Julia Festival Band 86
zu verhalten, Annie.“
„Ach nein?“
„Nein.“ Chase ging an den Kühlschrank und öffnete ihn. „Kein Bier da?“ „Nein.“ Annie griff unter seinem Arm hindurch und stieß die Kühlschranktür wieder zu. „Ich trinke kein Bier.“ Chase warf ihr einen Seitenblick zu. „Ich wette, dieser Dichterfritze trinkt auch keins.“
„Der …?“ Annie wurde rot. „Wenn du Milton meinst …“
„Wie wär’s mit einer Diätcola? Oder ist das auch unter deinem Niveau?“
Annie schaute ihn wütend an, stolzierte zur Speisekammertür und riss sie auf.
„Hier“, sagte sie, wobei sie ihm die Dose beinahe in den Magen rammte. „Trink du ruhig deine Cola, auch wenn es gerade mal sechs Uhr morgens ist. Vielleicht macht das deinen Kopf ja klar genug, dass du endlich mit einem vernünftigen Plan herausrückst.“
„Das habe ich doch schon.“ Chase öffnete die Dose und schnitt eine Grimasse, als er einen großen Schluck lauwarme Cola hinunterkippte. Er holte einen Eiswürfelbehälter aus dem Tiefkühlfach, ließ einige Eisstücke in ein Glas fallen und goss die Limonade dazu. „Sobald die Kinder zurück sind, beichte ich ihnen, dass wir es ihnen zuliebe mit der Wahrheit nicht so genau genommen haben.“
„Wir?“, wollte Annie wissen, ihr Tonfall gefährlich sanft.
„Na gut. Ich. Ich habe die Wahrheit etwas weit ausgelegt.“
„Das tust du jetzt gerade, Chase. Sag es. Du hast gelogen.“
Er nahm einen langen Schluck und drückte sich dann das kalte Glas an die Stirn. „Ich habe gelogen. Gut so? Fühlst du dich jetzt besser?“
„Ja. Nein.“ Annie starrte ihn sekundenlang an, wandte sich dann ab und beobachtete, wie der Kaffee langsam durch den Filter lief. „Du hast gelogen, und was habe ich getan?“
Seufzend legte Chase sich die Hand mit dem Colaglas aufs Herz. „Du willst, dass ich schwöre, dass ich alles ins Reine bringe? Das werde ich. Du willst, dass ich dir mein Wort darauf gebe, dass ich ganz klar sage, dass du nichts damit zu tun hast? Auch das tue ich.“
Die Arme vor der Brust verschränkt, erklärte Annie: „Aber ich habe etwas damit zu tun.“
„Was soll das? Was ist denn jetzt schon wieder los?“
Annie ließ sich auf einen der Frühstückshocker fallen. „Ich habe gesagt, dass ich genauso für dieses Durcheinander verantwortlich bin wie du.“
„Sei nicht albern. Ich war derjenige, der gelogen hat.“
Sie rieb sich die Wangen. „Aber ich habe gehört, was du zu Dawn gesagt hast. Ich hätte widersprechen können.“
Chase wurde die Brust eng. „Aber das hast du nicht.“
„Nein.“ Annie schaute erst ihn an und senkte den Blick dann auf ihre Hände, die gefaltet auf der Tischtheke lagen. „Ich habe geschwiegen.“
„Warum?“
Sie seufzte. „Du wirst mich für verrückt halten.“
„Stell mich doch auf die Probe.“
„Weil ich im tiefsten Innern wusste, dass es die einzige Möglichkeit war, sie davon abzubringen, dass sie sich und Nick mit uns vergleicht.“ Sie blickte auf, ihr Ausdruck ein wenig trotzig. „Und?“
„Für verrückt würde ich dich nicht halten.“ Chase lächelte. „Aber du musst gestehen, dass du selbst genau wie ich bis zum Hals in den trüben Gewässern zwischen Flunkerei und Lüge steckst.“
Nickend meinte sie: „Tja, dann müssen wir, wenn sie aus den Flitterwochen zurückkommen, wohl beide zugeben, dass wir die Wahrheit verdreht haben, und das Beste hoffen.“
„Sieht so aus.“
„Dawn wird sehr verletzt sein. Und böse.“
„Sie wird drüber wegkommen.“
„Wir haben ihr gegenüber niemals gelogen, Chase. Sogar als … als wir den Entschluss gefasst haben, unsere Ehe zu beenden, haben wir ihr die Wahrheit gesagt.“
„Nun“, meinte Chase vorsichtig, „vielleicht gibt es ja noch eine andere Möglichkeit. Ich meine …“ Er zwang sich zu einem angespannten Lächeln. „Ich meine, wir könnten doch tatsächlich eine Versöhnung anstreben.“
„Wie bitte?“
„Keine echte, natürlich“, ergänzte er schnell. „Eine vorgetäuschte. Du weißt schon, Zeit miteinander verbringen. Zum Dinner ausgehen, miteinander reden. Solche Sachen.“
Annies Augen, die in diesem Moment sehr dunkel wirkten, weiteten sich. „So tun, als ob?“
„Ja, klar.“ Chases Stimme klang beinahe schroff. „Nur so, dass wir den Kids gerade in die Augen schauen und ihnen sagen können, dass wir es zumindest probiert haben.“
„Nein.“ Annie schüttelte den Kopf. „Das könnte ich nicht.“
„Wieso nicht?“
„Es wäre falsch“,
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