Julia Festival Band 0103
selbstbewusst, aber nicht borniert, sondern aufgeschlossen und hilfsbereit. Und jetzt stellte sich heraus, dass er obendrein auch noch Geld hatte. Ein richtiger Märchenprinz also!
Unauffällig blickte Holly auf seine Hände. Er trug keinen Ring, und sie konnte auch keine blasse und damit verräterische Spur erkennen. „Sie sind nicht verheiratet?“, fragte sie dennoch.
Die Dame kommt ja schnell zur Sache, dachte Luke und war grenzenlos enttäuscht. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin nicht verheiratet“, bestätigte er, erwähnte Caroline jedoch aus ihm unerfindlichen Gründen immer noch nicht. „Aber jetzt sind Sie an der Reihe.“
Verständnislos sah Holly ihn an. „An der Reihe? Womit?“
„Mit Ihrer Lebensgeschichte.“ Er nahm den Deckel der Dose ab und bot ihr einen Keks an.
Holly nahm sich einen, biss hinein und lachte dann. „Das nennen Sie Lebensgeschichte? Die vier Sätze, die Sie über sich erzählt haben?“
„Sie brauchen mir nicht jeden Freund zu beichten, nur die wichtigsten Fakten. Warum, zum Beispiel, möchte eine junge, schöne Frau wie Sie mitten in der Provinz einen Laden eröffnen? Warum soll es ausgerechnet Woodhampton sein? Warum nicht Winchester oder sogar London?“
„Das ist ganz einfach! Man kann nur wirklich kreativ arbeiten, wenn man sein eigener Herr ist. Wenn man irgendwo angestellt ist, muss man die Vorstellungen und Ideen des Chefdesigners verwirklichen. Genau das habe ich getan, seit ich mit der Uni fertig bin, und es reicht mir.“
„Beneidenswert, dass Sie sich schon so jung selbstständig machen können“, warf Luke ein. „Haben Sie einen großzügigen Gönner?“ Bestimmt einen alten Schwerenöter, vermutete er insgeheim, einen, der seine feisten Hände besitzergreifend über ihren herrlichen Körper gleiten lässt. Luke musste sich schütteln.
„Ich habe keinen Gönner. Ich bin völlig unabhängig und allein.“
Interessiert sah er sie an. Alle möglichen unerfreulichen Gedanken, wie sie wohl an das nötige Eigenkapital gekommen sein mochte, schossen ihm dabei durch den Kopf. „Und wer hat Ihnen dann den Start in die Unabhängigkeit ermöglicht?“
„Ich. Ich habe einen Wettbewerb gewonnen, der von einer Frauenzeitschrift veranstaltet wurde. Es ging darum, das schönste Brautkleid zu entwerfen. Ich habe den ersten Preis gewonnen, und der war mit einem dicken Scheck verbunden.“
Luke nickte. Diese Holly Lovelace war also nicht nur schön, sondern auch talentiert. „Waren Sie nicht versucht, mit dem Gewinn etwas Verrücktes zu tun, anstatt ihn in einen Laden zu investieren?“
„Nicht eine Sekunde lang! Ich wollte das Geld nicht verschwenden, sondern damit meine Träume verwirklichen. Und ich habe mir schon immer gewünscht, Brautkleider zu nähen, und das nach meinen eigenen Entwürfen.“
„Ein außergewöhnliches Lebensziel.“
„Nein, es liegt in der Familie. Ich trete nur in die Fußstapfen meiner Mutter.“
Holly musste an ihre Kindheit denken, an all die verschiedenen Partner ihrer Mutter, all die verschiedenen Häuser und Wohnungen. Nur eins war immer gleich geblieben: Ihre Mutter hatte stets genäht, selbst als es finanziell nicht mehr erforderlich gewesen war, hatte sie es aus Spaß getan. Wie sie die herrlichsten Puppenkleider genäht hatte, gehörte zu Hollys schönsten Kindheitserinnerungen. Noch heute sah sie vor sich, wie ihre Mutter mit ihren auffällig schmalen und feingliedrigen Händen die Nadel durch raschelnde Seide und zarte Spitze schob. Diese Bewegungen hatten auf sie eine seltsam beruhigende Wirkung ausgeübt. Auf und ab, auf und ab.
„Und warum hier?“, unterbrach Luke den Strom ihrer Erinnerungen. „Warum ausgerechnet in Woodhampton?“
„Weil ich nach einem alten, stilvollen Haus gesucht habe, das ich mir leisten kann. Eins mit hohen, gut geschnittenen Räumen, eins, das zu den Kleidern passt, die ich entwerfe. Diese Vorstellungen konnte ich nur hier verwirklichen. In der Stadt hätte mein Geld nur zu einem winzigen Atelier gereicht, in dem meine Kleider einfach nicht wirken würden.“
Luke sah sich nachdenklich um. „Und wann wollen Sie eröffnen?“
„So schnell wie möglich – schon aus finanziellen Gründen.“
„Wie schnell?“
„Noch vor Ostern, sodass ich Anfang Mai die Startschwierigkeiten überwunden und mich durch Werbung schon bekannt gemacht habe, denn im Mai beginnt für mich die Hauptsaison.“ Holly blickte sich unwillkürlich um, und ihre Zuversicht schwand. Unvorstellbar, dass
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