JULIA FESTIVAL Band 76
ein vorübergehendes Betreuungsproblem haben. Sie suchen wohl eher eine langfristige Lösung. Ich helfe Ihnen gern dabei.“
Er runzelte die Stirn. „Ich dachte, Sie seien Erzieherin in einem Kindergarten.“
„Nein“, meinte sie und lachte. „Sie haben mich gefragt, ob ich mit Kindern arbeite, und ich sagte ja. Tatsächlich arbeite ich am meisten mit Babys.“ Sie zögerte und wurde rot. „Ich würde Ihnen wirklich gern helfen, Jonathan. Ich bin Ihnen nämlich zu großem Dank verpflichtet. Nicht nur für das, was Sie hier im Krankenhaus für mich getan haben. Ohne Sie hätte ich die Firma nie gründen können. Von dem Start-up-Kapital, das Sie Grand Springs zur Verfügung gestellt haben, wurde mir ein Existenzgründerkredit zu günstigen Zinsen gewährt. Darüber hinaus habe ich noch sehr nützliche Tipps bekommen.“
Er rutschte unbehaglich auf dem Stuhl umher. „Trotzdem bin ich kein Heiliger.“
„Für mich schon. Einer meiner Kunden hat mir die Eintrittskarte für den Ball gegeben, und ich bin nur deshalb gekommen, weil ich hoffte, Sie kurz sprechen und Ihnen für alles danken zu können.“
„Sehen Sie mal, Cynthia. Sie sind eine liebenswerte junge Frau, und Sie meinen, was Sie sagen. Aber es gibt viele Menschen, die liebend gern bezeugen würden, dass ich ein Mistkerl bin.“
„Dann haben die sich eben getäuscht“, sagte sie leichthin. „Ich biete Ihnen immer noch unsere Dienste an. Möchten Sie, dass ich Ihnen eine befristet tätige Kinderfrau vermittle?“
„Gern. Irgendjemand muss sich schließlich um Colton kümmern. Ich bin in meiner Firma unabkömmlich.“ Er stand auf und küsste sie auf die Wange. „Sie können Ihre Augen kaum noch offen halten, und ich gehe besser, bevor man mich hinauswirft. Ich werde morgen früh noch einmal vorbeikommen. Dann können wir die Einzelheiten besprechen.“
Ihre Wange glühte an der Stelle, wo er sie geküsst hatte, und sie wünschte, er hätte stattdessen ihre Lippen berührt. „Nun, äh, Sie müssen mir noch sagen, welche Eigenschaften Ihnen bei einer Kinderfrau wichtig sind. Ich weiß momentan nicht, wer frei ist, aber das kann ich schnell herausfinden.“
Er sah sie an und hob eine Augenbraue. „Normalerweise gebe ich mich nicht mit Personal ab. Ich ziehe es vor, mit der Chefetage zu arbeiten.“
Vor Erstaunen fiel ihr die Kinnlade herunter. „Sie meinen, ich soll Ihren Neffen betreuen? Aber dann müsste ich bei Ihnen wohnen. In Ihrem Haus.“
Er lächelte. „Ich weiß. Glauben Sie jetzt immer noch, dass ich ein Heiliger bin?“
Cynthia wurde ganz heiß. Heiß durch seine Nähe, den Gedanken an seinen Kuss und durch ihren innigen Wunsch, ja zu sagen. Wenn es auch nur für ein paar Tage war, so würde sie doch zu gern wissen, wie es sein würde, die Zeit mit Jonathan Steele zu verbringen.
„Manchmal springe ich tatsächlich selbst ein“, sagte sie nachdenklich. „Zum Beispiel, wenn wir viel zu tun haben, oder wenn ich meine, dass ich besonders gut für den Kunden geeignet bin.“
„Ich denke, Sie haben mir schon bewiesen, dass Sie sich besonders gut für mich eignen“, sagte er. „Wir sehen uns morgen.“
Und damit war er verschwunden. Cynthia blieb mit Alfie, dem Bären, und ihren verwirrten Gedanken allein zurück. Jonathan Steele lebte in einer vollkommen anderen Welt als sie. Wenn sie sich darauf einließ, würde sie unweigerlich Liebeskummer bekommen. Der Mann gefiel ihr über alle Maßen, aber es war völlig ausgeschlossen, dass er ihre Gefühle erwiderte.
„Eine kluge Frau sollte ihre Finger davon lassen“, sagte sie zu dem Bären. „Und ich habe immer geglaubt, ich sei klug. Hoffentlich werde ich eines Tages nicht bereuen, dass ich diesen Vorsatz spontan über Bord werfe!“
Was hatte er hier bloß zu suchen? Diese Frage stellte sich Jonathan, als er am späten Nachmittag des darauf folgenden Tages in dem voll gestopften Morgan’schen Wohnzimmer saß.
Brad und Brett hatten ein Würfelspiel auf dem Boden ausgebreitet und stritten sich. Betsy kam rein und raus und brachte Getränke und Snacks. Cynthia lag auf dem Sofa unter einer handgestrickten Decke. Jenny hatte sich in den Ohrensessel beim Fenster zurückgezogen.
Jonathan vermied es, Cynthia oder Jenny anzusehen. Er fühlte sich schrecklich fehl am Platz. Doch er hatte diese Situation selbst herbeigeführt und konnte niemandem anders als sich selbst die Schuld dafür geben. Er hatte schließlich mit Cynthia ein Spiel mit dem Feuer gespielt, für das sie
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