Julia Festival Band 86
vorstellen?“
Matthew ignorierte ihn. „Miss Madison“, sagte er schroff. „Ich kann nicht behaupten, dass ich erfreut bin, Sie wiederzusehen.“
„Madison?“, flüsterte Joe. „Susannah Madison?“
„Eben diese“, bestätigte Matthew kalt.
Joe räusperte sich. „Nun … nun, nun.“
Matthew sah ihn verärgert an. „Das Flugzeug, hast du vergessen?“
„Ja, ja.“ Joe streckte lächelnd seine Hand aus. „Es ist mir ein Vergnügen, Miss Madison. Ich bin Joe, Matts Bruder, und er, äh, hat mir schon viel über Sie erzählt.“
Susannah riss den Blick von Matthew los. Was genau konnte das bedeuten? Was hatte dieser schreckliche Mr. Romano über sie erzählt? Wenn er auch über den Vorfall im Besprechungsraum gesprochen hatte, dann war er sicher nicht so ehrlich gewesen, seinem Bruder – der im Übrigen sehr nett aussah – gegenüber zuzugeben, dass er ihre Verwirrung ausgenutzt hatte.
Denn genau das hatte er getan: die Situation ausgenutzt. Andernfalls hätte er sie niemals küssen können, und sie hätte seinen Kuss niemals erwidert. Genau genommen, hatte sie ihn überhaupt nicht erwidert! Warum auch? Sie war schon oft geküsst worden.
Aber noch nie ist mir dabei so heiß geworden, dachte sie und spürte, wie ihr das Blut die Wangen schoss. Hör auf, ermahnte sie sich ärgerlich und nahm Joes dargebotene Hand. „Ich schlage Ihnen einen Handel vor, Mr. Romano“, sagte sie lächelnd. „Wenn Sie neunundneunzig Prozent von dem vergessen, was Ihr Bruder Ihnen von mir erzählt hat, werde ich es Ihnen nicht übel nehmen, dass Sie mit ihm verwandt sind.“
Joe lachte vergnügt. Matthews Augen blitzten eisig.
„Miss Madison, ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Tatsächlich wollten mein Bruder und ich gerade …“
„Eine zweite Tasse Kaffee trinken. Möchten Sie uns nicht Gesellschaft leisten?“
„Joe! Wir müssen das Flugzeug noch bekommen.“
„Matt ist ein kleiner Scherzbold.“ Lachend zog Joe Susannah einen Stuhl zurück. „Das Flugzeug, von dem er spricht, gehört ihm. Es wird nicht ohne ihn abfliegen, stimmt’s, Matt?“
„O ja“, räumte Matt widerwillig ein. „Es geht doch nichts über einen guten Witz.“ Susannah hatte bereits Platz genommen, und Joe setzte sich ebenfalls. Matthew riss sich zusammen. Er hatte heute bereits einmal wegen dieser Frau die Beherrschung verloren. Das sollte ihm nicht noch einmal passieren, schon gar nicht vor Joe. „Okay“, sagte er und setzte sich wieder. „Sie haben fünf Minuten, um mir den Grund für Ihr Kommen zu erklären.“
Susannah nickte. Das waren vier Minuten mehr, als sie erhofft hatte. Nur, wo sollte sie anfangen? In der „CHIC“-Redaktion sang man einhellig Matthew Romanos Lob in den höchsten Tönen. Sie allein wusste, dass er ein eiskalter, berechnender Schuft war, der sogar erwartet hatte, dass sie mit ihm schlafen würde, um das Überleben der Zeitschrift zu sichern.
Das kam für sie natürlich nicht infrage. Und Matthew war ein viel zu kluger Geschäftsmann, um es ihr offen anzutragen. Auf keinen Fall würde er seinen guten Ruf aufs Spiel setzen, indem er eine Klage wegen sexueller Belästigung riskierte. Also hatte er ihr die vierwöchige Gnadenfrist nur eingeräumt, um sie weiter zu quälen. Sie sollte die nächsten Wochen in dem Wissen verbringen, dass die Chancen für „CHIC“ tatsächlich gleich Null waren.
Für Claire und die anderen war sie der Hoffnungsträger. Sie hatte Matthew Romano dazu gebracht, „CHIC“ noch eine Chance zu geben. Sollten all die Hoffnungen und Träume ihrer Mitarbeiter wie eine Seifenblase zerplatzen? Nein! Matthew Romano mochte herzlos sein, aber er war vor allem ein Geschäftsmann, dem es darauf ankam, Gewinn zu machen. Wenn sie es also hinkriegen würde, die Auflage und Anzeigenquote von „CHIC“ zu steigern, würde er nicht so dumm sein, die Zeitschrift einzustellen, nur um sich an der Chefredakteurin zu rächen.
An dem Punkt war ihr die Idee wieder eingefallen, die ihr auf dem Weg von der U-Bahn zur Redaktion gekommen war, und sie hatte Matthew Romanos Sekretärin angerufen. Ihr war nicht viel Zeit geblieben, um Romano noch zu erwischen. Gerade rechtzeitig war ihr in den Sinn gekommen, dass ein professionelleres Outfit vermutlich ihre Chancen steigern würde, angehört zu werden.
Die Lösung war einfach gewesen: ein elegantes schwarzes Kostüm und ein Paar Modellschuhe, die von Modeaufnahmen in der Redaktion geblieben waren. Die Jacke saß eine Spur zu eng, der Rock war zu
Weitere Kostenlose Bücher