JULIA FESTIVAL Band 89
tropfenden Nasen.“
Taylor lächelte amüsiert, doch aus ihrem Blick sprach Mitgefühl. „Das ist nicht wahr.“
„Und ob.“
„Die Figur hast du jedenfalls dafür.“
„Das fanden die Männer auch, aber das Tanzen auf Tischen lag mir nicht.“ Die Arbeit als Lehrerin hatte ihr Respekt im Kreis der Familie verschafft, bei der Arbeit im Krankenhaus hatte sie gewusst, dass sie etwas Sinnvolles tat, doch der Job als Tänzerin hatte ihr nichts als satte Trinkgelder eingebracht. Suzanne hatte sich ziellos gefühlt, bis sie den Job als Küchenchef bekam. „Mein letzte Verlobter …“
„Die Heulsuse?“
„Genau, die Heulsuse. Er hat mir die Arbeit als Chefkoch in dem Café vermittelt, und das ist mehr, als sonst jemand je für mich getan hat.“
„Was ist denn mit ihnen los gewesen?“
„Mit meinen Verlobten?“ Suzanne hob die Schultern. „Ich habe ihre Gefühle für mich zerstört. Und das sehr gründlich.“
„Dass du ganz allein daran schuld warst, kann ich kaum glauben.“
„Doch, ich bin für die Liebe ungeeignet, Taylor. Da kannst du alle drei fragen. Ich bin flatterhaft und nicht ernst genug. Dadurch verletze ich die Männer, und die Verlobungen gehen schnell wieder in die Brüche.“
„Liebe ist Mist.“ Taylor sagte das mit solch einer Überzeugung, dass Suzanne annahm, sie müsse eigene Erfahrungen haben. Gerade wollte sie danach fragen, da bemerkte sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung an der Tür.
Ihr Kopf fuhr herum. Ryan stand dort, und sein kräftiger Körper füllte den Türrahmen fast vollständig aus. Seiner missmutigen Miene nach zu urteilen, hatte er jedes Wort mitgehört.
Allein bei seinem Anblick klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Werde ich denn nie vernünftig, dachte sie ärgerlich.
„Du hast recht, Liebe ist Mist. Und ich habe die Nase endgültig voll von Männern“, sagte sie zu Taylor, ohne den Blick von Ryan zu nehmen.
„Ha, wer braucht schon die Männer?“ Taylor drehte sich jetzt auch zur Tür um, und als sie Ryan entdeckte, biss sie sich betreten auf die Lippe. Doch im nächsten Moment lächelte sie übermütig. „Allerdings muss ich zugeben, dass sie hin und wieder ganz nützlich sein können. Zum Beispiel zum Entspannen beim Sex. Was meinst du, Suzanne?“
Ryan verzog spöttisch den Mund. „Ja, Suzanne, was meinst du?“
„Ich meine, dass ich jetzt keinen Besuch in meiner Küche brauche.“ Um ihre Verlegenheit zu überspielen, zog sie Taylor einfach das Tablett mit den Pilzen weg und brachte es in Sicherheit.
Taylor lachte nur und sprang vom Tresen. Mit beiden Händen strich sie sich das lange blonde Haar, das sie heute offen trug, nach hinten und gab Suzanne einen Kuss auf die Wange. „Werd jetzt bloß nicht prüde. Ich wollte nur meine These klarstellen.“
„Und die lautet?“
„Man kann sehr wohl Sex mit einem Mann haben, ohne dabei gleich seine Unabhängigkeit aufzugeben.“ Taylor beugte sich zu ihr vor und flüsterte übertrieben laut: „Mit anderen Worten: Schnapp ihn dir.“ Dann straffte sie die Schultern, ging zur Tür und zwinkerte Ryan zu, als sie sich an ihm vorbeischob. „Bis später.“
Ryan löste sich vom Türrahmen und kam unschlüssig näher.
„Ich meine es ernst.“ Demonstrativ wandte Suzanne ihm den Rücken zu und begann heftig in einer Schüssel zu rühren. „Ich brauche keinen Mann.“
Noch vor ein paar Wochen hätte Ryan behauptet, er brauche auch keine Frau. Aber jetzt, wenn er Suzanne so ansah, verspürte er eine Sehnsucht nach ihr, die ihm bislang vollkommen fremd gewesen war. Ja, er brauchte eine Frau. Er brauchte Suzanne.
„Ich brauche überhaupt niemanden“, murmelte sie vor sich hin.
„Du wiederholst dich.“ Er stellte sich hinter sie, legte ihr die Hände um die Taille und blickte über ihre Schulter hinweg in die Schüssel. „Was wird das?“
„Ein Brotteig.“ Suzanne seufzte, entzog sich ihm aber nicht.
Das wertete Ryan schon als Forschritt.
„Hast du vielleicht Hunger?“, erkundigte sie sich. „Natürlich musst du Hunger haben, schließlich arbeitest du schon den ganzen Tag, ohne zu essen. Komm setz dich, dann werde ich …“
Das Licht flackerte und erlosch.
Sie gab einen verärgerten Laut von sich, und Ryan strich ihr besänftigend über die Hüften. Es gefiel ihm, dass sie ihm Essen anbot. „Ach, entschuldige, aber ich hatte ganz vergessen, weswegen ich eigentlich in die Küche gekommen bin. Der Strom wird für eine Weile abgestellt, während Rafe einen Ast absägt, der zu dicht
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