Julia Festival Band 05
einem letzten, herzzerreißenden Blick auf das Baby drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte zurück in den Fahrstuhl. Verzweifelt drückte sie auf den Knopf. Gleich darauf schlossen sich die Türen.
„Shelley!“
Erschreckt von der lauten Stimme, fing das Baby wieder an zu brüllen.
Olivia, der das Weinen des Babys ins Herz schnitt, wandte sich zum Gehen. Sie wollte nur noch fort. So wie die Mutter des Kindes.
„Wohin gehen Sie?“, rief Ethan grimmig.
Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich habe Ihnen Ihren Weihnachtsgruß gebracht, den man mir versehentlich in den Briefkasten gesteckt hatte.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, ich lasse Sie mit dieser … zweiten Sendung besser allein“, erklärte sie trocken.
Er starrte sie düster an. Ihr Sarkasmus schien ihm absolut nicht zu gefallen. „Reden Sie nicht solchen Unsinn“, fuhr er sie an und eilte aus dem Apartment Richtung Lift, das noch immer schreiende Baby unbeholfen im Arm.
„Wohin wollen Sie?“ Weit wird er nicht kommen, dachte sie dabei. Die Kleine würde bestimmt nicht noch eine Stunde warten, bis sie etwas zu essen bekam.
„Hinter Shelley her, natürlich“, knurrte er ungeduldig und wirkte von Sekunde zu Sekunde gehetzter. Dass sich das Baby in seinen Armen wohler als in denen seiner Mutter fühlte, schien Vergangenheit zu sein. „Was zum Teufel ist nur los mit ihr?“, wandte er sich sichtlich verzweifelt an Olivia.
Olivia fand die Frage ziemlich überraschend. „Woher soll ich das denn wissen?“
„Sie sind doch eine Frau, oder?“ Er war jetzt richtig aufgeregt, hatte einen hochroten Kopf. „Zumindest …“ Sein Blick glitt über ihren Hosenanzug. „… nehme ich es an. Wo bleibt denn verdammt noch mal der Fahrstuhl?“, beschwerte er sich.
„Wenn Sie vielleicht aufhören würden zu fluchen …“
„Sie meinen, dann würde das Baby mit dem Brüllen aufhören?“ Seine Miene zeigte deutliche Zweifel.
„Nein“, erwiderte Olivia ruhig. „Aber mir wäre das sehr angenehm.“
Wenn Blicke töten könnten, dachte sie im nächsten Moment, würde ich jetzt leblos zu Boden sinken. Ethan Sherbourne machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu, und sie hatte Mühe, nicht zurückzuweichen.
„Ich … ich glaube, der Aufzug ist gerade gekommen.“ Sie deutete mit einiger Erleichterung an ihm vorbei auf den wartenden Fahrstuhl mit seinen einladend offenen Türen.
Er warf einen Blick auf den Fahrstuhl, zu Olivia und wieder auf den Fahrstuhl. „Stimmt. Hier.“
Und er drückte Olivia das Baby in die Arme!
Es waren keine offenen Arme. Keine, die darauf gewartet hatten. Sogar ihre klammheimliche Freude, dass dieser Mann endlich einmal für sein ausschweifendes Liebesleben bezahlen musste, verging ihr, als sie plötzlich das Baby in den Armen hielt!
„Mr. Sherbourne …“
„Ich muss versuchen, Shelley einzuholen“, erklärte er bestimmt, bevor er den Lift betrat. „Passen Sie auf das Kind auf, bis ich mit der Mutter zurück bin.“
Sie sollte auf das Baby aufpassen?
Die Fahrstuhltüren schlossen sich, und Olivia stand allein im Flur da.
Nein, nicht ganz allein …
Das Baby hatte aufgehört zu weinen, lag ruhig in ihren Armen und starrte sie vertrauensvoll an.
Ihr wurden auf einmal die Knie weich, Schwindelgefühle stellten sich ein, und sie wusste, es bestand die echte Gefahr, dass sie einen Kollaps erlitt. Aber mit einem Baby auf den Armen war das keine gute Idee.
Die Tür zu Ethan Sherbournes Apartment stand noch immer sperrangelweit offen. Nicht gerade einladend, aber schließlich war er für dieses Kind verantwortlich.
Olivia schaffte es gerade noch bis zu einem der Sessel in der ultramodernen Eingangshalle, dann gaben ihre Beine nach. Sie zitterte am ganzen Leib und rang nach Atem.
Was fiel Ethan Sherbourne eigentlich ein, sie in so etwas hineinzuziehen?
Was fiel ihm nur ein!
„Mr. Sherbourne braucht wirklich ein wenig himmlische Unterstützung“, murmelte Faith mitleidig, als das Bild einfror.
Mrs. Heavenly richtete sich auf und schüttelte den Kopf. „Nicht Mr. Sherbourne ist es, der unsere Hilfe braucht, meine Liebe.“
Faith sah sie erstaunt an. „Sicher, Shelley steckt in Schwierigkeiten … sie ist als Mutter eindeutig überfordert – Nein?“ Sie runzelte die Stirn, als Mrs. Heavenly wieder den Kopf schüttelte. „Bestimmt doch nicht die kleine Andrea …? Nein, natürlich nicht“, gab sie sich selbst die Antwort. „Aber dann bleibt nur noch
Weitere Kostenlose Bücher