JULIA FESTIVAL Band 95
Gesichter. Sogar Schnappschüsse von ihm selbst waren dazwischen. Anscheinend suchte er etwas Bestimmtes.
Plötzlich hielt er inne. Schweigend reichte er Elissa ein Foto hinüber. „Ach, du meine Güte. Kayla, Fallon und ich. Wir haben diese gleichen Kleider abgrundtief gehasst.“ Elissa starrte auf das Foto. Drei junge Mädchen, die in ihren grünen Kleidern und mit den passenden Bändern im blond gelockten Haar völlig identisch aussahen, blickten ihr beinahe feierlich entgegen.
„Es muss bei unserem ersten Besuch hier geknipst worden sein“, sagte Elissa nachdenklich. „Wir sehen ganz schön affektiert aus. Ihr habt uns wohl nicht besonders gemocht, wie?“
„Nein, überhaupt nicht. Ihr kamt in einem riesigen Wagen angefahren, der voller Geschenke war. Auf uns habt ihr wie Prinzessinnen aus einer anderen Welt gewirkt.“
„Das waren wir keineswegs. Beim ersten Mal waren wir nur unbeholfen. Später war es dann besser. Ich kann mich auch noch genau an unser erstes Zusammentreffen erinnern.“
Cole schwieg. Er wollte sie nicht dazu ermutigen, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, aber Elissa merkte es nicht.
„Du bist in das Orangenwäldchen geflüchtet. Dort fand ich dich mit einem Buch in der Hand. Du warst damals schon ziemlich groß, und dein Blick ging mir durch und durch.“
Cole konnte sich ganz genau an den Augenblick erinnern, als das Knacken eines Zweiges ihn von seiner Lektüre aufblicken ließ und ein junges Mädchen direkt vor ihm aus dem Schatten der Bäume ins Sonnenlicht trat. Sie erschien ihm beinahe wie ein Engel. Das Sonnenlicht hatte sich in ihrem goldenen Haar gefangen. Ihr Lächeln war so herzlich, dass sie damit die Schutzmauer, mit der er sich stets umgab, durchbrach.
Bis zu diesem Tag hatte er sich nicht im Geringsten für Mädchen interessiert, im Gegenteil, er fand das andere Geschlecht äußerst nervig. Und auch damals, er war gerade fünfzehn Jahre alt gewesen, hatte dieses Gefühl, das ihn zu ihr hinzog, nicht das Geringste mit Liebe zu tun. Es war lediglich ein erster Kontakt. Verliebt hatte er sich später in sie.
„Ich bin zu dir gekommen, Cole, und habe dir Guten Tag gesagt. Aber du hast mich nur weggeschickt. Es ist jetzt fünfzehn Jahre her, aber daran hat sich anscheinend bis heute nichts geändert. Eigentlich sollten wir doch allmählich Fortschritte machen.“
Der schmerzliche Ausdruck in ihren Augen strafte die Leichtigkeit ihrer Worte Lügen.
Cole wollte nicht wahrhaben, dass sie sich verletzt fühlte. „Vielleicht hättest du ja damals auf mich hören sollen“, sagte er.
„Und weggehen, meinst du? – Nein. Dann hätten wir niemals miteinander gesprochen, hätten uns niemals kennengelernt.“ Ihre grünen Augen verdunkelten sich. „Ganz gleich, was mit uns geschehen ist, ich habe nie bereut, dich kennengelernt oder dich geheiratet zu haben. Es würde mir leidtun, wenn du es anders empfindest.“
Während Elissa schweigend fortfuhr, die Fotos zu sortieren, hatte Cole Gelegenheit, sie zu beobachten.
Sie trug ihr Haar heute offen. Es fiel weich über ihre Schultern und auf den Rücken. Er konnte sich sehr gut an das Gefühl erinnern, das die Berührung ihrer seidigen Locken stets in ihm hervorgerufen hatte. Das dezente Make-up betonte die klaren grünen Augen, und Rouge unterstrich sanft ihre ebenmäßigen Gesichtszüge. Nur der Zug um ihren Mund schien ihm ernster als früher zu sein.
Glücklicherweise hatte sie die Art, sich zu kleiden, beibehalten: mit weich fließenden Kleidern, die ihre weiblichen Rundungen nur ahnen ließen. In einer Welt von Blue Jeans und T-Shirts wirkte sie direkt ein bisschen altmodisch. Wie hatte ihm dieser Anblick gefehlt!
Elissa hielt ihm ein Bild unter die Nase. Es zeigte ihn nach bestandenem Juraexamen vor acht Jahren. Das scheue Mädchen an seiner Seite war Elissa.
„Unser erstes Rendezvous“, sagte sie.
„Du siehst aus wie fünfzehn.“
„Ich wurde zwei Wochen später siebzehn. Trotzdem waren wir beide noch Kinder. Und du sahst so ernst aus. Irgendwie hattest du immer das Gefühl, dir und den anderen etwas beweisen zu müssen.“ Elissa legte das Foto auf den Stapel zurück. „Was ist eigentlich mit dieser Anwaltskanzlei in New York? Wolltest du nicht Teilhaber werden? Was ist geschehen?“
„Du willst wissen, warum ich stattdessen hier bin?“
„Ja. Warum hast du alles aufgegeben?“
„Ich hatte einfach keine Lust mehr, immer neuen Zielen hinterherzulaufen. Außerdem wusste ich, dass das
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