JULIA FESTIVAL Band 95
Freizeithemdes. Die Gesichtszüge waren fast ein wenig exotisch, mit den etwas schrägen, leicht asiatischen Augen und stark ausgeprägten Wangenknochen. Um seinen festen Mund lag ein entschlossener Zug. Wie hatte sie sich vor Jahren zu ihm hingezogen gefühlt, wenn sein leidenschaftliches Naturell sie auch oft genug geängstigt hatte. Ganz gleich, wie sehr sie sich auch einzureden versuchte, dass sie damals jung und unerfahren gewesen war: Ihre Gefühle für ihn hatten sich in all den Jahren nicht geändert.
„Elissa.“
Beim Klang der tiefen Stimme bekam sie eine Gänsehaut. Jetzt würde er unzählige Fragen stellen. Sie war dagegen gewappnet. Doch die Fragen blieben aus. Er sah sie nur an.
„Aha, ihr seid euch also schon begegnet“, bemerkte Millie gut gelaunt. „Wie praktisch.“
Elissa blickte zu ihr hinüber. Bemerkte Millie denn nicht, wie gespannt die Atmosphäre war? Es knisterte doch förmlich.
„Es ist schon eine Weile her“, erklärte Cole und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Sind es jetzt fünf Jahre?“
„Vier Jahre und acht Monate“, erwiderte Elissa, ohne zu überlegen. Ärgerlich über sich selbst biss sie sich auf die Unterlippe. Was Dümmeres war ihr wohl nicht eingefallen.
„Fünf Jahre. Meine Güte, wie jung ihr damals gewesen seid.“ Millie sah sie beide forschend an. „Ihr könntet mir jetzt sicher eine faszinierende Geschichte erzählen, aber verschieben wir das auf später. Cole, wenn du nichts dagegen hast, würde ich Elissa gern ein wenig herumführen und ihr ihre Zimmer zeigen.“
„Nicht so eilig, Millie“, sagte er abweisend.
Elissa bemerkte erst jetzt, dass sie den Atem anhielt. Ihre Schwestern hatten also recht gehabt, als sie ihr davon abrieten, Cole zur Rede zu stellen. Sie hatte natürlich nicht damit gerechnet, mit offenen Armen empfangen zu werden, aber sie hatte es wenigstens versuchen wollen. Denn sie wollte endlich Klarheit gewinnen. Und diese Klarheit konnte ihr nur der Mann geben, der sie jetzt so misstrauisch betrachtete.
Millie ging um ihren Schreibtisch herum und baute sich vor Cole auf. „Überlege dir gut, was du jetzt sagst, Cole.“ Bei jedem Wort tippte sie ihm nachdrücklich auf die Brust. „Wir brauchen dringend Hilfe. Und Elissa ist seit einem Monat die erste Bewerberin, die für uns infrage kommt. Ich habe keine Lust, bis ans Ende meiner Tage Überstunden zu machen. Also hör mit deinem machohaften Getue auf, sonst bist du mich auch gleich los.“
Cole straffte die Schultern. „Was willst du damit sagen?“
„Ich weiß, dass du hier der Leiter bist und das letzte Wort hast. Aber ich warne dich, Cole. Wenn du mir nicht einen plausiblen Grund dafür nennen kannst, wieso Elissa nicht hier arbeiten soll, nachdem ich sie bereits eingestellt habe, gehe ich mit ihr.“ Millie sah ihren Chef ungerührt an.
Das war eindeutig. „Millie, Sie brauchen sich nicht so für mich einzusetzen“, sagte Elissa hastig. Keineswegs wollte sie, dass sie ihren Job riskierte.
„Ich tue es nicht Ihretwegen“, entgegnete Millie, ohne Cole aus den Augen zu lassen. „Und er weiß es auch. Also, Cole, wie geht’s jetzt weiter?“
„Du möchtest also einen plausiblen Grund?“
„Genau das.“
„Nun gut, dann sollst du es erfahren. Elissa kann nicht hierbleiben, weil sie meine Frau ist.“
Wenn Cole in diesem Moment gehofft hatte, Millie zum ersten Mal während ihrer langjährigen Freundschaft sprachlos zu sehen, so wurde er jetzt enttäuscht. Mit keinem Wimperzucken zeigte sie ihre Überraschung.
„Na und? Sagst du mir nicht immer, dass ich mich nicht in dein Privatleben einmischen soll?“, fragte sie, ohne zu zögern. „Wenn du uns jetzt bitte entschuldigen würdest, ich möchte Elissa endlich herumführen.“
Da Cole nach wie vor bewegungslos an der Tür stand, hatten die beiden Frauen keine Chance, das Büro zu verlassen. Noch wollte er sich nicht geschlagen geben.
„Es war kein Scherz, Cole. Du weißt, wie sehr ich mich für das Waisenhaus einsetze. Aber ich kann nicht mehr. Und wir beide wissen sehr gut, dass du ohne mich in der Klemme bist.“
„Warum muss es ausgerechnet sie sein?“, fragte Cole gequält. Er bemühte sich, Elissa zu ignorieren. Aber was nützte es, dass er sie nicht ansah? Er spürte ihre Gegenwart, und in ihm erwachte etwas zum Leben, das er längst tot geglaubt hatte. Verzweifelt lehnte sich alles in ihm dagegen auf, dass sie wieder in sein Leben zurückkehrte.
„Es hat sich niemand sonst beworben“, gab
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