Julia Festival Band 0103
Hehl.
„Der Laden hier und die dazugehörige Wohnung befanden sich in einem unzumutbaren Zustand, als ich hier ankam. Luke hat zwar daraufhin den Verwalter entlassen, aber deshalb hatte ich noch kein Zuhause. Da war er so freundlich, mich bei sich aufzunehmen.“
„Und was für eine Veranlassung hätte er dazu haben sollen?“
„Das Haus hier gehört ihm. Aber das wissen Sie ja bestimmt.“
Carolines Lippen glichen nur noch einem dünnen Strich. „Was Lukes Leben hier in England angeht, weiß ich scheinbar überhaupt nichts. Sie müssen mir da schon helfen, Miss Lovelace, und etwas präziser werden. Wie freundlich war Luke denn zu Ihnen?“
Holly fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. „Was wollen Sie damit sagen?“, fragte sie, obwohl die Anspielung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ.
„Das kann ich Ihnen gern erklären.“ Vertraulich legte Caroline die Hand auf Hollys Arm. „Luke ist ein Mann, der gewisse natürliche Bedürfnisse hat – Sie verstehen. Aber im Grunde seines Herzens ist er ein sehr altmodischer Mensch und würde eine Frau, die diese Bedürfnisse befriedigt, nie so lieben und respektieren, als dass er sie heiraten würde. Also, hat er, oder hat er nicht?“
Holly war die Kehle wie zugeschnürt. „Hat er was?“, fragte sie rau.
„Hat er mit Ihnen geschlafen?“
„Wie können Sie es wagen, mir eine solche Frage zu stellen!“
Caroline war völlig ungerührt und sah Holly direkt in die Augen. „Ich bin eine sehr verständnisvolle Frau und weiß, dass Sex und gegenseitige Achtung nichts miteinander zu tun haben. Deshalb wiederhole ich meine Frage. Hat Luke mit Ihnen geschlafen? Oh, ich kenne ihn.“ Sie zuckte die Schultern. „Ich würde ihn auch niemals heiraten, wenn er nicht diese Erbschaft gemacht hätte.“
Holly war über diese Aussage so empört, dass sie etwas sagte, von dem sie wusste, dass es ihren guten Ruf für immer zerstören konnte. Sie hob den Kopf und wich Carolines Blick nicht aus. „Ich habe zwei Wochen mit Luke unter einem Dach gelebt, und Sie behaupten von sich, Luke zu kennen. Was glauben Sie also?“
„Ich kann Ihnen genau sagen, was ich glaube: Sie machen sich etwas vor, wenn Sie sich auch nur die geringste Chance bei Luke ausrechnen. Frauen, die sofort mit ihm ins Bett gestiegen sind, fand Luke schon immer todlangweilig.“
9. KAPITEL
Nachdem Caroline Holly genau gesagt hatte, was sie mit dem Brautkleid machen könne, stürmte sie aus dem Laden und knallte die Tür hinter sich zu. Mit weichen Knien ging Holly in den Nebenraum und setzte sich.
Es war nicht zu glauben und doch wahr: Luke war verlobt.
Luke hatte sie getäuscht. Er hatte gelogen, indem er ihr die Wahrheit verschwiegen hatte. Er hatte zugelassen, dass ihre Freundschaft eine stark erotische Komponente erhielt, obwohl er mit einem klaren Wort die Situation hätte klären können. Er hätte ihr nur zu sagen brauchen, dass er verlobt sei.
Holly hielt sich die Hände vors Gesicht und hätte am liebsten geweint. Es war so traurig. Traurig, dass er nicht mit offenen Karten gespielt hatte, und traurig, dass er sich für eine Frau wie Caroline entschieden hatte. Natürlich, Caroline war intelligent, hübsch, willensstark und wusste sich zu benehmen. All das würde sie zu einer guten Ehefrau machen. Aber würde ausgerechnet Luke mit einer solchen Frau glücklich werden können?
Luke hatte sich gegen sie, Holly, entschieden, deshalb hatte er sie am Abend der Ladeneröffnung abgewiesen, deshalb hatte er sich nicht mehr blicken lassen. Diese Tatsache war für sie schwerer zu ertragen als seine Lügen. Endlich hatte sie den Mann gefunden, mit dem sie gern ihr Leben verbracht hätte, und nun musste sie erfahren, dass er einer anderen gehörte!
Holly verbat es sich, ihre Trauer und Verzweiflung auszuleben, und betäubte ihren Kummer mit Arbeit. Sie griff zu Schnittmustern und Schneiderschere, um ihren ersten großen Auftrag in Angriff zu nehmen: Brautkleid und Kleider für die Brautjungfern im Stil der Zwanzigerjahre. Michelle war auch schon damit beschäftigt, nach zeitgenössischen Hochzeitsfotos zu suchen, um ein originalgetreues Brautbouquet zu binden.
Holly konnte ungestört arbeiten, denn während der nächsten Stunden kamen nur zwei Kundinnen in den Laden. Sie wollten sich lediglich umsehen und die Karten ausfüllen, um an der Verlosung teilzunehmen.
Nachdem die beiden gegangen waren, räumte Holly die Vitrine mit den Dessous auf. Als die
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