Julia Festival Band 0103
einen vorgewärmten Teller gleiten, als Ross und Katy hereinkamen. Ursula sah Ross fragend an, er schüttelte jedoch nur den Kopf. Also hatte er immer noch nichts über Janes Verbleib in Erfahrung bringen können!
Katy, das Haar immer noch feucht vom Duschen, betrachtete erstaunt den hübsch gedeckten Tisch. Nachdem Ursula sie aufgemuntert hatte, aß Katy mit Appetit den Teller leer, obwohl sie anfangs behauptet hatte, sie hätte vor lauter Lampenfieber keinen Hunger. Dann stand sie auf, um sich zurechtzumachen.
„Um sieben müssen wir los, Daddy“, sagte sie.
„Okay.“ Ross brach sich noch ein Stück Brot ab, um es in die Salatsoße zu tunken.
An der Tür blieb sie noch einmal stehen. „Kann … kann Ursula auch mitkommen?“, fragte sie zögernd.
„Natürlich kann sie das.“ Er blickte Ursula bedeutungsvoll an. „Aber vielleicht hat sie für den Abend schon etwas anderes vor.“
Er gab ihr also die Chance, sich elegant aus der Affäre zu ziehen. Doch Ursula ergriff sie nicht. Es war ihr wichtiger, Katys Wunsch zu erfüllen, als ihm vorzugaukeln, dass ihre Wochenenden immer verplant waren.
„Danke für die Einladung, Katy, ich freue mich riesig darüber“, antwortete sie daher sofort und lächelte Katy zu.
„Schön.“ Katy strahlte. „Dann werde ich mich jetzt fertig machen.“
Nachdem sie gegangen war, herrschte einen Moment lang Schweigen. Ross wischte sich mit der Serviette den Mund ab und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Du bist sehr geschickt, wenn es darum geht, kleine Mädchen zum Essen zu ermuntern, Ursula“, meinte er.
„Kein Wunder.“ Ursula schob ihren Teller beiseite. „Ich kenne alle gängigen Tricks, da ich Amber auch immer zum Essen überreden musste. Es ist ja auch schwer, ganz normal zu essen und zu schlafen, wenn man heimlichen Kummer hat – besonders in Katys Alter.“
Er nickte bedächtig, und es schien, als wollte er noch mehr zu diesem Thema sagen. Schließlich erkundigte er sich lediglich, wie es mit Kaffee sei.
„Ich mach dir sofort welchen.“ Sie wollte aufstehen, denn er war schrecklich blass und wirkte erschöpft. Doch er schüttelte unwillig den Kopf.
„Nein, bleib sitzen! Ich mach den Kaffee! Du hast schon gekocht, und wir sind hier auch nicht im Büro.“ Ross stand auf und sah sie herausfordernd an. „Oder gehöre ich deiner Einschätzung nach sowieso zu den Männern, die es unter ihrer Würde finden, auch nur einen Handschlag in der Küche zu tun, wenn eine Frau in der Nähe ist?“
Ursula amüsierte sich über seine überzogene Reaktion und lachte. „Halte mir jetzt bitte keinen Vortrag über Rollenklischees, sondern mach uns lieber einen Kaffee – ich habe nicht die geringsten Probleme damit. Darf ich in der Zwischenzeit das Geschirr in die Maschine räumen, oder ist das auch gegen deine Ehre?“
Sein Lächeln wirkte leicht verkniffen. „Nein, das darfst du machen.“
Als Ross den Wasserkocher füllen wollte, hörte Ursula, wie er überrascht den Atem anhielt, und blickte auf. Er griff nach einem Briefumschlag, der an der Kaffeedose lehnte. Von Jane, dachte sie und beobachtete, wie er ihn ungeduldig aufriss, ein einzelnes Blatt Papier entfaltete und es überflog.
Als wäre nichts geschehen, räumte sie weiter die Spülmaschine ein, wischte den Tisch ab und hoffte, dass Katy während der nächsten Viertelstunde nicht in die Küche kommen würde. Dabei vermied sie es peinlich, Ross anzusehen. Die Vorstellung, er könnte angesichts der Hiobsbotschaft, die diese Zeilen wahrscheinlich enthielten, zusammenbrechen, war unerträglich.
„Sie ist weg!“ Ross zerknüllte den Brief und schleuderte ihn in die Ecke.
Als Ursula es endlich wagte, ihm in die Augen zu blicken, las sie Wut und Verbitterung darin, aber keine Trauer. Die kommt später, dachte sie, im Moment steht er noch unter Schock.
„Und wo ist sie jetzt?“, fragte sie ruhig.
„Lies selbst.“ Er hob den Papierball auf und warf ihn ihr zu.
Sie fing ihn auf. „Der Brief ist doch an dich gerichtet!“
„Egal, lies ihn.“
Ursula strich das Papier glatt.
Lieber Ross,
wenn Du diese Zeilen liest, werde ich nicht mehr da sein.
Die Tatsache, dass ich gegangen bin, wird Dich nicht weiter überraschen, höchstens der Zeitpunkt, denn wir wissen ja beide, dass es in unserer Ehe schon eine ganze Weile – vorsichtig ausgedrückt – nicht mehr gestimmt hat.
Ursula bekam plötzlich Herzklopfen, und sie musste sich zu ihrer Schande eingestehen, dass sie über diese Zeilen
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