Julia Festival Band 86
auseinanderzugehen, und dass ihr euch immer noch liebt.“
Ein schmerzliches Schweigen entstand.
„O Dawn“, brach es schließlich aus Annie heraus. „Liebling, wenn es doch nur so einfach wäre!“
„Du kannst die Zukunft deiner Ehe doch nicht nach dem Scheitern der unsrigen beurteilen“, warf Chase brummend ein. „Schatz, wenn ihr beide einander liebt …“
„Was heißt das schon? Du und Mom, ihr habt euch einmal geliebt.“
„Ja, schon. Natürlich haben wir uns geliebt, aber …“
„Und dann habt ihr aufgehört, euch zu lieben, wie alle.“
„Nicht wie alle, Liebes. Das ist eine viel zu große Verallgemei…“
„Es muss schrecklich gewesen sein, zu wissen, dass ihr einander geliebt habt, und dann alles auseinanderbrechen zu sehen.“
Chase schaute Annie an. Hilf mir, schien sein Blick zu besagen, doch sie wusste die Antwort ebenso wenig wie damals, vor fünf Jahren.
„Nun“, meinte er vorsichtig, „es war nicht einfach. Aber das bedeutet nicht …“
„Ihr habt beide euer Bestes versucht, mich aus allem rauszuhalten, aber ich war ja kein kleines Kind mehr. Ich habe Mom weinen hören. Und ich habe auch gesehen, wie rot deine Augen manchmal gewesen sind, Daddy.“
Nick trat beiseite, als Chase die Hand seiner Tochter umschloss.
„Wir wollten dir niemals wehtun, Dawn.“
„Du verstehst mich nicht, Daddy. Ich weine nicht wegen der Vergangenheit, sondern wegen der Zukunft. Wegen etwas, das beinahe garantiert, ganz bestimmt, auch mir und Nick passieren wird. Ich weiß nicht, wieso es so lange gedauert, hat, bis ich das erkannt habe. Wir … wir werden uns gegenseitig das Herz brechen. Genau das wird passieren, und ich will lieber jetzt fortgehen, als das zuzulassen.“
Annie strich ihrer Tochter das Haar aus der Stirn. „Dawn, Schätzchen, ich könnte dir eine Menge Ehen nennen, die erfolgreich gewesen sind.“
„Mehr gescheiterte als erfolgreiche.“
„Ich weiß nicht, woher du diese Idee hast.“
„Das ist keine Idee, sondern eine Tatsache. Meine Dozentin am College in Easton hat uns all diese Statistiken gezeigt, Mom. Die Ehe ist ein Würfelspiel.“
„Bei allem, das wirklich etwas wert ist, gibt es ein gewisses Maß an Risiko“, schaltete Chase sich da ein.
Annie warf ihm einen dankbaren Blick zu. „Genau.“
„Wenn Leute heiraten, sollte ihnen also bewusst sein, dass dies ein Glücksspiel ist?“, wollte Dawn wissen, die vom einen zum andern sah.
Annie räusperte sich. „Nein, so kann man das auch nicht sagen. So sollte man nicht denken.“
„Natürlich nicht“, kam Chase ihr zu Hilfe. „Ein Mann und eine Frau sollten alles daransetzen, dass ihre Ehe gelingt.“
„Und wenn das nicht genug ist?“
„Dann müssen sie noch größere Anstrengungen unternehmen.“
Dawn nickte. „Und dann sollten sie aufgeben.“
„Nein! Was ich damit sagen will, ist … Annie, kannst du das erklären?“
„Was dein Vater meint“, sagte Annie, „ist, dass manchmal ein Mann und eine Frau alles Erdenkliche versuchen und sie es trotzdem nicht schaffen. So wie wir … Aber das heißt nicht, dass alle Ehen zum Scheitern verurteilt sind.“
Seufzend antwortete Dawn: „Wahrscheinlich nicht. Aber die Ehen anderer Leute bedeuten mir im Augenblick nicht viel. Alles, woran ich heute denken konnte, war, wie schön es wäre, wenn ihr beide doch wieder zusammenkommen würdet. Und dann … Als ich glaubte, dass ihr euch geküsst habt …“
„Das haben wir auch“, meinte Chase, und Annies Kopf fuhr hoch. Liebevoll verschränkte Chase seine Finger mit denen seiner Tochter und lächelte ihr zu. „Du hast dir das nicht bloß eingebildet, Schatz. Du und Nick, ihr hattet recht. Ich habe deine Mutter geküsst. Und sie hat mich wiedergeküsst.“
Dawns tränenverschmiertes Gesicht leuchtete auf. „Du meinst … Ihr beide denkt daran, wieder zusammenzukommen?“
„Nein“, erklärte Annie hastig. „Dawn, ein Kuss allein …“
„Bedeutet noch nicht, dass irgendetwas entschieden wäre“, ergänzte Nick. „Stimmt doch, Mr. Cooper, oder?“
Chase schluckte hart.
Dawns Augen füllten sich erneut mit Tränen. „Ach, was soll’s. Ich bin alt genug zu verstehen, dass ein Kuss keinerlei Verpflichtung beinhaltet.“
„Richtig“, erwiderte Annie erleichtert.
„Es gibt eben keine zweite Chance, nicht in diesem Leben.“ Resigniert putzte Dawn sich die Nase.“
„Selbstverständlich gibt es die“, widersprach Chase scharf.
„Nein“, seufzte Dawn. „Schaut euch doch bloß an.
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