JULIA FESTIVAL Band 78
Trost anbieten, und dann die Situation auszunutzen. Selbst wenn Phil … Aber das entschuldigte es nicht. Simon musste klar sein, dass sie gekommen war, um ihre Ehe zu retten. Wenn Simon ihre Schwäche zu einem solchen Zeitpunkt missbrauchte, war er auch nicht besser als Adriana Leigh.
„Sie wollte dich“, stieß Rowena hervor. Welch bittere Ironie, dass Simon sich nicht viel anders als Adriana verhielt! Das traf sie schwer. „Warum hast du sie nicht genommen, Simon? Sie war frei …“
„Du bedeutest mir viel, Rowena. Hast du immer.“
Die leise Antwort wühlte sie noch mehr auf, und Rowena klammerte sich an den erstbesten Grund, der ihr einfiel, warum sie ihm nicht glauben sollte. „Warum hast du die Affäre zwischen Adriana und Phil dann nicht verhindert?“
Simon erwiderte nichts.
„Erzähl mir nicht, du hättest nicht gewusst, dass sie an dir interessiert ist.“ Rowena drehte sich zu ihm um. „Sogar ich habe es erkannt, als sie vorhin hereingekommen ist.“
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen, doch er hielt ihrem Blick stand. „Willst du einen Mann, der vor einer anderen Frau gerettet werden muss?“, fragte er verächtlich. „Finde dich damit ab. Phil verdient deine Liebe nicht. Wenn er sich wirklich etwas aus dir machen würde, hätte Adriana keine Chance gehabt.“
Phil hatte sich etwas aus ihr gemacht! Sie würde nicht vergessen, dass er für sie gesorgt hatte, als Simon, dem sie angeblich viel bedeutete, spurlos verschwunden war. „Du maßt dir an, das zu beurteilen? Möglicherweise ist es meine Schuld, weil ich Phil nicht genug gegeben habe. Vielleicht wollte er mehr … mehr …“
„Sex?“
Hitze stieg Rowena ins Gesicht. Einzuräumen, dass sie Phil auf diesem Gebiet wohl nicht befriedigt hatte, war zu demütigend. Doch es musste so sein. Rowena biss sich auf die Lippe. Jetzt wünschte sie, sie hätte diesen geschmacklosen Streit nie angefangen. Sogar Simon verzog angewidert den Mund.
„Sex ist kein Klebstoff, der einen Mann und eine Frau zusammenhält, Rowena. Er hilft, doch wenn andere Dinge fehlen …“ Simon zögerte, als wollte er sich vergewissern, dass sie ihm genau zuhörte. „Du hast so viele begehrenswerte Eigenschaften. Ein Mann sollte sich glücklich schätzen, dich zu haben.“
Begehrenswert. So sah Simon sie? Noch immer? Dazu hatte er kein Recht. Und sie durfte sich nicht verwirren und ablenken lassen. „Die Tatsachen sprechen dagegen. Phil will mit Adriana zusammen sein. Alles, was wir miteinander erlebt haben, bedeutet anscheinend überhaupt nichts im Vergleich zu dem, was sie ihm gibt.“
„Adriana schmeichelt seinem Ego“, erwiderte Simon ausdruckslos. „Dein Mann liebt es, gelobt zu werden. Davon kann er nie genug bekommen. Wird er nie. Diese Schwäche hast du doch im Verlauf der Jahre sicher erkannt.“
„Warum hast du ihn dann eingestellt?“, fragte Rowena, deren Sinn für Loyalität nicht zuließ, dass sie Simons scharfsichtiges Urteil akzeptierte.
„Er ist gut in seinem Job.“
„Warum hast du sie eingestellt?“
„Habe ich nicht. Das war Phil. Er hat das Recht, die Mitarbeiter in seiner Abteilung selbst auszuwählen. Normalerweise erhöht das die Leistung eines Teams.“
Das klang alles plausibel. Rowena wurde von widersprüchlichen Gefühlen gequält, ohne ihnen Luft machen zu können. Ein Klopfen an der Tür war eine willkommene Störung.
Eine Frau, die einen Teewagen schob, kam herein. Sie schien die gespannte Atmosphäre zu spüren, denn sie blieb stehen und blickte unschlüssig zwischen Simon, der ihr den Rücken zukehrte, und Rowena hin und her. Offensichtlich fand sie die Stimmung im Raum bedrohlich. Sie zuckte entschuldigend die Schultern und wollte sich wieder zurückziehen.
„Ist in Ordnung, Fay“, sagte Simon leise. Er drehte sich um und winkte sie herein. „Das ist meine Sekretärin, Fay Pendleton. Mrs. Goodman, Fay.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs. Goodman.“ Die Sekretärin lächelte zögernd.
„Ja. Danke“, erwiderte Rowena fahrig. Sie war überrascht, weil sie mit einem eleganten, weltgewandten Aushängeschild für Simons Unternehmen gerechnet hatte. Diese Frau mit dem Mondgesicht wirkte jedoch unauffällig und reizlos – bis auf ihr Haar. Das kräftige Burgunderrot mit den dicken blonden Strähnen hatte zweifellos etwas Exzentrisches.
Fay Pendleton rollte den Teewagen zum Tisch und deckte schnell und geschickt Untertassen, Tassen, Teller, Zuckerschale und Milchkännchen auf. Dann schenkte
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