Julia Festival Band 0103
die Augen zu blicken. „Katy wird mit der Situation anscheinend gut fertig“, erklärte sie ruhig. „Ich hatte schon befürchtet, dass Weihnachten für sie ein trauriges Fest wird.“
„Ja, sie hat den Verlust erstaunlich gut verarbeitet“, bestätigte er, doch seine Stimme klang bitter. „Jane hat heute Mittag angerufen.“
„Heute Mittag ? Sie weiß doch ganz genau, dass die Kinder hier in England abends den Strumpf für die Geschenke vom Weihnachtsmann aufhängen!“
„Das liegt am Zeitunterschied. In Australien war es Abend, und Jane wollte ins Bett.“
„Oh.“ Sie bückte sich, um ein Stück Papier aufzuheben.
„Schade, dass du zu Amber musst. Ich wünschte, du könntest mit uns feiern, Ursula.“
Ursula hatte sich angewöhnt, die Komplimente, die er ihr ab und zu machte, auf die leichte Schulter zu nehmen. Ihr war klar, dass Ross derartige Dinge nicht ernst meinte, und von daher war es einfacher, auch dieser Bemerkung keine tiefere Bedeutung beizumessen. Um nichts in der Welt wollte sie das unkomplizierte Zusammenleben gefährden, zu dem Ross, Katy und sie in den letzten fünf Monaten gefunden hatten.
So lange war es nun schon her, dass Jane Mann und Tochter verlassen hatte, um Julian Stringer nach Australien zu folgen. Mittlerweile war sie, Ursula, für Ross, aber auch für Jane unersetzlich geworden. Das wusste sie, das wusste Ross, und auch Jane wusste es. Und alle waren mit dem Arrangement zufrieden.
Aber nur für begrenzte Zeit! Das rief Ursula sich immer wieder ins Gedächtnis, damit sie es ja nicht vergaß. Denn irgendwann würden Ross und Jane eine verbindliche Regelung treffen müssen, und sie, Ursula, wäre überflüssig. Dann hätte sie keine Ausrede mehr und musste endlich ihr Schicksal in die Hand nehmen, um selbst einen Partner zu finden. Allein der Gedanke daran versetzte sie in Panik.
Durch das enge Zusammenleben mit Ross während der letzten Monate hatte sie ihn noch mehr schätzen gelernt. Wo sollte sie einen Mann finden, der ihm das Wasser reichen konnte?
Daher hatte sie sich auch zur Regel gemacht, was ihr früher nie eingefallen wäre – sie machte pünktlich Feierabend. Um Punkt sechs verließ sie das Haus, damit Katy ihren Vater für den Rest des Tages für sich allein hatte, was sie, Ursula, für sehr wichtig hielt. Das jedenfalls war ihre offizielle Begründung Ross gegenüber. Im Grunde war diese Regelung allerdings nur Selbstschutz, denn je weniger sie privat miteinander zu tun hatten, desto besser.
Katy hingegen war mit dieser Maßnahme ganz und gar nicht einverstanden. Jeden Abend versuchte sie, sie zum Bleiben zu bewegen. Bisher hatte Ross sich aus der Auseinandersetzung stets herausgehalten, heute war es anders. „Ich würde mich freuen, wenn du Weihnachten mit uns feiern würdest, Ursula. Kannst du denn morgen wirklich nicht kommen?“, fragte er.
„Nein!“ Ursula gab sich alle Mühe, überzeugend zu klingen. „Ich kann meine Schwester nicht einfach hängen lassen. Sie hat auch schon eingekauft und einen Truthahn vorbereitet.“
„Vielleicht täuschst du dich aber auch gewaltig. Vielleicht legt Amber gar keinen gesteigerten Wert auf deine Anwesenheit. Vielleicht wäre sie lieber mit Finn allein, damit sie Weihnachten im Bett verbringen können.“ Herausfordernd sah er sie an.
Diese eindeutige Anspielung verwirrte sie allerdings ausnahmsweise einmal nicht. Energisch schüttelte Ursula den Kopf. „Nein, bestimmt nicht. Leider“, erklärte sie ihm bedrückt. „Ich mache mir wirklich Sorgen um die beiden. Mir scheint nämlich, dass es in letzter Zeit zwischen ihnen nicht mehr so richtig stimmt.“
Ross nickte. „Das überrascht mich, ehrlich gesagt, überhaupt nicht …“
„Und wie kommst du darauf?“
„Ich mag deine Schwester wirklich gern, Ursula. Aber ich kann auch verstehen, dass Finn über sie verärgert ist. Wie konnte sie sich nur zu einem solchen Interview hergeben?“
Ursula verteidigte Amber sofort. „So schlimm war es nun wirklich nicht“, behauptete sie, obwohl auch sie, als sie das Interview in der Illustrierten gelesen hatte, bei mehr als nur einer Passage fassungslos den Kopf geschüttelt hatte.
„Ich fand den Text und die Bilder einfach abstoßend! Die Art, wie deine Schwester sich aufgedonnert und sich dem Fotografen präsentiert und intime Einzelheiten über ihre Beziehung zu Finn ausgeplaudert hat, war einfach geschmacklos!“ Er schüttelte den Kopf. „Und das Interview auch noch hinter Finns Rücken zu geben! An
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