Julia Festival Band 86
kurz, die Absätze waren zu hoch, aber das war egal. Wichtig war nur, dass sie es geschafft hatte. Sie saß hier, einem finster blickenden Matthew Romano gegenüber, der vermutlich argwöhnte, dass sie ihm auf die Schliche gekommen war. Und Susannah war fest entschlossen das Beste aus den ihr zugestandenen fünf Minuten herauszuholen!
„Noch drei Minuten, Miss Madison“, sagte Matthew barsch.
Joe seufzte. „Achten Sie nicht auf ihn, Susannah. Ich darf Sie doch so nennen, oder?“
„Gern.“
„Ich halte nichts von Förmlichkeit, nicht wahr, Matt?“ Joe ignorierte Matthews warnenden Blick. Auf keinen Fall wollte er sich diese seltene Gelegenheit entgehen lassen, sich auf Kosten seines großen Bruders einen kleinen Spaß zu gönnen. „Mein Bruder dagegen ist stets sehr förmlich. Und immer höflich. Heute ist er einfach nicht er selbst. Stimmt’s, Matt?“
„Ich bin völlig ich selbst“, erwiderte Matthew kühl. „Und die Zeit verrinnt.“
„Das ist schon in Ordnung.“ Susannah zog einen Notizblock aus ihrer Handtasche und schob ihn Matthew über den Tisch zu. „Ich brauche nicht viel Zeit, um Ihnen das zu zeigen.“
Matthew warf einen Blick darauf und zog spöttisch die Brauen hoch. „Hieroglyphen? Höchst interessant, aber leider bin ich kein Ägyptologe.“
„Das sind Notizen über ein neues Projekt“, sagte Susannah höflich, obwohl sie ihm den Block am liebsten um die Ohren geschlagen hätte. „Ich habe sie sehr in Eile geschrieben, aber ich lese sie Ihnen gern vor.“
„Nein“, sagte Matthew.
„Ja“, sagte Joe.
Matthew sah seinen Bruder an. „Hattest du nicht einen Termin?“
Joe zuckte nicht mit der Wimper. „Aber nein! Wie sollte ich? Wir wollten doch nach San Francisco zurückfliegen, oder hast du das vergessen?“ Er lächelte Susannah an. „Notizen über ein neues Projekt für ‚CHIC‘? Klingt interessant. Ich habe auch einmal eine Zeitschrift geleitet.“
„Das College-Jahrbuch“, warf Matthew vielsagend ein.
„Sicher sehr interessant“, sagte Susannah vorsichtig.
„Das war es“, bestätigte Joe vergnügt. „Vielleicht kann ich Ihnen bei der Durchführung Ihrer Pläne für Ihre Zeitschrift zur Hand gehen? Ich habe genügend Zeit. Mein Bruder weiß nicht immer, wie er meine Talente richtig einsetzen soll.“
„Ich habe da einige Ideen für deine Talente, die dich überraschen könnten“, sagte Matthew gereizt. „Und Miss Madison hat keine Zeitschrift, sondern ich habe sie, und mein einziges Interesse geht dahin, diese Zeitschrift von ihrem Elend zu erlösen.“
„Genau darum geht es ja bei meinen Notizen, Mr. Romano. Ich habe eine Idee, die ‚CHIC‘ wieder zum Gewinner machen wird.“
Matthew lacht ungläubig. „Sind Sie unter die Zauberer gegangen, Miss Madison?“
„‚CHIC‘ war einmal eine höchst erfolgreiche Zeitschrift für Frauen zwischen achtzehn und fünfunddreißig“, fuhr Susannah unbeirrt fort. Sie blätterte eine Seite in ihrem Notizblock auf. „Sehen Sie sich einmal nur diese Auflagenzahlen an. Jede Zeitschrift im Lande würde alles dafür geben.“
Matthew winkte nach einem flüchtigen Blick ab. „Die Zahlen sind fünf Jahre alt und haben keine Bedeutung mehr.“
„Im Gegenteil! Wir haben all diese Leserinnen verloren, weil wir die falsche Richtung eingeschlagen haben. Die Mehrheit der amerikanischen Frauen dieser Zielgruppe sind berufstätig, verheiratet und haben Kinder. Die wollen keine Rezepte, die zwei Stunden Vorbereitung benötigen, und auch keine Tipps zum Frühjahrsputz. Nein, sie wollen Beiträge, die sie ihre Alltagssorgen wenigstens für eine Weile vergessen lassen. Träume, Mr. Romano. Venedig bei Mondschein. Rezepte für ein Dinner bei Kerzenschein, auch wenn sie sich in Wirklichkeit abends eine Pizza bestellen.“
„Faszinierend“, sagte Matthew spöttisch und blickte auf die Uhr. „Aber ich habe heute Abend eine Verabredung zum Dinner an der Westküste, und …“
„Ich glaube, dass wir unsere Leserschaft und unsere Anzeigenquote verdoppeln können, wenn wir uns auf das eine Interesse konzentrieren, das all diesen Frauen gemeinsam ist.“
„Ihre Zeit ist um, Miss Madison.“ Matthew stand auf. „Joe?“
Joe seufzte und sah Susannah an. „Tut mir leid, aber wo Matthew recht hat, hat er recht.“
„Sex!“, sagte Susannah nachdrücklich.
Die Leute an den umliegenden Tischen horchten auf und blickten neugierig herüber. Matthew setzte sich rasch wieder hin. „Ich hätte es wissen müssen“, sagte
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