JULIA FESTIVAL Band 84
irgendetwas geändert, einmal abgesehen von der entscheidenden Erinnerungslücke?
Wunschdenken, warnte sich Meredith. Nach dem, was Kimberly ihr erzählt hatte, war die Beziehung zwischen Anthony und Rachel Pearce sehr eng. Die Frau war in Sydney zurückgeblieben, aber das bedeutete ja nicht, dass Anthony hier nicht an sie dachte. Außerdem hatten sie miteinander besprochen, auf welche Schule Kimberly gehen sollte, und sich für Rachels ehemaliges Internat entschieden. Das deutete darauf hin, dass sie vorhatten zu heiraten.
Noch waren sie nicht verheiratet. Der Gedanke erschreckte Meredith. Sie begehrte den Mann einer anderen. Einen Moment lang quälten sie Skrupel, doch ihre Gefühle für Anthony waren zu stark, als dass sie die heftige Eifersucht einfach unterdrücken konnte. Ihr hatte er zuerst gehört!
Und sie war ihm nicht gleichgültig. Wie er sie getröstet und in den Armen gehalten hatte, als sie geweint hatte … Und ihr wurde heiß, sobald sie daran dachte, wie er ihre Hand genommen und sie angesehen hatte.
Was würde passieren, wenn sie ihm sagte, dass Kimberly sein Kind sei?
Meredith grübelte darüber, während sie die Veranda entlangging und sich in einen der Peddigrohrsessel setzte, die sie früher an diesem Abend aus dem Haus nach draußen getragen hatten. War es fair, Anthony das aufzubürden?
War es fair, dass er sie mit einem Baby im Stich gelassen hatte und nicht da gewesen war, als sie ihn am meisten gebraucht hatte? Das ist nicht seine Schuld, sagte sich Meredith grimmig. Da er sich nicht an sie erinnert hatte, hatte er sie auch nicht im Stich lassen können.
Aber er würde sich schuldig fühlen, wenn sie es ihm erzählte. Wollte sie, dass er sich ihr zuwandte, weil er ein schlechtes Gewissen hatte? Nein. Er sollte es aus Liebe tun. Im Grunde ihres Herzens wusste Meredith, dass es anders nicht gutgehen würde. Entweder er verliebte sich wieder in sie oder nicht. Sie konnte nur abwarten.
Da sie in dieser Frage zu einem Entschluss gekommen war und Anthony ihr versichert hatte, dass sie Kimberly auf jeden Fall auch nach diesen Ferien sehen würde, hörte Meredith auf, sich Gedanken zu machen, und versuchte sich zu entspannen. Das Geräusch der unablässig an Land rollenden Wellen war wirklich beruhigend.
„Zwei Irishcoffees, bitte sehr!“
Mit Merediths mühsam gewonnenem Seelenfrieden war es sofort vorbei. Als Anthony näher kam, schlug ihr Herz schneller, und sie spürte wieder die quälende Sehnsucht. Verzweifelt versuchte sie, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen, während er das Tablett mit den beiden hohen Bechern auf den Tisch stellte und sich in den Sessel gegenüber setzte.
„Das ist das wahre Leben“, sagte Anthony. „Weit weg von der ganzen Hektik in Sydney. Hier muss ich nicht von einer Minute zur anderen Entscheidungen treffen. Nur Sonne, Sand und Surfen. Nichts kann einen solchen Urlaub übertreffen.“
Er hatte sich wirklich nicht verändert. Der Meinung war er damals auch gewesen.
„Ist es sehr stressig, Banker zu sein?“, fragte Meredith, dankbar, dass er ein unverfängliches Gespräch begann.
„Man muss den Geldmarkt im Auge behalten, und manchmal steht man schon unter großem Druck, aber andererseits ist es auch interessant. Und ich lasse mich nicht von meiner Arbeit beherrschen. Mit der Ausbildung, die ich bekommen habe, ist der Job kein Problem“, erwiderte Anthony selbstbewusst, doch ohne Arroganz.
„Dann hat es sich also gelohnt, nach Harvard zu gehen.“
„Woher wissen Sie, dass ich an der Harvard University war?“, fragte er scharf.
Meredith geriet in Panik. Die Bemerkung war ihr so herausgerutscht, und jetzt musste sie irgendeine plausible Erklärung finden. Meredith rührte die Schlagsahne in den Kaffee, während sie verzweifelt überlegte. Sollte sie einfach behaupten, Kimberly habe es erwähnt? Zu riskant. Das könnte er nachprüfen. Und wenn sie sagte, sie habe es in der Zeitung gelesen? Aber sie wusste nicht, ob jemals ein Artikel über ihn erschienen war. Welche Möglichkeiten hatte sie sonst noch? Nur die Wahrheit.
„Ihre Schwester hat es mir erzählt“, erwiderte Meredith ausdruckslos und wich Anthonys durchdringendem Blick aus. Sie nahm den Becher und lehnte sich zurück.
„Denise? Warum sollte sie mit Ihnen über mich gesprochen haben?“
Wenn ich doch nur nichts von Harvard gesagt hätte, dachte Meredith. Jetzt musste sie unglaublich vorsichtig sein, damit sie ihm nicht zu viel verriet. „Ich wollte über die Familie
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