Julia Festival Band 0105
zu heiraten? Es ergab keinen Sinn. Es sei denn, die geheimnisvolle Frau konnte weder kochen noch einen Computer bedienen.
Chessie wusch sich die Hände und wischte die Tränen weg. Warum quälte sie sich so? Miles’ Heiratsantrag war ein rein geschäftliches Angebot gewesen. Er wollte, dass sie ihm weiter den Haushalt führte und zusätzlich die Rolle der Gastgeberin übernahm. Auch wenn Sex nicht von vornherein ausgeschlossen war, so war eine intime Beziehung für Miles nicht vorrangig.
Warum auch? Schließlich hatte er in London eine Geliebte, die sich um seine Bedürfnisse kümmerte.
Er hat nie behauptet, mich zu lieben, erinnerte sich Chessie. Außerdem hatte sie seinen Antrag abgelehnt und würde bald aus seinem Haus und seinem Leben verschwinden. Es war also lächerlich, dass sie sich aufführte, als hätte er sie betrogen. Miles war genauso frei und ungebunden wie sie.
Chessie erhitzte Öl in einer Pfanne und begann, Fleischstücke anzubraten. Zur Begrüßung von Miles’ Schwester sollte es am Abend ein würziges Ragout geben. Das Haus war voller Blumen, der Esstisch war perfekt mit Silber, Kristall und Kerzenleuchtern gedeckt, und dank Mrs. Chubbs Bemühungen hing der Duft von Lavendel und Bienenwachs in der Luft.
Miles sollte keinen Grund zur Klage haben, bis sie die Stellung verließ. Sie wollte all ihre Pflichten buchstabengetreu erfüllen und auch seine Verlobte spielen, falls er dies immer noch wünschte.
Chessie war entschlossen, ihren nächsten Job mit den besten Zeugnissen anzutreten.
Leider war sie bislang in dieser Hinsicht nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Vielleicht sollte sie die Arbeit in einem Büro vergessen und sich stattdessen eine Tätigkeit als Haushälterin und Köchin suchen – aber nur bei einer älteren Dame.
„Es riecht köstlich.“ Mrs. Chubb kam herein.
Chessie legte das gebräunte Fleisch in einen Topf. „Kennen Sie eigentlich einen Zak Woods?“, erkundigte sie sich so gleichgültig wie möglich.
„Ich habe von ihm gehört, und zwar nichts Gutes.“ Mrs. Chubb sah sie neugierig an. „Warum fragen Sie?“
„Irgendjemand hat seinen Namen erwähnt.“ Chessie zuckte die Schultern. „Er ist Mechaniker, oder?“
„Eher ein Unruhestifter. Seit er laufen kann, steht er mit einem Bein im Gefängnis.“
Chessie ließ den Kopf hängen, nachdem die ältere Frau die Küche verlassen hatte.
Am Vorabend hatte sie ihre eigenen Probleme verdrängt und versucht, Jenny behutsam auszufragen, ohne zu verraten, dass sie Zak gesehen hatte. Jenny hatte sich jedoch wütend jede Einmischung verbeten.
Chessie konnte nur vermuten, dass ihre Schwester sich in Zak verliebt hatte, und Liebe machte bekanntlich blind. Vielleicht muss ich geduldig sein und warten, bis die Verrücktheit vorbei ist, überlegte sie.
Chessie wartete an der geöffneten Tür, als Miles’ Wagen vor dem Haus hielt.
Steffie Barnes war fast so groß wie ihr Bruder und hatte die gleichen blauen Augen. Ihr Haar war etwas heller, und sie hatte ein fröhliches Gesicht sowie eine warme, melodiöse Stimme.
„Du bist also Francesca“, sagte sie und zerstörte damit Chessies letzte schwache Hoffnung, dass sie diejenige gewesen war, die vor zwei Tagen in der Wohnung ihres Bruders das Telefon beantwortet hatte. „Ich hatte mich schon gefragt, ob ich dich jemals kennenlernen würde oder ob du bloß der lebhaften Fantasie meines Bruders entsprungen bist.“
„Willst du mich nicht begrüßen, Liebes?“
Errötend trat sie vor und bot ihm verlegen die Wange zum Kuss. Aber Miles umfasste ihr Kinn und küsste sie auf die Lippen.
„Du hast Schatten unter den Augen“, bemerkte er stirnrunzelnd. „Weil du mich vermisst hast?“
„Warum sonst?“ Sie rang sich ein Lächeln ab und drehte sich zu Steffie um. „Möchtest du erst dein Zimmer sehen und dann Tee trinken?“
„Gern“, erwiderte Steffie. „Ich könnte auch durch den Garten wandern und euch beiden Gelegenheit zu einer richtigen Begrüßung geben.“
Miles lachte. „Wir können warten. Führ Steffie durchs Haus, Liebes, während ich die Post durchsehe.“
Als sie die Treppen hinaufstiegen, meinte Steffie unvermittelt: „Ich bin dir sehr dankbar, denn ich hatte schon Angst, Miles hätte sich zu einem Einsiedler entwickelt. Er schien sich nur noch für seine Arbeit zu interessieren.“ Sie lächelte strahlend. „Und nun seid ihr beide verlobt, und ich könnte nicht glücklicher sein.“
Chessie errötete erneut. „Es ging alles so schnell. Ich
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