Julia Festival Band 0103
sich dann ihre Bettwäsche aus dem Koffer, um das Bett zu beziehen.
Gerade wollte sie nach dem Kopfkissen greifen, als sie eine dunkle Stelle auf der Matratze entdeckte. Sie entpuppte sich glücklicherweise nur als Wasserfleck, denn ein Blick an die Decke zeigte Holly, dass es von dort aufs Bett tropfte. Dennoch war die Matratze so durchnässt, dass man unmöglich darauf schlafen konnte. Damit blieb nur der nackte Fußboden.
Holly biss sich auf die Lippe. Sie war mit den Nerven am Ende, und Tränen standen ihr in den Augen. Das Schlimmste an der Situation war, dass sie sich ihr Unglück selbst zuzuschreiben hatte. Sie hatte aus einer euphorischen Stimmung heraus den Laden gemietet, weil er genau ihren Vorstellungen entsprochen hatte, und dabei vergessen, einen kritischen Blick auf den Zustand der Wohnung zu werfen!
Obendrein hatte sie nichts zu lesen dabei, und das Licht war so schlecht, dass sie weder nähen noch Entwürfe skizzieren konnte. Ein endlos langer Sonntagabend lag vor ihr, und sie hatte noch nicht einmal ein Bett zum Verkriechen!
Was sollte sie also tun? Sich in eine Decke wickeln, auf den harten Fußboden legen und sich die Augen ausweinen? Oder wie eine moderne und selbstbewusste junge Frau auftreten, Luke Goodwin beim Wort nehmen und ihn um ein Bett für die Nacht bitten?
Ehe sie es sich noch anders überlegen konnte, griff sie zu ihrer Regenjacke und machte sich auf den Weg nach Apson House.
Luke saß am Schreibtisch im Arbeitszimmer und beschäftigte sich mit den Papieren, die ihm sein Onkel in großen Stapeln hinterlassen hatte. Aus dem Fenster des im ersten Stock gelegenen Raums konnte er den Eingang überblicken, und schuldbewusst musste er sich eingestehen, dass er sich unbändig freute, als er Holly durch die Hecke und auf das Haus zukommen sah.
Er beobachtete sie genau. Auf den ersten Blick wirkte sie in ihren Jeans und mit ihrem festen Schritt wie eine zielbewusste und energische junge Frau. Doch ihre weichen Züge und ihre vom Wind zerzausten Locken wollten zu diesem Bild nicht passen.
Bevor Holly noch klingeln konnte, war Luke schon die Treppe hinuntergelaufen, um die Tür zu öffnen. Er erkannte sofort, wie blass und erschöpft sie war, und wieder regte sich sein Beschützerinstinkt. Und sein Verlangen.
Wenn er nur einen Funken Vernunft besessen hätte, hätte er ihr spätestens jetzt die Tür vor der Nase zugeschlagen, er schuldete dieser Frau schließlich nichts. Doch der verzweifelte Ausdruck ihrer großen grünen Augen ließ ihn alle Vorsicht vergessen.
„Wollten Sie doch nicht allein bleiben?“, fragte er leise und wunderte sich, dass sie kein Gepäck dabeihatte.
„Ich konnte es nicht.“ Ihre Stimme klang zittrig. „Sie hatten recht: Diese Wohnung ist eine Zumutung. Kein heißes Wasser und eine Matratze, aus der nicht nur die Sprungfedern ragen, sondern die auch noch nass ist, weil es durchs Dach regnet! Sie brauchen mir jetzt keine Predigt zu halten, Mr. Goodwin, ich weiß es auch allein: Ich hätte genauer hinsehen sollen, bevor ich den Vertrag unterschrieben habe. Ich hätte darauf bestehen sollen, dass die Wohnung renoviert wird. Zu allem Unglück habe ich auch weder Radio noch Fernseher mitgebracht und kann noch nicht einmal den Koffer ausräumen, weil es keinen Schrank gibt. Bitte machen Sie sich jetzt nicht lustig über mich, das würde mir vollends den Rest geben.“
Hollys Stimme schwankte, trotzdem rang sie sich tapfer ein Lächeln ab. Luke fand diese Mischung aus Hilflosigkeit und Sinnlichkeit einfach unwiderstehlich. „Kommen Sie“, bat er und hielt ihr die Tür weit auf. „Nie im Leben würde ich mich über Sie lustig machen. Ich bin froh, dass Sie gekommen sind, anstatt die Märtyrerin zu spielen.“
„Ehrlich?“
„Ja, ehrlich.“ Er versuchte, sein Verlangen zu unterdrücken und Holly mit den Augen eines hilfreichen Freundes zu betrachten. „Sie sehen aus, als könnten Sie ein warmes Bad gebrauchen. Oder möchten Sie erst etwas trinken?“
„Das wäre himmlisch!“ Hollys Augen leuchteten auf, so erleichtert war sie, dass Luke ihr keine Moralpredigt hielt. „Ich möchte ganz heiß und ganz lange baden.“
„Also dann ab in die Wanne. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.“ Er lachte leise. „Ich klinge wirklich wie Blaubart persönlich.“
„Blaubart? Noch nie von ihm gehört.“ Sie zwinkerte ihm zu und folgte ihm die Treppe hoch. Liebevoll ließ sie die Hand über das polierte Holz des Geländers gleiten. „Der Schreiner, der dies
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