JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
schnelleren Rhythmus über. Die anderen Paare passten sich an, Alessandro aber blieb stehen. Gina hielt den Atem an. War es vorbei? Würde er sie jetzt loslassen, zum Tisch seiner Großmutter begleiten und dann an Michelles Seite zurückkehren?
Zögernd blickte sie zu ihm auf. Seine klaren blauen Augen spiegelten die gleichen Fragen, die auch Ginas Herz bedrängten, und den gleichen heftigen Wunsch, Antworten darauf zu finden.
„Gehen wir etwas frische Luft schnappen“, sagte Alessandro schroff.
Er wartete erst gar keine Antwort ab, sondern geleitete Gina quer über die Tanzfläche zu den Terrassentüren, die auf die Loggia hinausführten. Wider alle Warnungen der Vernunft ließ Gina es geschehen. Ihr Herz pochte erwartungsvoll, denn die Art, wie Alessandro den Arm fest um ihre Taille gelegt hatte, verriet, dass er sie noch nicht gehen lassen wollte. Sie wollte wissen, wohin das führen würde. Und wenn Alessandro sich keine Sorgen darum machte, was die anderen Leute dachten, warum sollte sie es tun?
Als sie aus dem Ballsaal auf die Loggia hinaustraten, hielt er kurz inne, als wollte er sich besinnen. Hatte die frische Nachtluft ihn zur Vernunft gebracht? Gina wagte einen verstohlenen Blick. Über Alessandros Gesicht huschte ein Ausdruck von Entschlossenheit. Dann drängte er sie weiter, fort von den wenigen Gästen, die in kleinen Gruppen in der Nähe der Verandatüren standen, hin zu dem Springbrunnen, der weit genug abseits des Hochzeitstrubels lag, sodass sie dort vor neugierigen Blicken geschützt sein würden.
Kein Zweifel, Alessandro wollte mit ihr allein und ungestört sein. Doch als sie am Springbrunnen ankamen, schien er unschlüssig, wie er sich verhalten sollte. Er atmete tief ein und deutete auf eine Bank.
„Vielleicht sollten wir uns setzen?“
Gina folgte dieser Aufforderung, er jedoch machte keine Anstalten, sich neben sie zu setzen. Sie spürte seine große innere Anspannung und wartete mit angehaltenem Atem. Es beschlich sie das vage Gefühl, an einem ganz entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens angekommen zu sein, aber sie fühlte sich unfähig, selber irgendetwas zu unternehmen.
Das Schweigen wurde schier unerträglich. Alessandro betrachtete Gina mit nachdenklicher Miene, ließ den Blick über ihre nackten Schultern gleiten und auf dem Dekolleté des bronzefarbenen Spitzentops ihres Abendkleids verweilen. Sie errötete unwillkürlich, obwohl der gerade Ausschnitt des schulterfreien Oberteils keineswegs gewagt war und den Ansatz ihrer vollen Brüste nur erahnen ließ.
„Wie alt sind Sie, Gina?“, fragte Alessandro schroff.
„Sechsundzwanzig“, antwortete sie heiser.
„Ich bin vierunddreißig. Vierunddreißig!“, wiederholte er nachdrücklich, als wäre diese Tatsache allein ein Armutszeugnis für sein Verhalten ihr gegenüber.
Alter hat nichts mit Gefühlen zu tun, dachte Gina. Aber Alessandro schüttelte den Kopf, als würde er dem Altersunterschied von acht Jahren zwischen ihnen irgendeine besondere Bedeutung zumessen. Sie begriff nicht, was in ihm vorging, als er sich jetzt einige Schritte von ihr entfernte und halb abgewandt stehen blieb, den Blick auf den Garten gerichtet.
„Erzählen Sie mir von sich.“
Sein schroffer Ton verriet den dringenden Wunsch, mehr über sie zu erfahren. Gina wusste nicht, welche Antworten er erwartete. Sie konnte nur die Wahrheit erzählen und hoffen, ihn damit zufriedenzustellen.
„Ich bin auf einer Zuckerrohrfarm aufgewachsen, die meine Eltern immer noch besitzen und bewirtschaften.“
„Wo?“
„In der Nähe von Edmonton, unmittelbar hinter Cairns.“
„Und der Name Ihrer Eltern?“
„Salvatori. Frank und Elena.“
Alessandro nickte. „Ich habe von Ihrem Vater gehört.“
„Mein älterer Bruder John lebt mit seiner Familie auch auf der Farm. Mein jüngerer Bruder Danny arbeitet in der Tourismusbranche.“
„Der Krötenrennen-Veranstalter?“
„Ja, unter anderem.“
Er drehte sich zu ihr um und sah sie forschend an. „Keine Schwestern?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nur die beiden Brüder.“
„Wo sind Sie zur Schule gegangen?“
„Zur Grundschule in Edmonton und dann auf das St. Joseph’s Internat in Cairns.“
Ein ironisches Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. „Eine Klosterschülerin.“ Als Gina dazu schwieg, setzte er seine Befragung fort: „Waren Sie vor Ihrer Heirat berufstätig?“
„Ich habe in einem Blumenladen gearbeitet, weil ich Blumen immer schon geliebt habe.“ Natürlich war das nach
Weitere Kostenlose Bücher