JULIA FESTIVAL Band 84
zufällig einem alten Bekannten begegnet. Er ist nur über das Wochenende in Sydney. Darum gab ich ihm das Versprechen, morgen mit ihm zu Mittag zu essen. Wir werden zwar verspätet zu deinen Eltern fahren, aber ein paar Stunden spielen ja keine Rolle.“
„Lassen wir es doch am besten ganz“, zischte sie ihn an.
Er seufzte. „Sei doch nicht so unvernünftig, Sarah. Ich werde mich förmlich überbieten, um deinen Eltern zu gefallen. Aber …“
„Erspar dir die Mühe. Du brauchst dich weder für meine Eltern noch für mich anzustrengen. Wir sind miteinander fertig, Julian. Jetzt ist endgültig Schluss!“ Sie streifte den Ring ab und legte ihn sehr betont auf das Armaturenbrett.
Julians überhebliches Lächeln verflog und wich einem gereizten Gesichtsausdruck. „Barmherziger Himmel! Nicht schon wieder einen Wutausbruch wegen deiner Eltern. Du hast mir ja selbst erzählt, dass ihre einzigen Gesprächsthemen der Garten, Blumenschalen für die Terrasse und Bridge sind. Ich werde mich zwar entsetzlich langweilen, bin aber trotzdem bereit …“
„Vergiss es“, unterbrach Sarah ihn noch wütender. „Ab sofort bist du wieder frei wie ein Vogel.“
„Sei nicht kindisch“, wies er sie überheblich zurecht.
„Das bin ich durchaus nicht“, widersprach Sarah ihm scharf.
„Sarah, mach dich nicht lächerlich. Dein Entschluss ist dumm und schadet letztlich nur dir selbst. Schließlich bist du kein junges, unerfahrenes Mädchen mehr, das noch mit vielen Heiratsanträgen rechnen kann. Was ich bisher immer besonders an dir schätzte, ist, wie vernünftig und klar denkend du normalerweise bist.“
In eisigem Schweigen hörte Sarah ihm zu und verkniff sich, auf seine weiteren Argumente einzugehen, bis sie vor ihrem Apartmenthaus ankamen. Dort hielt er wie gewohnt so schroff an, dass sie nach vorn geschleudert wurde. Im nächsten Augenblick sprang sie aus dem Auto, gefolgt von Julian. Ohne auf seine hitzigen Rufe zu achten, ging sie in den offenen Lift und drückte auf den Knopf für ihr Stockwerk. Julian stürzte sich gerade noch rechtzeitig in die Kabine und fuhr mit nach oben. Weil Sarah ihn keines Wortes würdigte, wurde sein Gesicht immer finsterer.
Als sie oben aus dem Lift stieg, packte Julian sie hart am Arm. Doch sie riss sich los und suchte hastig nach ihrem Schlüsselbund. Sachlich und ohne das geringste Gefühl stellte sie plötzlich fest, dass Julian in seinem Zorn ziemlich hässlich aussah. Die Fassade des weltgewandten Mannes bröckelte ab und hinterließ etwas, das nicht sehr angenehm wirkte.
Sarah schloss das Apartment auf. Sie hoffte inbrünstig, dass ihre Freundin Angela, mit der sie es teilte, daheim war. In Anwesenheit eines fremden Menschen würde Julian sich bestimmt ein wenig zurückhalten.
Als Sarah das Rascheln von Zeitungsblättern hörte, schaute sie zum Sofa. Ein großer, kräftiger Mann lag lang ausgestreckt darauf. Seine Füße baumelten über die eine Sofalehne, und der Kopf wurde von einem dicken Kissen gestützt, wahrscheinlich, um besser lesen zu können.
Sarah zögerte überrascht. Wer, zum Teufel, war dieser Mann? Einer von Angelas Verehrern? Wenn ja, musste es ein neuer Freund sein, denn Sarah hatte ihn noch nie gesehen.
Doch wer immer er auch sein mochte, es war ihr nicht wichtig. Zuerst einmal musste sie Julian loswerden, und zwar endgültig. Sie griff nach dem Ordner mit den Dokumenten, der gestern auf dem Couchtisch liegengeblieben war, und drehte sich zu Julian um. Dem hatte es beim Anblick des Fremden offenbar die Sprache verschlagen.
„Hier sind deine kostbaren Dokumente. Da sie dir wichtiger sind als ich, nimm sie endlich an dich und verschwinde sofort.“ Sie drückte ihm entschlossen den Ordner in die Hand.
Wieder raschelte die Zeitung, und Julian schaute gereizt auf den Mann. „Wir müssen unbedingt miteinander reden, Sarah.“
„Es gibt nichts mehr zu reden. Ich eigne mich nun einmal nicht dazu, mich dir und deinen Wünschen anzupassen. Such dir gefälligst einen anderen Fußabtreter, denn ich werde keiner mehr für dich sein, Julian. Lieber bleibe ich allein, als unter deinen Bedingungen mit dir zu leben.“
Er warf den Ordner mit den Dokumenten auf einen Sessel und umklammerte fest Sarahs Oberarme. „Einen Augenblick, meine Liebe. Du kannst nicht einfach deine Meinung ändern, wie es dir gerade in den Sinn kommt. Und wenn ich sage, dass wir miteinander reden, dann werden wir es tun. Klar?“
Vor Empörung über sein herrisches Benehmen kochte sie
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