JULIA FESTIVAL Band 95
Frau gewesen? Und warum war sie nicht vor dem Feuer geflohen? Welches Geheimnis barg Jarretts Vergangenheit? Eine andere Frau hatte den Panzer durchdrungen, mit dem er sich umgab. Sie spürte einen Anflug von Eifersucht. Ihre Gefühle für Jarrett waren ein einziges Chaos, und sie schien keinerlei Ordnung hineinbringen zu können.
Aber das machte nichts. Die Berichte hatten bestätigt, was sie längst geahnt hatte. Sie wusste nicht, wer sie war und woher sie kam, aber eins stand fest: Sie gehörte nicht in Jarrett Wilkensons Welt.
Anna Jane würfelte, zählte die Felder ab und jubelte. „Noch eine Eisenbahnlinie. Die will ich kaufen.“
Arielle zog die Augenbrauen hoch. „Sie hortet Immobilien. Das muss in der Familie liegen.“
Jarrett zeigte auf ihre Felder, auf denen sich grüne Mietshäuser und rote Hotels drängten. „Du bist auch nicht schlecht. Ein paar Adressen würde ich dir gern wieder abnehmen.“
„Keine Chance.“ Lachend warf sie die blonden Locken über die Schulter.
Er schmunzelte. Sie spielten jetzt seit etwa zwei Stunden. Im Arbeitszimmer warteten mehrere Faxe und Email-Nachrichten für ihn, aber er brachte es nicht fertig, aufzustehen und hinüberzugehen. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben war etwas anderes wichtiger als seine Geschäfte.
Obwohl es noch nachmittags und recht warm war, brannte im Kamin ein Feuer. Das gehörte für Anna Jane zu Weihnachten, und er hatte sie nicht enttäuschen wollen. In der Ecke blinkte der riesige Christbaum, und überall, auf den Tischen, an den Wänden und Türrahmen, befanden sich geschmückte Pinienzweige. Er versuchte sich zu erinnern, wann er zuletzt in einem weihnachtlich dekorierten Haus gewesen war, doch es gelang ihm nicht.
Er war Arielle dankbar, dass sie es vorgeschlagen hatte. Nicht nur wegen Anna Jane, sondern auch seinetwegen. Auch er konnte ein wenig Freude und Zuversicht in seinem Leben gebrauchen.
Arielle würfelte, ging um das Spielbrett herum und sammelte mit triumphierender Miene ihr Geld ein. „Ich brauche mehr Grundstücke, sonst seid ihr Haie mir bald zu weit voraus.“
Anna Jane lachte fröhlich, und der helle, glockenreine Klang ging ihm ans Herz. Das Kind bedeutete ihm schon jetzt mehr, als er es je für möglich gehalten hatte.
Eine innere Stimme fragte ihn spöttisch, ob er etwa daran dachte, in seinem Alter noch eine Familie zu gründen. Mit dem Hinweis, dass er erst zweiunddreißig war, brachte er sie zum Verstummen. Er war noch jung genug dazu. Aber er hatte früh im Leben beschlossen, nie wieder jemanden zu lieben, und seine Vergangenheit hatte ihn darin bestärkt.
Sich um Anna Jane zu kümmern war ungefährlich, denn sie war ein Kind und eine Angehörige. Er konnte ihr zweiter Vater sein. Eine Frau zu lieben war etwas ganz anderes. Liebe und Vertrauen waren aus seinem Wortschatz gestrichen.
Und doch … Er sah, wie Arielle sich gedankenverloren das Haar von der Schulter schob, und wünschte, er könnte sie in den Arm nehmen und küssen.
„Onkel Jarrett, du bist dran“, verkündete Anna Jane und reichte ihm den Würfel. „Du passt nicht auf.“
„Entschuldigung.“
Er würfelte und landete auf einem von Arielles Hotels. Nach kurzem Zögern nannte sie ihm die Miete.
„Ich könnte dir die Miete allerdings stunden“, sagte sie. „Schließlich warst du mir ein großzügiger Gastgeber.“
Er schaute in ihre grünen Augen. „Vielleicht könnten wir uns irgendwie einigen.“
Es dauerte einige Sekunden, bis sie begriff, worauf sein Vorschlag hinauslief. Ihre Wangen röteten sich bis zu den Schläfen.
„Du musst bezahlen, Onkel Jarrett“, protestierte Anna Jane. „Du kannst dich nicht drücken.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Nennst du mich etwa einen Drückeberger?“
Das Mädchen lächelte. „Nein, aber du benimmst dich wie einer.“
Er zog sie an sich und kitzelte sie. „Lass mich los“, kreischte sie und stemmte sich lachend gegen seine Brust.
Er gab sie frei, und anstatt von ihm abzurücken, schmiegte sie sich an ihn. „Wir haben dich vermisst.“
Jarrett strich ihr über das seidige Haar. „Ich dich auch.“
Sie sah zu ihm hoch. „Arielle auch?“
Er warf Arielle einen Blick zu. „Euch beide.“
Seine Worte waren an das Kind gerichtet, doch ihre Botschaft galt der Frau. Er hatte sie vermisst. Mehr, als er sollte … und wollte.
Als es an der offenen Tür klopfte, hoben sie alle den Kopf. Leona stemmte die Hände in die Seiten. „Ich will nicht stören, aber du, meine Kleine,
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