JULIA FESTIVAL Band 97
Vermutlich schon. Wie hätte sie sich ihm anvertrauen können, wo sie doch geglaubt hatte, er sei verheiratet und seine Frau warte in Griechenland auf ihn? Das wäre noch erniedrigender gewesen, und sie hatte es nie ernsthaft in Erwägung gezogen.
Stattdessen erzählte sie alles Richard Shaw. Sie behauptete, sie wäre auf einer Party eines Freundes ihrer Mutter gewesen und hätte zu viel getrunken. Und als er ihr anbot, sie zu heiraten, ließ sie sich darauf ein. Er verlangte von ihr nur, dass sie alle, auch ihre Mutter, glauben machte, das Kind wäre von ihm.
Sheila wiederum machte keinen Hehl aus ihrem Entsetzen über die ungewollte Schwangerschaft und die Heirat mit Richard, in der sie die einzige Möglichkeit sah, den guten Ruf der Familie zu retten.
Dennoch war Helen klar, dass sie mit siebzehn viel zu jung für einen so großen Schritt war. Sie hätte besser daran getan, bis nach der Geburt zu warten. Das war allerdings nicht möglich gewesen, weil ihre Mutter ihr jede Unterstützung versagte.
Helen seufzte und legte das Handtuch weg, um den BH und den Slip anzuziehen, die sie mit ins Bad genommen hatte. Vorher stand sie allerdings einen Moment da und betrachtete sich im Spiegel.
Was sie sah, war eine erwachsene Frau und nicht mehr das unschuldige Mädchen von damals. So sehr hatte sie sich jedoch nicht verändert, zumindest nicht äußerlich. Sie war immer noch schlank, und falls ihre Brüste ein wenig voller waren, lag es daran, dass sie Melissa drei Monate lang gestillt hatte. Auch ihre Hüften waren runder, und ihr flacher Bauch hatte einige Dehnungsstreifen. Eine atemberaubende Schönheit war sie nicht. Warum hatte Milos sie dann wiedersehen wollen? Warum hatte er sie geküsst? Gab es nicht genug griechische Frauen, mit denen er seine Bedürfnisse stillen konnte?
13. KAPITEL
Erst vier Tage später konnte Milos nach Santonos zurückkehren.
Die Konferenz war ein großer Erfolg gewesen, denn viele Öl produzierende Nationen hatten einen Vertrag zur Reduzierung von umweltbelastenden Stoffen unterschrieben. Deshalb erwartete man allerdings auch, dass alle Teilnehmer während der gesamten Veranstaltung anwesend waren und ebenso beim abschließenden Abendessen mit Ehepartnern, bei dem zahlreiche Reden gehalten wurden.
Milos wäre es lieber gewesen, nicht hinzugehen, zumal er keine Lust hatte, eine Begleiterin mitzunehmen. Als Vertreter seiner Firma musste er sich jedoch dort blicken lassen, und während des gesamten Abends hatte er sich der Versuche seiner Kollegen, ihn zu verkuppeln, erwehren müssen.
So war er erleichtert, als er endlich in seinen Hubschrauber steigen konnte. In den nächsten Tagen hatte er keinerlei geschäftlichen Verpflichtungen. Natürlich hatte er seinen Laptop dabei und würde einige Dinge erledigen müssen. Im Großen und Ganzen hatte er aber einige Tage frei, und er wollte das Beste daraus machen.
Mit Helen.
Als der Hubschrauber aufstieg, war Milos etwas beklommen zumute, denn er hatte ein wenig Angst davor, Helen wiederzusehen. Er musste den Verstand verloren haben. Wie konnte er etwas für eine Frau empfinden, die ihn seit ihrer Ankunft auf der Insel nur belogen hatte? Und warum hatte sie es getan? Um ihre Schuldgefühle zu verdrängen oder um das Andenken ihres Ehemannes in Ehren zu halten?
Das war ein Aspekt, den er bisher noch nicht in Betracht gezogen hatte, und er gefiel Milos nicht. In den vergangenen Tagen hatte er ständig an Helen gedacht, und die Vorstellung, dass sie ihren verstorbenen Mann immer noch liebte, quälte ihn sehr.
Natürlich hatte er auch an Melissa gedacht, aber für ihn war ihre Zukunft so stark mit der ihrer Mutter verwoben, dass er sich um sie keine so großen Sorgen machte. Von nun an wollte er an ihrem Leben teilhaben, und er musste zugeben, dass er überlegt hatte, wie er mit ihrer Hilfe seinen Willen durchsetzen konnte. Allerdings wollte er Helen keinesfalls damit drohen, sie ihr wegzunehmen.
Während der Hubschrauber über das blaue Meer flog, fragte sich Milos, was er sich eigentlich wünschte. Er musste Helen unbedingt wiedersehen. Tatsächlich konnte er es nicht erwarten, ihr gegenüberzustehen, mit ihr zu reden, sie zu berühren . Was war, wenn sie ihm nicht verzeihen konnte?
Am schwersten war es ihm in den letzten Tagen gefallen, Rhea nicht anzurufen. Bestimmt hatte sie sich wieder mit Melissa getroffen, und er hatte ständig der Versuchung widerstehen müssen, von ihr zu erfahren, was Helen machte.
Nun war er froh, dass er
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