JULIA FESTIVAL Band 84
er schnell. „Bitte hören Sie auf, sich Sorgen zu machen, Meredith.“ Er spürte, dass ihre Anspannung eher noch zunahm. Als sie weitergingen, war das Schweigen zwischen ihnen bedrückend. Was konnte er noch sagen, um Meredith zu beruhigen? Wenn sie doch nur ein bisschen auftauen würde. Das wäre zumindest ein Anfang, auf dem er aufbauen könnte.
„Sie haben leicht reden“, sagte sie leise. Nicht vorwurfsvoll, sondern traurig. „Wenn es Ihnen zu viel wird, können Sie mir Kimberly wieder wegnehmen.“
Das hatte sie also gequält. Anthony war so schockiert, dass er stehenblieb. Meredith ging weiter, und er packte sie unwillkürlich an der Schulter. „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich so grausam sein würde?“, stieß er entsetzt hervor. Er war sich nicht bewusst, dass er ihr wehtat. Wie konnte sie eine so schlechte Meinung von ihm haben?
Meredith stand völlig still. Als Anthony seine Fassung wiedergewonnen hatte, erkannte er, dass Meredith den Atem anhielt und sich aus Angst nicht rührte. Hastig lockerte er den Griff, ließ die Hand zu ihrem Oberarm gleiten und drehte Meredith zu sich herum.
Sie blickte ihn an, doch Anthony hatte das Gefühl, dass sie ihn überhaupt nicht sah. Er fasste sie auch am anderen Arm und wollte sie schütteln, damit sie aus dieser Erstarrung erwachte. Mühsam beherrschte er sich. „Meredith …“
„Was weiß ich über Sie … über den Mann, der Sie jetzt sind?“ Ihre Stimme klang unheimlich … völlig ausdruckslos.
Anthony fühlte sich beklommen. Was meinte sie damit … jetzt? Waren sie sich in einem früheren Leben schon begegnet? Er schüttelte den Kopf über diesen verrückten Gedanken. Von diesem übersinnlichen Quatsch hatte er noch nie etwas gehalten, und es fiel ihm nicht im Traum ein, sich verwirren zu lassen! „Ich bin derselbe Mann, der vor zehn Tagen zu Ihnen gekommen ist und eine Weg finden wollte, Sie und Ihre Tochter wieder zusammenzubringen“, sagte er heftig.
„Warum?“ Merediths Blick wurde plötzlich schärfer. „Haben Sie es für Kimberly getan? Oder für sich selbst? Mir zuliebe ja wohl nicht. Ich bin eine Fremde für Sie. Und ich weiß nicht, wie es weitergeht.“
Anthony erkannte, welche Qualen sie durchmachte, und es versetzte ihm einen Schlag. Sie hatte Kimberly und ihm erzählt, was für einen schweren Weg sie zurückgelegt hatte, und Anthony hatte ihr nicht gezeigt, wohin ihr Weg sie jetzt führen würde. Eine Frau, die keinen Anspruch auf ihr Kind hatte und sich davor fürchtete, dass es ihr wieder weggenommen wurde … Sie hatte gelitten, während Kimberly und er unbeschwert weitergelebt und Meredith einbezogen hatten, wie es ihnen gerade gepasst hatte.
„Ich habe es für Kimberly getan, für ein Kind, das seine richtige Mutter kennenlernen wollte. Als ich zu Ihnen kam, wusste ich nicht, was daraus werden würde. Und ich weiß es jetzt nicht. Das müssen Sie und Kimberly entscheiden.“
„Wie Ihnen sehr wohl klar ist, habe ich kein Recht dazu. Alles hängt von Ihrer Großzügigkeit ab.“
Anthony ließ Merediths Arme los und umfasste ihr Gesicht, damit sie ihn ansehen musste und erkannte, dass er es ehrlich meinte. „Dann nehmen Sie sie an. Ich möchte großzügig sein.“
„Warum?“, flüsterte Meredith.
Anthony war in Versuchung, ihr zu sagen, dass ihn noch keine Frau jemals so aufgewühlt hatte wie sie, doch er wusste, dass es in diesem heiklen Moment nicht die richtige Antwort war. Er musste Meredith beruhigen und ihr die Unsicherheit nehmen. „Ist es so schwer, zu glauben, dass ich Mitleid empfinden kann?“, fragte er lächelnd und streichelte ihr mit dem Daumen sehr sanft die Wange. „Sie haben sich so viele Jahre nach Ihrem Kind gesehnt, und ich will, dass Sie jetzt einmal Mutter sein und Erfahrungen machen dürfen, die Ihnen entgangen sind.“
Sie senkte den Blick, und Anthony spürte, wie sie mit dem rang, was er gesagt hatte. Der Wind wehte ihr langes Haar über seinen Handrücken. Anthony konnte nicht widerstehen und strich es zurück. Meredith schien es nicht zu bemerken.
„Es war sehr nett von Ihnen, mich einzuladen, die Weihnachtsferien mit Ihnen und Kimberly zu verbringen“, bedankte sich Meredith so höflich und steif wie ein wohlerzogener Gast. „Ich werde mich bemühen, Ihnen nicht zur Last zu fallen.“
Anscheinend hatte sie Angst, fehl am Platz und nicht wirklich erwünscht zu sein. Anthony war entsetzt. „Meredith … seien Sie einfach Sie selbst“, bat er sie inständig. Sie war eine
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