JULIA FESTIVAL Band 78
befangen.
„Nein, es ist überhaupt nicht schlimm“, stimmte Antonia zu und fühlte sich plötzlich unendlich erleichtert, „das ist schön. Jocelyn, mach nur weiter so!“, fügte sie ein wenig unzusammenhängend zu. „Gute Nacht!“
Als Antonia wieder in ihrem Bett lag, dauerte es keine zwei Sekunden, und sie war eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wachte Antonia erholt und frisch auf und schritt schon bald mit neuer Kraft zur Tat.
Fröhlich fuhr sie zum Büro und verlor nicht einen einzigen Gedanken an Scott Seton. Ja, sie hatte Grund zur Freude! Schließlich hatte es sich herausgestellt, dass Robert Gilbert keine Memme war. Immerhin hatte er noch im Nachhinein Jocelyns Wangen ganz schön zum Glühen gebracht.
Der Kühltransporter wurde dann geliefert, was bedeutete, dass Scott Seton zu seinem Wort stand. Doch warum nun gerade diese Tatsache Antonia auch erfreute, sollte ihr noch für einige Zeit ein Rätsel bleiben.
Sie rief ihre Klienten an, notierte genauestens, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Hobbys sie im Einzelnen hatten, und versicherte allen, dass ihre Chancen ausgezeichnet stünden.
Das einzig Bedauernswerte an diesem Morgen war, dass Mr. Templeton nicht zur verabredeten Zeit erschien. Antonia versuchte, ihn telefonisch zu erreichen, es nahm aber niemand ab. Da sie befürchtete, Mr. Templeton könne krank geworden oder es könne ihm etwas zugestoßen sein, nahm sie sich vor, gleich nach der Arbeit zu ihm zu fahren.
Nachdem Antonia daheim angerufen und Ray gesagt hatte, dass sie nicht zum Essen nach Hause kommen werde, schloss sie gegen fünf Uhr das Büro ab. Wenig später befand die sich auf dem Weg zu Mr. Templeton. Er wohnte in einem hübschen kleinen Haus mit Terrasse in der Nähe des Croydon Parks.
Antonia war überrascht und erleichtert, als Mr. Templeton gleich nach dem ersten Klingeln die Tür öffnete. Er trug seinen Büroanzug und sah aus, als wäre er gerade von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt. In seinem Gesicht stand der für ihn typische verträumte Ausdruck geschrieben. Mr. Templeton vermittelte immer den Eindruck, dass alles, was ihm oder anderen passierte, völlig überraschend kam.
„Miss Braden …“, begrüßte er sie und wirkte mit einem Mal verlegen. „Es tut mir leid, dass Sie extra meinetwegen …“ Er räusperte sich. „Wissen Sie, ich habe keinen Sinn darin gesehen, Sie aufzusuchen. Mehrmals habe ich versucht, Sie anzurufen, es war immer besetzt. Entschuldigen Sie vielmals, aber …“
„Ach, das macht doch nichts“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich wollte nur kurz reinschauen und sehen, ob alles in Ordnung ist.“
„Wie freundlich von Ihnen! Treten Sie doch bitte näher. Möchten Sie vielleicht mit mir zu Abend essen? Ich meine als kleine Entschädigung dafür, dass Sie sich meinetwegen so große Mühe gegeben haben?“
„Wenn es nicht zu viele Umstände macht, nehme ich Ihre Einladung gern an, Mr. Templeton“, antwortete Antonia und dachte daran, wie einsam er doch sein musste. Seine Frau war vor einem Jahr gestorben, und nun hatte er auch noch seinen Job und all die netten Kollegen verloren.
„Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, in der Küche zu sitzen, während ich koche“, sagte Mr. Templeton, als sie durch den schmalen Flur gingen.
Antonia lachte. „Solange ich Ihnen dabei nicht helfen muss, Mr. Templeton, ist das schon in Ordnung. Wissen Sie, ich kann nämlich nicht kochen und habe bei Küchenarbeiten so etwas wie zwei linke Hände.“
„Soll ich Ihnen das Kochen beibringen?“, bot er ihr eifrig an.
„Nein, danke. Ich bezweifle, dass ich je etwas Schmackhaftes auf den Tisch bringen würde. Selbst der beste Lehrmeister raufte sich gewiss die Haare!“
Mr. Templeton lächelte ihr zu. „Ich koche für mein Leben gern. Auch als meine Frau noch gesund war, habe ich oft gekocht. Später immer, weil sie zu schwach wurde, um noch in der Küche zu arbeiten. Mary brauchte Diät, deshalb kenne ich mich auch mit Diätgerichten aus. Die sind gar nicht so fad, wenn man’s richtig macht.“
Er ist wirklich ein netter älterer Herr, dachte Antonia, während er geschäftig in der Küche hantierte. Er zerkleinerte Kräuter, hackte Schalotten und schlug Eier in eine Schüssel. Zweifellos war Mr. Templeton sehr häuslich veranlagt. Hoffentlich hatte seine Frau das zu würdigen gewusst! So ein zuverlässiger, beständiger und fürsorglicher Mann! Peinlichst genau räumte er alles gleich nach Benutzung wieder auf. Ja, das war eben seine Art zu
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