JULIA FESTIVAL Band 95
Leona ihr erklärt, dass Arielle nicht für immer bleiben würde. Anna Jane begriff das zwar, aber sie wollte es nicht glauben.
Sie wollte, dass Arielle sie so liebte, wie Nana B. es getan hatte. Sie wollte zu jemandem gehören. Ihre Mutter hatte zu ihrem Vater gehört. Onkel Jarrett gehörte zu seinem Wirtschaftsimperium. Anna Jane gehörte zu nichts und niemandem. Zu Arielle zu gehören wäre schön.
Arielle musterte das hübsche Mädchen, das so still auf dem Bett saß. „Du siehst ernst aus“, stellte sie lächelnd fest. „An was denkst du?“
„Nichts“, kam es leise zurück.
„Bis zum Essen haben wir noch Zeit. Wir könnten etwas unternehmen“, schlug Arielle vor.
Anna Jane zuckte nur mit den Schultern.
„Möchtest du etwas spielen?“
Wieder ein Schulterzucken, bei dem eine kleine Hand an der Bettdecke zupfte.
„Wir könnten das Haus erkunden. Ich habe noch nicht viel davon gesehen. Es ist groß, und wir könnten so tun, als hätten wir uns verirrt. Leona könnte uns suchen.“
Schweigen. Arielle ging noch einmal das Gespräch durch. Sie hatten über Anna Janes Schwierigkeiten in der Schule gesprochen. Und darüber, dass sie selbst nicht wusste, ob sie Kinder hatte. Das war es!
Sie rutschte dichter an Anna Jane heran und legte den Arm um ihre Schultern. „Du vermisst deine Mutter, nicht wahr?“
Anna Jane hob den Kopf. Tränen standen in ihren Augen, und eine glitt gerade die Wange hinab. „Nein“, flüsterte sie. „Ich bin schlecht.“
„Honey, du bist alles Mögliche, aber ganz bestimmt nicht schlecht. Erzähl mir, was los ist.“
„Das kann ich nicht. Dann magst du mich nicht mehr.“
„Das bezweifle ich. Es sei denn, du willst mich an Piraten verkaufen oder das Haus niederbrennen.“ Behutsam schüttelte sie das Mädchen. „Komm schon, heraus damit. Ich verspreche dir, ich bin nicht so leicht zu schockieren.“
Anna Jane schluckte. „Meine Mutter ist gestorben.“
Sie presste die Lippen aufeinander. Arielle widerstand der Versuchung, noch mehr Fragen zu stellen. Sie spürte, dass es besser war zu warten. Es war, als hätte sie eine ähnliche Erfahrung gemacht. Hatte sie das?
„Ich vermisse sie“, sprach Anna Jane stockend weiter. „Irgendwie. Aber nicht so wie Nana B.“
„Deine Kinderfrau?“
„Ja.“ Anna Jane wischte sich die Tränen ab. „Sie hat sich im September zur Ruhe gesetzt, als ich auf die neue Schule kam. Sie lebt bei ihrer Schwester. Ich vermisse sie so.“ Die Kleine unterdrückte ein Schluchzen.
„O Honey, natürlich vermisst du sie. Sie war jeden Tag für dich da. Ich weiß, dass sie dich auch vermisst.“ Spontan drückte sie Anna Jane an sich. „Ich hatte nie eine Kinderfrau. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Aber ich kann mir denken, dass es eine ganz besondere Beziehung ist. Es ist schwer für dich, in so kurzer Zeit deine Kinderfrau und deine Mutter zu verlieren. Kein Wunder, dass du eine Freundin wolltest.“
„Sie haben sie gebeten, wieder zurückzukommen“, erzählte Anna Jane und bekam Schluckauf. Mit ihren kleinen Händen klammerte sie sich an Arielle. „Ich habe es gehört. Aber ihre Schwester war gestürzt und hatte sich die Hüfte gebrochen, deshalb konnte Nana B. nicht weg. Aber ich wollte, dass sie kommt.“
„Ich weiß.“ Arielle musste mehrmals blinzeln, um nicht selbst zu weinen. Sie strich dem traurigen Kind über Kopf und Schultern. „Du liebst und vermisst sie. Manchmal macht dir das Angst, weil du denkst, dass es falsch ist, sie so sehr zu lieben. Aber es ist nie falsch, jemanden zu lieben.“
„Aber ich liebe sie mehr als Mommy. Das ist falsch.“
Endlich. Das war der Kern des Problems. Sie atmete den Duft des kleinen Mädchens ein und spürte die Wärme ihres Körpers. Der Moment hatte etwas Vertrautes. Ihre Erinnerung schien sich zu regen, aber sie bekam sie nicht zu fassen.
„Es gibt in der Liebe kein Mehr und kein Weniger. Und es ist auch nichts Falsches daran, jemandem sein Herz zu schenken. Du hast sie auf unterschiedliche Weise geliebt, weil sie verschiedene Plätze in deinem Leben einnahmen. Nana B. hat all die kleinen Augenblicke mit dir geteilt. Unser Leben besteht aus ganz vielen kleinen Augenblicken, also erinnern wir uns daran und vermissen sie mehr, weil es so viele davon gibt.“ Sie lächelte. „Verstehst du das?“
Anna Jane schluchzte. „Ja.“
„Gut. Also wirst du an manchen Tagen Nana B. vermissen und an anderen deine Mutter. Du darfst nie denken, dass es falsch ist,
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