JULIA FESTIVAL Band 78
recht passend?“
Carolyn schluckte nervös. Sie hatte plötzlich völlig vergessen, was sie sagen wollte. So meinte sie schließlich zögernd: „Es tut mir leid, dass ich mich gestern Nacht so zum Narren gemacht habe. Und ich möchte dir danken, dass du so nett zu mir warst.“
„Nett?“, wiederholte er leise und etwas spöttisch.
„Ja“, sprach sie eilig weiter. „Ich weiß, dass solch fatales Verhalten schwer zu verstehen ist. Aber …“
„Aber nein, Carolyn“, unterbrach er sie sanft. „Du hast dich einfach plötzlich nur ganz schrecklich einsam gefühlt und brauchtest jemanden.“
„Ja“, sagte sie dankbar. Sie musste sich nicht mehr rechtfertigen. Er verstand sie und machte es ihr sehr leicht. Er war wirklich nett.
„Doch das erklärt nicht, was zwischen uns passiert ist.“
Sie schüttelte den Kopf. „Dafür gibt es keine Erklärung, Cliff. Ich möchte es noch nicht einmal verstehen.“
„Das ist auch besser so“, antwortete er lächelnd. „Man sollte es ganz einfach geschehen lassen.“
Carolyn seufzte innerlich, denn sie hatte eine andere Antwort erhofft. Stattdessen deutete er an, dass er ihre Beziehung weiter fortsetzen wollte. „Ich will keine Affäre mit dir“, sagte sie deshalb ohne Umschweife. „Es war nur diese eine Nacht, Cliff.“
„Nun, wenn du das wirklich meinst …“ Er zögerte und zuckte mit den Achseln.
„Ich meine es“, sagte sie bestimmt. Diese eine Nacht war schließlich noch irgendwie zu entschuldigen. Doch eine freiwillige Wiederholung war undenkbar. Das würde sie auf eine Ebene mit ihrer Mutter stellen, die sich von einem Mann hatte benutzen lassen. Wenn auch auf eine unschönere Art.
„Wie die schwarze Witwe“, bemerkte er bitter. „Kein Unterschied.“ Und als Carolyn ihn verständnislos anblickte, fuhr er weiter fort: „Du suchst dir Partner, benutzt sie und verspeist sie dann zum Frühstück.“
„Du weißt, dass das ganz einfach lächerlich ist!“
„Aber heute Morgen komme ich mir ganz genauso vor. Benutzt. Du hast alles genommen, was ich dir geben konnte, und gibst mir jetzt den Laufpass.“
„Nein. Das ist nicht so …“, fing sie zögernd an. Eine solche Reaktion hätte sie bei ihm niemals erwartet.
„Dann sag mir, wie es ist!“
„Letzte Nacht warst du sehr nett zu mir …“
„Das wollte ich auch sein.“
„Und du hast deine Belohnung dafür bekommen!“
Seine Augen wurden eisig. „Danke.“
Der bittere Zynismus in seiner Stimme machte ihr ein schlechtes Gewissen. Nach allem, was Cliff für sie getan hatte, verdiente er es sicher nicht, eiskalt abserviert zu werden. Zumal sie ihn nicht einmal mehr als kaltherzigen Frauenhelden sehen konnte. Und wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass er all die Attribute besaß, die sie sich immer bei einem Partner fürs Leben gewünscht hatte. Doch ein solcher Partner würde Cliff Selby niemals sein. „Wohin sollte das auch führen?“, fragte sie deshalb ärgerlich. Weshalb zögerte er ihre Trennung nur so verdammt lange hinaus?
Sofort schmolz das Eis in seinen Augen zu einem spekulativen Funkeln. „Das ist eine sehr interessante Frage …“
„Ganz eindeutig nirgendwohin“, stellte sie unbeirrt fest.
„Aber du brauchst mich.“ Als er das empörte Aufblitzen ihrer Augen sah, sprach er schnell weiter. „Dir fehlt jemand, der dir nahe ist. Der dich liebt. Du musst es erst gar nicht leugnen. Denn genau das ist es, was ich gestern Nacht getan habe. Du brauchst jemanden, der dich liebt, Carolyn. Und zurzeit bin ich der beste Kandidat.“
„Dann wäre mein Leben ziemlich aussichtslos“, gab Carolyn zurück. „Denn du würdest mich nur lieben, solange es dir passt. Und dann bin ich diejenige, die abserviert wird. Es tut mir leid. Aber unsere Beziehung hat keine Zukunft.“
Er sah sie mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen an. Dann zuckte er mit den Achseln. „Könntest du mich wenigstens diesen Tag noch ertragen? Was hältst du von einer Segeltour hier im Hafen?“
Carolyn war wirklich sehr versucht. Aber keiner von ihnen würde die letzte Nacht vergessen. Sie würde immer zwischen ihnen stehen und bei jeder Berührung, jedem Blick stärker werden. Schließlich würde sie wieder mit ihm im Bett landen. Und genau das war es, was sie nicht wollte.
Gestern Nacht waren sie ganz einfach zwei Menschen gewesen, die das Bedürfnis nach Nähe miteinander geteilt hatten. Auf einer Ebene, die weder Vergangenheit noch Zukunft mit einschloss. Weder auf ihrer
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