JULIA FESTIVAL Band 97
standhaft geblieben war, denn in diesen vier Tagen war er sich über vieles klar geworden. Ob sie noch einmal von vorn anfangen konnten? War es naiv von ihm, zu glauben, es würde diesmal gut ausgehen?
Um kurz vor zwölf landete der Pilot auf dem kleinen Platz hinter der Villa, und wie immer wurde Milos von Stelios empfangen. „Willkommen zurück, kirieh “, grüßte dieser. „Hatten Sie eine gute Reise?“
„Sehr gut“, erwiderte Milos, weil er wusste, dass Stelios diese Antwort von ihm erwartete. „Ist alles in Ordnung? Würden Sie Andrea bitte ausrichten, dass ich heute Abend zu Hause esse?“
„Allein, kirieh ?“, erkundigte Stelios sich höflich, während sie zur Terrasse gingen.
Milos hoffte, das Schicksal nicht herauszufordern, als er ihm sagte, dass er einen Gast erwarte. „Die genaue Uhrzeit teile ich Andrea heute Nachmittag mit“, fuhr er fort. „Erst mal möchte ich meine Schwester in San Rocco besuchen.“
„ Kiria Rhea, kirieh ?“
Milos presste die Lippen zusammen. „Wen sonst?“, sagte er angespannt. „Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, Stelios …“
„ Kiria Rhea ist nicht in San Rocco, kirieh “, informierte Stelios ihn, als Milos aufs Haus zuging. „Ich glaube, sie ist bei The spinis Melissa in Aghios Petros.“
Was?
Gereizt blickte Milos den alten Mann an, doch dieser konnte schließlich nichts dafür, dass man ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. „Das wusste ich nicht“, erklärte er. Also würde er wohl erst am nächsten Tag mit seiner Schwester sprechen können.
„Ich glaube, sie hat gestern Abend versucht, Sie anzurufen“, sagte Stelios. „Aber Sie sind nicht ans Telefon gegangen.“
„Nein.“ Milos fluchte leise. Er hatte sein Handy ausgeschaltet, bevor er zu dem Essen gegangen war. „Ich wünschte nur, sie hätte mir erzählt, dass sie wegfährt.“
„Es war anscheinend ein spontaner Entschluss, kirieh . Sie waren nicht erreichbar. Sie dachte wohl, es sei das Beste.“
Milos blinzelte. „Was ist passiert? Hat sie das Haus niedergebrannt?“
„Nein, kirieh .“ Die Miene des alten Mannes war ernst. „Soweit ich weiß, ist man übereingekommen, dass es für alle Beteiligten die beste Lösung ist.“
Allmählich beschlich Milos ein ungutes Gefühl. „Hat Kiria Shaw sie eingeladen?“
„ Kiria Shaw?“ Nun wirkte Stelios verwirrt. Dann hellte seine Miene sich auf. „Ach, Sie meinen Kirieh Campbells Tochter.“
„Richtig.“ Es fiel Milos schwer, sich zu beherrschen. „Die junge Frau, die ich vor vier Tagen mit hierhergebracht habe.“
„Ah.“ Stelios nickte. „Ich dachte, Sie wüssten es. Kiria Shaw ist nach England zurückgekehrt.“
Nun hatte Milos das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. „Sagten Sie gerade, Kiria Shaw sei nach England zurückgekehrt?“, fragte er rau. Mit zittriger Hand fuhr er sich durchs Haar und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. „Wann ist sie abgereist?“
„Ich glaube, einen Tag nach Ihnen“, erwiderte Stelios, ohne seine Aufregung zu bemerken. „Also am Freitag, stimmt’s? Ja, Sie sind Donnerstagnachmittag geflogen.“
„Das weiß ich“, sagte Milos grimmig. „Ich verstehe nur nicht, warum sie abgereist ist, verdammt!“ Er schüttelte den Kopf. „Was, zum Teufel, ist hier los?“
Stelios verspannte sich. Offenbar wurde ihm erst jetzt bewusst, dass Milos ihn zum Sündenbock machte, und das gefiel ihm nicht. „Ich habe keine Ahnung, kirieh “, antwortete er, was Milos ihm allerdings nicht glaubte. „Soll ich Andrea sagen, dass Sie doch zu Mittag essen wollen?“
Milos seufzte. „Nein!“ Dann merkte er, dass der alte Mann gekränkt war. „Ich weiß, dass Sie mir etwas verschweigen, Stelios. Es tut mir leid, wenn ich unhöflich zu Ihnen war, aber … na ja, ich bin ziemlich perplex.“
„Ich glaube, Kiria Shaw war auch sehr überrascht, kirieh “, erwiderte Stelios steif. „Was das Mittagessen angeht …“
Am liebsten hätte Milos laut geflucht, doch ihm war klar, dass es ihn nicht weiterbrachte. „Kommen Sie, Stelios, wir kennen uns doch gut. Bitte sagen Sie mir, was hier los ist.“
Ärgerlich und resigniert zugleich zuckte Stelios die Schultern. „Ich glaube, Kiria Shaw hat schlechte Nachrichten bekommen“, sagte er dann vorwurfsvoll.
Milos’ Miene verfinsterte sich. „Was für Nachrichten?“ Ihm kam ein Gedanken. „Ging es um ihre Mutter?“
„Sie sagten, Sie wüssten es nicht“, beklagte sich Stelios. „Anscheinend
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