angestellten. Sie haben ihr Vermögen mit Textilfabriken in der Dritten Welt gemacht, wo Hungerlöhne gezahlt werden. Dein Mitleid ist also völlig unangebracht.“
    Die Küche glich einem riesigen Kellergewölbe, in dem anscheinend seit dem Mittelalter nichts erneuert worden war, aber es gab einen großen Kühlschrank, der obendrein gut gefüllt war. Während Leone sich noch beschwerte, wie viele Holzstücke er hätte auflegen müssen, um den Kamin im Schlafzimmer zu heizen, hatte Misty zwei spanische Omeletts und einen frischen Salat gezaubert und auf dem alten Fichtenholztisch angerichtet. Sie ließen es sich schmecken und sprachen wenig.
    Als sie ins Schlafzimmer zurückkamen, herrschte dank des prasselnden Kaminfeuers eine gemütliche, fast romantische Atmosphäre. Misty warf Leone einen verstohlenen Blick zu und meinte: „Ich hatte wirklich nicht erwartet, mit dir in einem Bett zu schlafen.“
    „Glaubst du, dass es unsere Gastgeber, die Garrisons, überhaupt

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