Julia Festival Band 86
Zeit zu erkennen, dass die Zukunft ihrer Ehe nicht abhängig war vom Scheitern seiner und Annies.
Nur weil eine Generation Mist baute, musste das der nachfolgenden ja nicht ebenso passieren.
„Und was glaubst du wohl, wie sie sich fühlt, wenn du ihr sagst, dass du gelogen hast?“
Chase schaute auf. Annie war ungeduldig vor ihm stehengeblieben. Auf ihrem Sweatshirt war passenderweise ein Bild von Oskar, dem Griesgram aus der Sesamstraße, zu sehen. Die Augen glänzend in ihrem kalkweißen Gesicht, bebte sie vor Zorn.
Sie war zornig … und unerhört schön.
Eine Ewigkeit war es her, da hatte sie auf diese Weise gebebt, wenn sie in seinen Armen lag, er sie berührte, sie streichelte – ihre Brüste, ihren flachen Bauch, wenn er sich zwischen ihren seidigen Schenkeln bewegte …
„Hast du gehört, Chase Cooper? Wie wird sich unsere Tochter fühlen, wenn sie merkt, dass ihr Wunder nichts als ein Haufen Blödsinn ist?“
„So schlimm ist es doch nicht.“
„Da hast du recht. Es ist noch viel schlimmer.“
„Schau, ich hab’ doch nur versucht, ihr zu helfen.“
„Ha!“
„Okay, okay. Vielleicht habe ich wirklich einen Fehler gemacht, aber …“
„Vielleicht?“ Annies Augenbrauen schossen empor bis zu ihrem Haaransatz.
„Die Worte sind mir einfach so gekommen. Ich wollte doch nicht …“
„Kannst du es nicht einmal zugeben, wenn du unrecht hast?“
„Ich habe doch schon gesagt, dass ich einen Fehler gemacht habe.“
Annie schnaubte. „Du begreifst es immer noch nicht, oder?! Ein ‚Fehler‘ ist, wenn jemand eine Verabredung vergisst. Oder die verkehrte Nummer wählt.“
„Oder etwas in der Hitze des Augenblicks sagt, von dem er glaubt, dass …“
„Du hast gelogen, Chase. Das ist etwas ganz anderes. Aber es überrascht mich nicht.“
Chase stand auf. „Was, bitte, soll das heißen?“
„Nichts“, sagte Annie kalt und wandte sich ab.
„Verdammt!“ Er packte sie bei der Schulter und zwang sie, sich zu ihm umzudrehen.
Annie erstarrte und wand sich aus seinem Griff. „Das führt doch zu nichts.“ Sie ging zum Sofa und setzte sich. „Ich wünschte bloß, ich wüsste, was wir tun sollen.“
„Warum sollten wir überhaupt etwas tun?“ Chase nahm in seinem Sessel von vorhin Platz.
„Dawns Erwartungen werden so hoch sein …“
Seufzend beugte Chase sich nach vorn, die Ellbogen auf den Knien und den Kopf in die Hände gestützt. „Ja …“
„Wie konntest du nur? Wie konntest du ihr das antun?“
„Ich weiß es nicht.“ Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Erschöpfung möglicherweise. Ich habe nicht mehr geschlafen seit … Welches Jahr haben wir eigentlich?“
„Ihr einen solchen ausgemachten Unsinn zu erzählen!“
„Ja, ja. Schon gut.“ Stirnrunzelnd rutschte er auf dem unbequemen Sitz hin und her. „Womit ist der grässliche Sessel überhaupt ausgestopft? Mit Stahlspänen?“
„Pferdehaar, durchaus passend, wenn man bedenkt, dass du zweifellos der größte Vollidiot bist, der mir je untergekommen ist!“
Chase lachte ungläubig. „Vollidiot? Du liebe Güte, Miss Annie, was für eine Ausdrucksweise!“
„Ach, Chase, sag mir lieber, was wir jetzt tun sollen.“
Als er aufstand, zuckte er schmerzlich zusammen, rieb sich zuerst sein Kreuz und danach den Nacken, ehe er ans Fenster trat.
Die Sonne stieg in einem zitronengelben Streifen aus dem Wald hinter dem Haus empor.
„Wir warten, bis die Kids nach Hause kommen“, antwortete er und wandte sich um, um Annie anzusehen. „Und dann sagen wir … sage ich … ihnen, dass ich nie hätte behaupten sollen, dass wir es noch einmal miteinander versuchen würden.“
„Die Wahrheit, meinst du also.“
„Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Ja.“
Annie nickte, erhob sich und ging zur Küche, wohin Chase ihr folgte.
„Ich nehme an, damit willst du dein Gewissen reinwaschen.“
„Ich weiß, dass es nicht so einfach sein wird, aber …“
Annie knallte eine Schranktür zu. „Dummerweise wird das auf mein Gewissen überhaupt keinen Einfluss haben.“
„Wenn du vorhast, wieder eine Kanne Tee oder Kaffee zu machen …“
„Genau das habe ich vor.“
„Nicht für mich.“ Er presste die Hand vor seinen gut durchtrainierten Bauch. „Das letzte Dutzend Tassen gurgelt noch immer in meinem Magen.“
„Vielleicht möchtest du etwas anderes? Heiße Schokolade?“
„Nun ja, das wäre …“
„Oder Schierling vielleicht. Einen schönen großen Becher voll.“
„Du brauchst dich nicht so
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