Julia Festival Band 0103
hätte es durchaus sein können, dass sie mir Katy entfremdet hätte. Und das war mir die Sache nicht wert.“
Ursula war völlig verblüfft. „Aber davon hast du mir nie erzählt, Ross! Jahrelang bist du morgens ausgeglichen und freundlich lächelnd im Büro erschienen. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass der Haussegen bei euch derart schief hängt.“
Ross lächelte schief. „Was hätte ich sonst tun sollen? Ins Büro kommen und sagen: ‚Hallo, Ursula, weißt du eigentlich, dass meine Ehe nur noch ein Scherbenhaufen ist?‘“ Er betrachtete sie ruhig. „Und, um ehrlich zu sein, ich wollte mein Privatleben an der Bürotür vergessen. Beruflich war ich erfolgreich, und meine Arbeit machte mir Spaß. Das und Katy gaben mir Halt und machten mich glücklich – deine Warmherzigkeit und dein Humor übrigens auch. Ich habe mich jeden Morgen beim Aufstehen aufs Büro gefreut.“
Unwillkürlich begann Ursula wieder zu hoffen, doch sie zwang sich, realistisch zu bleiben – sie durfte nicht zu viel in seine Worte hineininterpretieren. Ross hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie ihm durch ihr ausgeglichenes Wesen in einer persönlichen Krise sehr geholfen hatte, mehr nicht. „Trotzdem hättest du etwas unternehmen müssen“, beharrte sie.
„Wenn du damit meinst, ich hätte mich scheiden lassen sollen, kann ich nur wiederholen, was ich dir eben erklärt habe.“
„Das habe ich nicht gemeint“, bestritt sie nachdrücklich, obwohl es, wenn sie ehrlich war, nicht stimmte. „Ich habe an eine Therapie gedacht oder an eine Beratung – da gibt es heutzutage viele Möglichkeiten.“
„Ja, und natürlich haben Jane und ich uns auch um Rat und Hilfe von dritter Seite bemüht – allerdings ohne nennenswerten Erfolg, wie sich unschwer erkennen lässt.“
Ursula rechnete damit, dass Katy jeden Moment zurückkehren würde. Sie musste jetzt zur Sache kommen, denn das Mindeste, was sie Ross schuldete, war eine ehrliche Antwort.
„Natürlich werde ich dir helfen, Ross, und mich um Katy kümmern. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit deine Tochter nicht um eine unbeschwerte Kindheit betrogen wird.“
Seine Züge entspannten sich, und die Dankbarkeit, die aus seinem Blick sprach, ließ sie ganz schwach werden.
„Aber etwas musst du mir versprechen, Ross.“
„Und das wäre?“
„Meine Schwester darf von dieser Vereinbarung nichts erfahren.“
„Ich habe doch so gut wie keinen Kontakt zu Amber!“ Ross runzelte die Stirn.
„Du hast beruflich mit Finn zu tun, und manchmal sprichst du mit Amber, wenn sie im Büro anruft. Die beiden sollen erst einmal nicht wissen, dass ich mich um Katy kümmere. Ich werde es Amber erzählen, wenn ich meine, dass die Zeit reif dafür ist.“
Er sah sie durchdringend an. „Gibt es besondere Gründe dafür?“
Ursula zögerte. „Amber und Finn sind jetzt schon der Auffassung, dass ich zu viel arbeite“, antwortete sie schließlich.
So leicht schien er sich allerdings nicht täuschen zu lassen.
„Ich glaube, ich verstehe“, sagte er schließlich nachdenklich. „Sie wollen dich beschützen. Sie wollen verhindern, dass du dich mit einem verheirateten Mann einlässt.“
„Ich lasse mich nicht mit einem verheirateten Mann ein!“ Das Herz schlug ihr bis zum Hals. „Ich helfe nur Katy!“
Ross lächelte flüchtig. „Und du meinst, dass du das voneinander trennen kannst?“
„Ja“, erwiderte sie, wenn auch erst nach längerem Überlegen.
Er wirkte erleichtert. „Wie werde ich dir dafür je danken können, Ursula?“
Sie hätte ihm beinah vorgeschlagen, dass er sie einfach wie eine Freundin in den Arm nehmen und drücken sollte, aber das ging natürlich nicht. Denn was war sie schließlich für Ross? Lediglich seine zuverlässige, langweilige Sekretärin.
Männer wie Ross Sheridan verliebten sich nicht in Frauen wie sie.
Und offenbar nahmen sie sie auch nicht in den Arm.
6. KAPITEL
Dezember
Katy stand im Wohnzimmer und sah ihren Vater an. „Aber warum , Daddy? Warum kann Ursula den Weihnachtstag nicht mit uns verbringen? Sie hatte doch gerade erst ein paar Tage frei, um nach diesem Hochzeitskleid zu suchen!“ Sie zog einen Schmollmund.
Ross lächelte und warf Ursula einen bedeutungsvollen Blick zu. Sie war gerade dabei, die Geschenke, die sie mitgebracht hatte, aus der Tragetasche zu nehmen und unter den Weihnachtsbaum zu legen. „Das weiß ich auch nicht genau, Katy, da musst du sie schon selbst
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