Julia Festival Band 0103
„Es hat keinen Sinn, noch weiter darüber zu diskutieren. Meine Gründe sind einfach, jedoch schwierig zu erklären – und gehen dich nichts an.“
Hollys Augen blitzen vor Wut. „Das ist eine bodenlose Unverschämtheit, mich so zu beleidigen!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf.
Luke zog die Brauen hoch. Es war das erste Mal, dass Holly in seiner Gegenwart die Beherrschung verloren hatte. Aber dieser Temperamentsausbruch bestätigte all seine Vorurteile und machte es Luke leicht, seine Gefühle zu unterdrücken und ausschließlich seinem Verstand zu folgen – so, wie er es sich seit frühester Jugend zur Gewohnheit gemacht hatte.
„Vielen Dank für die Einladung zur Eröffnung, Holly“, sagte er und verbeugte sich zum Abschied mit formvollendeter Höflichkeit. „Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft. Gute Nacht.“
8. KAPITEL
Holly war froh, dass ihr das Atelier kaum Zeit zum Atemholen ließ. So musste sie nicht ständig grübeln, warum Luke sie erst leidenschaftlich geküsst und dann zurückgestoßen hatte. Glaubte er, sie habe eine ansteckende Krankheit? Denn seit jenem Abend hatte er sich bei ihr nicht mehr blicken lassen. Luke war wie vom Erdboden verschluckt.
Ihn einfach anzurufen, dazu war sie zu stolz. Sollte sie etwa darum betteln, dass er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte? Dennoch – sie vermisste ihn schrecklich.
Dann traf sie zufällig Margret, Lukes Haushalthilfe, beim Bäcker. Da Margret ihr freundlich winkte, fasste sich Holly ein Herz und fragte nach Luke.
„Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wo Mr. Goodwin ist.“ Margret war sich ihrer Wichtigkeit als Überbringerin dieser Nachricht voll bewusst. „Mr. Goodwin ist nämlich verreist.“
„Verreist?“ Holly wäre fast das Brot aus der Hand gefallen. „Wohin?“
„Das hat er nicht verraten. Er ist einfach verschwunden – an dem Tag nach Ihrer Ladeneröffnung.“
„Bleibt er lange?“ Holly wurde plötzlich das Herz schwer.
Margret zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Gepäck jedenfalls hat er nicht viel mitgenommen.“
Holly hatte jedoch anderes zu tun, als sich über Lukes mysteriöses Verschwinden den Kopf zu zerbrechen. Der Artikel, der im Winchester Echo über ihren Laden veröffentlicht worden war, hatte ihr nämlich eine ungeahnte Publicity verschafft. Alle wollten das Kleid sehen, mit dem sie einen Wettbewerb gewonnen hatte und das jetzt verlost wurde.
Auch ein Wochenblatt und drei Frauenillustrierte hatten sich der Story angenommen, und etliche Reporter waren in Woodhampton erschienen, hatten Holly interviewt und sie und das Kleid fotografiert.
Der Zuspruch war so groß, dass Holly ein Inserat aufgeben musste, um Schneiderinnen zu finden, die in der Lage waren, die Kleider nach ihren Entwürfen in Heimarbeit zu nähen.
Das Geschäft lief besser, als sie je zu träumen gewagt hätte, und dennoch fühlte sich Holly alles andere als enthusiastisch. Darüber ärgerte sie sich. Warum ließ sie sich die Freude an ihrem großartigen Erfolg verderben, nur weil ein Mann nicht so auf sie reagierte, wie sie es sich vorgestellt hatte? Intuition und Fantasie, die sie befähigten, sich die schönsten Brautkleider auszudenken, hatten sie bei Luke völlig in die Irre geführt.
Diesen Gedanken hing Holly nach, als sie an einem regnerischen Montagmorgen das Schaufenster neu dekorierte. Sie schreckte auf, als eine Frau an die Scheibe klopfte und auf ihre Armbanduhr deutete. Holly verstand und spreizte ihre Finger, um der Kundin mitzuteilen, dass sie erst um zehn Uhr aufmachte. Doch dann kam ihr das pedantisch vor, wenn sie schon im Laden war, konnte sie auch öffnen. Mit einem Satz sprang sie aus dem Schaufenster und schloss die Ladentür auf. „Kommen Sie herein“, forderte sie die Passantin auf und lächelte.
„Aber Sie machen doch erst um zehn auf, oder?“, zögernd trat die Fremde ein und blickte sich um.
Sie trug Jeans, Lederjacke und feste, halbhohe Schuhe, und der sportliche Stil stand ihr hervorragend. Die Frau war schlank, hatte blondes Haar und auffällig zarte und gepflegte Hände.
„Auf die Viertelstunde kommt es mir nicht an! Da ich schon hier bin, können Sie sich auch gleich umsehen. Sie wollen heiraten, nehme ich an?“
„Ja.“ Sie lachte verschämt, was bei einer Frau, die auf die dreißig zugehen musste, etwas albern wirkte. Aber ich bin nicht hier, um meine Kundinnen zu zensieren, rief sich Holly zur Ordnung. Sie wettete jedoch insgeheim, dass diese Frau sich
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