Julia Festival Band 0105
räumte notgedrungen das Feld.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte Miles stirnrunzelnd, als Chessie sich setzte.
„Alles bestens.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich habe mich nur gewundert, wie aufmerksam die Bedienung hier ist.“ Im Stillen ärgerte sie sich über den boshaften Unterton in ihrer Stimme.
Glücklicherweise schien er ihre unterschwellige Eifersucht nicht zu bemerken. „Das Restaurant wird hervorragend geführt“, erwiderte er. „Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass etwas nicht in Ordnung ist. Was ist es? Sind Sie krank?“
„Nein, wirklich nicht.“ Sie schluckte. „Aber es ist schon spät. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir zahlen und aufbrechen würden?“
„Ja. Jenny kann warten, bis wir unsere erste gemeinsame Mahlzeit beendet haben, und zwar in aller Ruhe. Ich finde, Sie sollten einen Brandy trinken. Sie sehen aus, als könnten Sie ihn vertragen.“
„Warum sollte mein Vorschlag etwas mit Jenny zu tun haben?“, fragte sie empört.
„Weil Ihr verstörter Gesichtsausdruck unweigerlich darauf hindeutet.“ Miles blickte sie herausfordernd an. „Einen Brandy?“
Sie nickte stumm.
„Gut.“ Lächelnd winkte er die Kellnerin herbei. „Ein überstürzter Aufbruch löst keine Probleme.“
„Sie haben gut reden. Sie sind nicht für Jenny verantwortlich.“
„Im Moment jedenfalls nicht. Damit wollen Sie mir vermutlich mitteilen, dass Sie mich nicht einmal geschenkt nehmen würden.“
„So ist es nicht.“ Chessie mied seinen Blick. „Sie haben mich gebeten, darüber nachzudenken, und das werde ich tun.“ Außerdem brauche ich Zeit, um einen neuen Job zu suchen – und eine neue Wohnung. Es gab keinen Grund, sich schlecht zu fühlen. Nach dem Verlauf des heutigen Abends zu urteilen, würde Miles keine Schwierigkeiten haben, Ersatz zu finden, falls sie ihn abwies.
„Hoffentlich lenkt es Sie von Jenny ab.“ Er zögerte. „Sie haben also entdeckt, dass sie nicht die vorbildliche, strebsame Schülerin ist, für die Sie sie gehalten haben.“
„Die Schule hat ihr früher alles bedeutet.“
„Davon bin ich überzeugt – solange Jenny den Schicksalsschlag bewältigen musste. Der Unterricht bot Sicherheit und Stabilität, sie konnte sich in ihre Aufgaben vertiefen, um die wirkliche Welt abzublocken. Aber junge Leute erholen sich schnell, und nun rebelliert sie.“ Er beugte sich vor. „Akzeptieren Sie es, Francesca. Jenny ist intelligent, doch sie ist auch verwöhnt und voller Widerspruchsgeist.“ Lächelnd dankte er der errötenden Serviererin, die Chessies Brandy brachte, dann griff nach der Kaffeekanne. „Milch und Zucker?“
„Schwarz, bitte.“ Grenzenlose Verzweiflung erfasste sie. „Ich habe bei ihr versagt, oder?“
„Nein. Aber Sie sind zu unerfahren, um die Warnsignale zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern.“ Er reichte ihr die Tasse. „Statt zu lernen, hat sie sich in der Gegend herumgetrieben, stimmt’s?“
„Offenbar. In ihrem Zimmer brannte Licht, und sie hat immer Musik laufen lassen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe nie überprüft, ob sie wirklich da war. Dabei war sie unterwegs und versuchte, ahnungslosen Wirten Alkohol abzuschwatzen. Mit irgendeinem Typ, der Jim Fewston nicht gefallen hat.“
„Wenigstens trinkt sie nicht allein. Es könnte schlimmer sein.“
Chessie seufzte. „Ich finde es schon schlimm genug.“
„Dann sind Sie naiv. Aber ich verstehe, dass Sie so schnell wie möglich mit Jenny reden wollen. Sobald wir unseren Kaffee getrunken haben, fahre ich Sie nach Hause.“
„Danke. Es tut mir leid, dass ich Ihre Feier verdorben habe“, fügte sie leise hinzu.
„Ich schwöre, Sie haben absolut nichts verdorben. Im Gegenteil.“
Er glaubt, ich würde seinen Antrag annehmen, überlegte sie. Und eigentlich hatte sie auch allen Grund dazu. Eine Ehe mit Miles würde ihr die Sicherheit schenken, von der sie sonst bloß träumen konnte.
Er betrachtete es als praktische Lösung ihrer beider Probleme. Mit der gleichen Kaltblütigkeit schreibt er seine Romane, dachte sie bitter. Obwohl man von der rasanten Handlung mitgerissen wurde, fühlte man sich am Ende sonderbarerweise um etwas Wichtiges betrogen.
Ich kann ihm und mir nichts vormachen. Wir verdienen beide Besseres vom Leben. Und wir müssen uns nicht mit dem Zweitbesten zufrieden geben, nur weil wir beide noch an einem anderen Menschen hängen.
Sie beobachtete ihn verstohlen und fragte sich, wie die Frau, die er geliebt hatte, wohl sein mochte.
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