Julia Festival Band 0105
so viel Rücksicht auf Sie.“
In ihre Empörung mischte sich der Schock, dass Miles Hunter plötzlich ihren Vornamen benutzte, obwohl er sie sonst hartnäckig mit Miss Lloyd ansprach. „Es war alles sehr schwer für sie …“, begann sie zögernd.
„Schwerer als für Sie?“
„In mancher Hinsicht schon. Jenny war nämlich …“ Jenny war nämlich der Liebling meines Vaters, hatte sie sagen wollen, doch die Worte kamen ihr nicht über die Lippen. „Sie war noch sehr jung, als es passierte“, sagte sie stattdessen verlegen.
„Finden Sie nicht, dass sie allmählich eine gewisse Verantwortung für ihr Leben tragen sollte?“
„Sie sind mein Arbeitgeber, Mr. Hunter“, erwiderte Chessie nachdrücklich. „Sie sind nicht unser Vormund und haben kein Recht, über uns zu urteilen. Jenny und ich haben ein absolut harmonisches Verhältnis.“
„Nun, zwischen ihr und mir ist das anders. Als ich sie höflich aufforderte, darauf zu achten, wohin sie fährt, schrie sie zurück, ich würde mich um Sie beide bald nicht mehr kümmern müssen. Was hat sie damit gemeint?“
Chessie hätte Jenny am liebsten erwürgt. „Vielleicht haben Sie sie missverstanden. Jenny wollte damit sagen, dass sie im Herbst auf die Universität gehen wird und …“
„Falls ihre Zeugnisse gut genug sind.“
„Das ist kein Problem“, versicherte sie kühl. „Sie ist ein intelligentes Mädchen, und ihre Lehrer erwarten, dass sie die Prüfungen besteht.“
„Hoffentlich ist Ihr Optimismus gerechtfertigt. Ich kann nicht behaupten, dass es ein ungetrübtes Vergnügen ist, mit ihr unter einem Dach zu wohnen.“
Autsch! „Das tut mir leid.“
„Sie brauchen sich dafür nicht zu entschuldigen. Sie haben weder die Reife noch die Erfahrung, einen temperamentvollen Teenager zu bändigen. Gibt es denn niemanden, der Ihnen dabei helfen könnte?“
„Ich habe eine Tante mütterlicherseits, aber sie wollte ihre Familie nicht mit uns belasten – was ich ihr nicht verübeln kann. Außerdem ist es nicht wichtig.“
„Natürlich ist es wichtig“, entgegnete er. „Sie sind ein menschliches Wesen, obwohl Sie die meiste Zeit so tun, als wären Sie so etwas wie ein Roboter.“ Er seufzte. „Verdammt, das habe ich nicht so gemeint. Darf ich Sie etwas fragen, bevor ich in noch mehr Fettnäpfchen trete?“
„Wenn Sie wollen.“ Roboter. Grauer Roboter. Das sagte wohl alles.
„Würden Sie heute mit mir zu Abend essen?“
Chessie traute ihren Ohren kaum. „Wie bitte?“
„Es hat vielleicht nicht den Anschein, aber ich hatte heute einen wirklich guten Tag. Meine Agentin hat ‚Strudel‘ tatsächlich an Evening Star Films verkauft, und man will, dass ich das Drehbuch schreibe. Es besteht also die winzige Chance, dass ein Teil meines Gesamtkonzepts überlebt.“
Sie sah ihn so selten lächeln, dass sie ganz vergessen hatte, auf welch wundersame Weise sich sein Gesicht dann veränderte. Seine Augen strahlten wie Saphire und schlugen sie in ihren Bann.
„Ich würde das Ereignis gern feiern“, fuhr er fort. „Und da ‚Strudel‘ das erste Buch ist, an dem Sie beteiligt waren, wäre es mir eine Ehre, wenn Sie mir dabei Gesellschaft leisten würden.“
Chessie hob abwehrend die Hände. „Es ist sehr nett von Ihnen, aber ich glaube, wir sollten es nicht tun. Schließlich leben wir in einem Dorf.“
„Ich habe Sie zum Dinner eingeladen“, erklärte er betont geduldig. „Nicht in mein Bett. Wenn Sie wünschen, lasse ich im Gemeindeblatt eine entsprechende Notiz veröffentlichen.“
Sie errötete. „Sie finden das sicher ziemlich spießig und amüsant, aber es hat mich einige Mühe gekostet, allen klarzumachen, dass wir eine rein geschäftliche Beziehung haben, obwohl wir unter dem gleichen Dach leben. Wenn man mich beim Abendessen mit Ihnen beobachtet, wird man annehmen, dass sich die Dinge geändert haben. Und das könnte für uns beide peinlich werden.“
Sie hatte genug von Skandalen und Gerüchten, die sich um sie drehten.
„Ich gerate nicht so leicht in Verlegenheit.“ Er klang erheitert. „Aber ich könnte einen Handwerker bestellen, der die Verbindungstür zwischen Ihrer Wohnung und dem Rest des Hauses zumauert. Das sollte die Klatschbasen zum Schweigen bringen.“
„Ich versuche, ernst zu sein“, protestierte sie.
„Und ich versuche ausnahmsweise zu scherzen – ohne sonderlichen Erfolg, wie mir scheint“, fügte er trocken hinzu. „Warum akzeptieren Sie die Einladung nicht als Ausdruck meiner Dankbarkeit, als eine
Weitere Kostenlose Bücher