JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
sollen? Andererseits konnte es ihm natürlich auch egal sein, wenn sie zu viel Kuchen aß und dick wurde, denn schließlich war sie nicht die Frau, die er heiraten wollte.
„Marco hält mich wirklich auf Trab“, antwortete sie und wandte sich dann ganz bewusst an seine Großmutter: „Es ist Sonntag, wissen Sie. Für mich ist das immer ein Tag, an dem ich es mit den Regeln nicht ganz so genau nehme und einfach Spaß haben will.“
Die alte Dame nickte beifällig. „Eine alte italienische Tradition. Außerdem mag ich es, wenn man meine Kochkünste zu schätzen weiß.“
Gina war nicht der Typ, der es darauf anlegte, irgendjemand auszustechen, dennoch bereitete ihr Isabella Valeri-Kings wohlwollende Zustimmung einige Genugtuung. Man konnte es mit dem Diäthalten auch zu weit treiben. Wenn sich jemand die Mühe gemacht hatte, einen besonderen Kuchen zu backen, dann war es ihrer Meinung nach einfach unhöflich, ihn nicht einmal zu probieren, nur weil er zu „kalorienreich“ war. Aber Michelle schien dieses Mindestmaß an Höflichkeit gegenüber Alessandros Großmutter nicht für nötig zu halten, denn sie hatte nur schwarzen Tee mit Zitrone zu sich genommen.
Natürlich ging es sie, Gina, nichts an, aber sie hatte den Eindruck, dass Isabella Valeri-King die Verlobte ihres Enkels nicht besonders leiden mochte – genauso wenig wie sie, Gina, Michelle leiden konnte. Allerdings war es natürlich möglich, dass die Ursache für ihre wachsende Abneigung schlicht und einfach Eifersucht war.
Angesichts dieser Überlegungen war es eine willkommene Abwechslung, als Marco jetzt über den Rasen gerannt kam, die Hände hohl zusammengepresst, als würde er etwas darin verbergen. „Guck mal, was ich gefunden habe, Mom!“, rief er aufgeregt.
„Komm her, und zeig es mir, Marco“, antwortete Isabella Valeri-King und winkte ihn lächelnd zu sich heran.
Marco, der gegenüber der feinen alten Dame keine Befangenheit zu kennen schien, blieb zwischen ihr und Michelle stehen. Seine braunen Augen funkelten übermütig. „Es is’ eine Überraschung!“, sagte er mit wichtiger Miene.
„Ich liebe Überraschungen“, versicherte Isabella Valeri-King ihm ernst.
„Dann pass auf!“, rief Marco und öffnete die Hände wie ein großer Zauberer. Eine kleine Kröte hüpfte von seiner Handfläche … direkt auf Michelles Schoß!
Michelle sprang kreischend vor Entsetzen auf und schlug wie wild um sich, um die Kröte loszuwerden. Die aber hüpfte zunächst einmal ausgerechnet auf Michelles Arm, bevor sie in die Freiheit entkam, und Michelle schauderte vor Ekel. „Du dummes Kind!“, schrie sie Marco an. „Wie kannst du dieses ekelhafte Tier an den Tisch bringen und auf mich springen lassen!“ Außer sich vor Zorn stürzte sie mit erhobener Hand auf Marco zu.
Sprachlos vor Entsetzen sah Gina, dass Michelle im Begriff stand, Marco zu schlagen, und sprang auf. Aber sie war zu weit entfernt, um es verhindern zu können.
Alessandro kam ihr zu Hilfe. Blitzschnell stand er neben Michelle, packte ihr Handgelenk und zwang sie, den Arm sinken zu lassen. Seine Großmutter reagierte im selben Moment und zog Marco aus der Schusslinie.
„Es ist doch nichts passiert, Michelle“, sagte Alessandro in einem nachdrücklichen Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Ginas Herz pochte wie wild, als sie begriff, was da geschah: Alessandro King stellte sich schützend vor ihren Sohn … gegen seine Verlobte!
„Nichts passiert!“, schrie Michelle empört und wandte sich erneut außer sich vor Wut Marco zu, der erschrocken zurückzuckte, weil er gar nicht begriff, was er so Schlimmes angestellt hatte. „Du hast meine Hose ruiniert, du Schmutzfink!“
„Ruiniert ist doch wohl übertrieben“, widersprach Alessandro barsch.
„Jungen sind eben so“, mischte sich nun seine Großmutter betont beschwichtigend ein, wobei sie jedoch Michelle einen warnenden Blick zuwarf, während sie Marco beruhigend an sich drückte. „Sie sind von allem fasziniert, was kreucht und fleucht.“
„Kröten!“ Michelle schauderte sichtlich. „Hässliche, eklige Kröten!“
Marco schmiegte sich Schutz suchend an Isabella Valeri-King, während er mit ängstlicher Miene und großen Augen die fremde Frau anstarrte, die ihn so wütend angefahren hatte.
Der Anblick ihres völlig verschüchterten Sohnes riss Gina endlich aus ihrer Lähmung. Schön und gut, dass Alessandro und seine Großmutter Marco verteidigten, aber sie war seine Mutter. Es war ihre Aufgabe, ihm zu
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