Julia Festival Band 0105
einem Vortrag über die Stromkosten anfangen, überlegte sie, als sie den schmalen Flur betrat und die Wohnung hell erleuchtet vorfand.
Sie zog gerade den Blazer aus, als die Wohnzimmertür geöffnet wurde und Jenny strahlend herauskam. „Chessie, endlich! Ich habe eine wundervolle Überraschung für dich.“
„Ich hatte für heute genug Überraschungen“, entgegnete Chessie kühl. „Wir müssen reden, junge Dame.“
„Das kann warten“, erklärte Jenny fröhlich und trat beiseite, damit ihre Schwester in den Wohnraum vorangehen konnte.
Ungläubig starrte Chessie die große Gestalt an, die sich vom Sofa erhob, um sie zu begrüßen. „Alastair …?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Niemand sonst.“ Er kam zu ihr und legte ihr lächelnd die Hände auf die Schultern. „Willst du mich nicht willkommen heißen?“
„Ja … ja, natürlich.“ Sie atmete tief durch. „Es ist schön, dich wiederzusehen. Ich hatte nicht damit gerechnet …“
„So überraschend kann es für dich doch nicht sein. Jenny sagte, sie hätte dir erzählt, dass wir Court wieder herrichten lassen.“ Er senkte die Stimme. „Und außerdem wusstest du doch, dass ich eines Tages heimkehren würde, oder?“
„Ich dachte, du hättest beschlossen, in Amerika zu bleiben.“
„Nun, ich habe mit diesem Gedanken gespielt“, räumte er ein. „An Angeboten hat es mir wahrlich nicht gefehlt. Aber der Posten in der Londoner Handelsbank war einfach zu verlockend, um ihn abzulehnen. Und nun bin ich hier.“ Sein Lächeln vertiefte sich. „Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?“
„O doch.“
Es war, als würden Weihnachten und ihr Geburtstag zusammenfallen. Wundersamerweise war ihr sehnlichster Wunsch Wirklichkeit geworden. Aber wie alle Träume hatte die Situation auch etwas Irreales – es kam ihr fast vor wie eine Warnung.
„Dann zeig es mir.“ Er senkte den Kopf, um sie zu küssen.
Chessie war in seinen Armen wie versteinert, ihre Lippen fühlten sich taub an, als er versuchte, Chessie zu küssen.
„Mehr Begeisterung kann ich in dir nicht wecken?“ Amüsiert und gereizt zugleich gab er sie frei.
„Ich stehe wohl noch immer unter Schock.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Wie hast du uns gefunden?“
„Ich habe mein Gepäck im Haus abgestellt. Joyce Cummings hat mich über alles informiert. Jenny hat mir dann die Details berichtet.“
„Das kann ich mir denken.“ Chessie schaute sich um. „Wo ist sie eigentlich?“
„Sie hat sich unter dem Vorwand, Kaffee zu kochen, taktvoll zurückgezogen.“
Auf dem Tisch vor dem Kamin standen benutzte Tassen sowie eine halb leere Weinflasche nebst zwei Gläsern.
„Ich eile also zu dir und muss erfahren, dass du mit deinem Chef ausgegangen bist, um das Nachtleben zu genießen. Jenny zufolge hast du ihn allerdings bloß aus Mitleid begleitet. Sie sagt, der Typ sei hässlich und unberechenbar.“
„Jenny könnte selbst ein bisschen mehr Mitleid zeigen.“
„Ach, komm schon, Liebes. Du kannst nicht von ihr verlangen, dass ihr die Situation gefällt. Es ist schließlich ein verdammter Absturz. Aber egal“, fügte er seufzend hinzu. „Dies ist jedenfalls nicht der Empfang, den ich erwartet hatte.“ Er klang fast ein wenig gekränkt.
Hatte er gehofft, sie würde entzückt in seine Arme sinken? Warum tat sie es eigentlich nicht? Weil sie sich diesen Moment so oft ausgemalt und herbeigesehnt hatte. Sie hatte ins Kopfkissen geweint und sich gefragt, wo er wohl sein und was er tun mochte – und ob er überhaupt noch an sie dachte. Und nun war er hier, und sie fühlte nichts.
Chessie trat einen Schritt zurück. „Sei vernünftig, Alastair. Du verschwindest für mehrere Jahre aus unserem Leben, dann spazierst du plötzlich herein und erwartest, dass alles so ist wie früher. Leider funktioniert das nicht.“ Sie staunte, wie beherrscht und kühl sie klang.
„Bist du böse mit mir, weil ich mich nicht gemeldet habe?“ Er lächelte einschmeichelnd. „Glaub mir, ich mache mir deshalb die schwersten Vorwürfe. Aber es ist nicht leicht, aus dieser Entfernung in Kontakt zu bleiben. Außerdem war ich noch nie ein großer Briefschreiber.“
Es gibt Telefone, dachte Chessie. Oder E-Mails. Wäre ich fortgegangen, hätte ich die Beziehung irgendwie aufrechterhalten. „Das verstehe ich“, erwiderte sie jedoch nur. „Aber das Leben geht weiter.“
„Jetzt bin ich zurück und werde dich für alles entschädigen“, beteuerte er eifrig. „Arme Kleine, du
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