JULIA FESTIVAL Band 78
Lächeln ließ sie all ihre Vorbehalte vergessen. Abgesehen davon, dass er sehr gut zu küssen verstand, besaß er ein logisches Denkvermögen, das sie allmählich zu bewundern begann. Und Computer waren ja eigentlich auch nicht schlecht, nicht wahr? Sie funktionierten auf Grund eines unfehlbaren logischen Prinzips!
„Wie schön, dass wir uns endlich einmal vertragen“, bemerkte Scott und zog ihren Arm fester an sich. Dann deutete Scott auf einen von Büschen umsäumten Weg. „Es gibt noch viele Dinge im Garten, die ich Ihnen gern zeigen möchte. Kommen Sie.“
Antonia wäre gern noch mit Scott allein geblieben, aber sie zögerte. Jocelyn war sicher begierig darauf, zu erfahren, ob sich die Lage zu ihrem Vorteil geändert hatte. Nein, sie, Antonia, durfte Jocelyn nicht auf die Folter spannen. Außerdem sagte der gesunde Menschenverstand Antonia, dass sie sich erst einmal über ihre Gefühle zu Scott Seton klar werden musste.
„Sollten wir uns nicht besser zu den anderen gesellen?“, fragte sie deshalb. „Die Gäste würden es bestimmt eigenartig finden, wenn wir beide uns absonderten. Wir waren schon lange genug …“
„Wie unhöflich von mir!“, unterbrach er sie in heiterem Tonfall. „Ich fühle mich so wohl in Ihrer Gesellschaft, Toni, dass ich beinah meine Pflichten als Gastgeber vergessen habe. Okay, gehen wir zu den anderen“, stimmte er zu und sah sie mit leuchtenden Augen an.
Antonia fühlte sich wie gefangen von diesem Blick. Und sie hatte irgendwie den Eindruck, vor ein paar Minuten genau das gesagt und getan zu haben, was Scotts Vorhaben entsprach. Ja, beinah kam es ihr so vor, als hätte er sie genau in diese Situation hineinmanövriert. Was natürlich Unsinn war. Sie, Antonia, hatte doch schließlich die Fäden des Gesprächs in der Hand gehabt; er wusste zuvor ja gar nichts von der Geschichte mit Jocelyn und Robert!
Jedenfalls hat er die Sachlage sehr schnell erfasst und sofort zu seinem Vorteil genutzt, dachte Antonia und fragte sich, ob sie ihren Gefühlen für ihn nachgeben sollte. Instinktiv wusste sie, sie würde gefährlichen Boden betreten. Aber einfach kneifen? Nein, sie hatte sich noch nie wie ein Feigling benommen, und sie wollte jetzt nicht damit anfangen, sich selbst zu verleugnen. Außerdem wäre es ja wohl dumm gewesen, es sich mit dem Mann zu verscherzen, der Ray so viel Leid zufügen konnte.
Der letztgenannte Grund lieferte Antonia die Rechtfertigung für ihren Entschluss, Scott entgegenzukommen, und auf einmal befand sie sich in Hochstimmung.
Scott und Antonia hatten sich inzwischen Jocelyn und Robert genähert. Zu viert gesellten sie sich zu den Gästen und wanderten mit ihnen zum sogenannten Lustgarten.
Ray schien ein wenig irritiert, Jocelyn mit Robert und Antonia Arm in Arm mit Scott zu sehen. Deshalb lächelte Antonia ihrem Stiefvater beruhigend zu. Natürlich wusste sie, dass bald ein klärendes Gespräch geführt werden musste. Zunächst einmal musste sie sich allerdings um Jocelyn kümmern, die ihr laufend ängstliche und fragende Blicke zuwarf. Aber solange Scott dabei war, konnte sie natürlich nicht mit Jocelyn sprechen. Als Scott ein paar Worte mit einem älteren Herrn wechselte, gelang es ihr, Jocelyn wenigstens das Siegeszeichen anzudeuten, woraufhin die ungläubig dreinblickte. Ein Treffen unter vier Augen war schnellstens vonnöten.
Sie gingen durch einige große schmiedeeiserne Pforten, die laut Scott aus Italien stammten und im siebzehnten Jahrhundert angefertigt worden waren. Er schien stolz darauf zu sein und freute sich, dass Antonia die Tore bewunderte. Überhaupt wirkte er sehr zufrieden mit sich und der Welt.
Nicht weit hinter den Toren befand sich ein Swimmingpool, der an drei Seiten von weinberankten Pergolas umgeben war, die genügend Schatten für alle Wochenendgäste – ungefähr dreißig Personen – boten. Dieser Erholungs- und Vergnügungsbereich erinnerte Antonia ein wenig an die Toskana. Die Umrandung des Schwimmbeckens, die Wege und die kleine Tanzfläche bestanden aus Marmorfliesen in einem matten Lachsrosaton. Überall standen Vasen und Kübel mit wundervollen Petunien.
Scott kann wirklich stolz sein auf sein Zuhause, dachte Antonia. Sie war so überwältigt von dem wunderschönen Anblick, dass sie alles andere vergaß.
Nach einer Weile holte Jocelyn ihre Stiefschwester in die Wirklichkeit zurück. „Ich glaube, ich brauche etwas Sonnencreme. Entschuldigst du mich bitte, Scott?“ Dann lächelte Jocelyn Antonia zu und fragte
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