Julia Festival Band 0103
Luke war gerade aus Afrika gekommen, und einen stärkeren Gegensatz zu dem hohen, hellen Himmel und dem weiten Horizont Kenias hätte man sich nicht denken können.
Doch die Felder und Weiden, auf die er blickte, gehörten von nun an ihm, ebenso wie das alte Herrenhaus mit seinem guten Dutzend Gästezimmer. Luke lächelte. Er konnte immer noch nicht fassen, dass dieser herrliche Besitz jetzt sein Eigentum sein sollte.
Der Reiz Kenias war ein ganz anderer gewesen. Luke musste an die sengende Hitze denken, den strahlend blauen Himmel, den Duft nach Zitronen und die Rauchwölkchen, die abends über dem Grillfeuer sich kräuselten. Er sah im Geiste die Häuser vor sich, die weiß gekalkten Räume, karg möbliert und beherrscht von riesigen Deckenventilatoren, Räume, die so völlig verschieden waren von dem eleganten Wohnzimmer mit den antiken Möbeln, in dem er gerade stand.
Er war noch keine acht Stunden hier, und doch war ihm das Haus vertraut, als würde er es schon ewig kennen. Mitten in der Nacht war er angekommen, trotzdem hatte er es sich sofort angesehen, war durch die Flure und Treppenhäuser gegangen, hatte jede Tür geöffnet, die Räume in Ruhe auf sich wirken lassen und sacht über die kostbare Holztäfelung gestrichen.
Sein Herz klopfte wie wild vor Freude und Besitzerstolz, nicht weil Apson House und alles, was dazugehörte, ihn zu einem reichen Mann gemacht hatte, sondern weil das Haus für ihn das Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft war. Luke hatte das Gefühl, nach langer Irrfahrt endlich das Ziel seiner Bestimmung erreicht zu haben.
Er ließ den Blick über den Garten schweifen. Hinter der gestutzten Eibenhecke waren die strohgedeckten Dächer der Häuser zu sehen, die sich um einen kleinen Park mit Ententeich gruppierten. Woodhampton war eine englische Kleinstadt wie aus dem Bilderbuch, mit Kirche, Pub und ausgesuchten Fachgeschäften. Vielleicht lag es nur daran, dass er so übermüdet war, aber Luke fand diese Stätte seiner Kindheit schöner als alles, was er bisher von der Welt gesehen hatte.
Nächsten Monat würde ihm Caroline folgen. Sie, die in Afrika geboren und aufgewachsen war, würde in dieses Haus passen, als hätte sie nie woanders gelebt. Caroline, deren Improvisationstalent und ausgeglichenes Wesen, deren unaufdringliche Schönheit und zurückhaltende Kleidung so ganz dem Idealbild einer englischen Lady entsprachen. Caroline, die so ganz anders war als die Frauen, die ihn früher fasziniert hatten …
Irgendwie war es ihr gelungen, es von Kenia aus zu regeln, dass Apson House so aufgeräumt und gemütlich wirkte, als hätte sich eine liebevolle Hausfrau persönlich darum gekümmert. Was Caroline organisierte, das klappte wie am Schnürchen, selbst wenn es über Tausende von Meilen geschah.
Luke war überzeugt, dass es ein Zeichen von Reife war, sich für eine Frau wie Caroline zu entscheiden. Seine wilden Jahre waren vorbei, und nun musste er die Verantwortung übernehmen, die sein Erbe mit sich brachte. Luke akzeptierte, dass von nun an sein Leben grundlegend anders verlaufen würde.
Er lächelte zufrieden, denn das Schicksal hatte ihm geschenkt, wonach er gesucht hatte. Für Luke war das Leben ein großes Puzzle, und er hatte gerade das Teilchen gefunden, das genau in die Lücke passte.
Holly konnte gerade noch rechtzeitig die Kupplung treten und die Zündung ausschalten, bevor der Motor von allein ausgegangen und ihr altes Auto mitten auf der engen Straße stehen geblieben wäre. Eins der unzähligen Dinge, die ich noch erledigen muss, dachte sie humorvoll: mich um einen neuen Wagen kümmern.
Wenn sie nur nicht so an ihrem alten Käfer hängen würde! Sie hatte ihn eigenhändig auffällig und knallbunt angepinselt, so, wie es Studenten eben machten. Aber mittlerweile war sie schon längst keine Studentin mehr …
Langsam stieg Holly aus und blieb auf dem Bürgersteig stehen, um das leer stehende Fachwerkhaus zu betrachten. Sie konnte es selbst kaum glauben, aber sie hatte es gemietet, um darin ihren eigenen Laden zu eröffnen.
„Hollys Brautatelier“ – das Geschäft, in dem jede Frau das für sie ideale Kleid fand und in dem Holly dafür sorgte, dass jede ihrer Kundinnen an ihrem schönsten Tag aussah wie eine Märchenprinzessin.
Holly fröstelte. Sie hatte ihre Thermounterwäsche wohl zu früh weggepackt, denn dieser Apriltag war so nasskalt und ungemütlich, dass man eher an den November als an den bevorstehenden Mai denken musste. Auf alle Fälle war
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