JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
auf Zehenspitzen durch das Zimmer schlich und ihre Habseligkeiten zusammenpackte, aber sie war so verunsichert, dass sie das Risiko nicht eingehen wollte, sich Alessandro und den Konsequenzen ihres gemeinsamen Handelns stellen zu müssen.
Zunächst einmal hielt sie es für das Beste, zusammen mit Marco so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Auf keinen Fall wollte sie sich hier in „King’s Castle“ in eine Szene hineinziehen lassen. Nein, Alessandro sollte erst einmal Ordnung in seine Angelegenheiten bringen und dann zu ihr kommen … falls ihm die vergangene Nacht irgendetwas bedeutet hatte.
Der Morgen danach … Als Gina sich aus dem Zimmer schlich und die Tür lautlos hinter sich zuzog, wurde ihr erst die ganze Bedeutung dessen, was geschehen war, bewusst. War Alessandro wirklich an einer weiteren Beziehung mit ihr interessiert, oder …? Sie weigerte sich, die andere Möglichkeit zu Ende zu denken.
Ihre Adresse und ihre Arbeitsstelle konnte Alessandro ohne Schwierigkeiten von seiner Großmutter erfahren. Die Frage war, ob er zu ihr kommen würde oder nicht. Das allein würde ihr schon sehr bald verraten, wo sie bei ihm stand. Jetzt musste sie sich erst einmal auf Marco konzentrieren und für ihn eine Erklärung finden.
Marco saß auf dem Bett im Kinderzimmer und wartete geduldig, doch der neugierige Blick seiner großen braunen Augen sprach Bände. Gina lächelte ihn liebevoll an, stellte ihre Reisetasche zu seinen Füßen vors Bett und legte den Kleidersack mit ihrem Abendkleid übers Fußende.
„Warst du schon im Bad?“, fragte sie leise.
Er nickte.
„Dann wollen wir dich anziehen.“ Sie holte frische Kleidung für ihn aus der Reisetasche. „Kommst du damit allein klar, während ich schon mal ins Bad gehe?“
„Natürlich!“, sagte er stolz. „Aber Mom …“
„Schsch. Die anderen Leute im Schloss schlafen noch, Marco. Wir unterhalten uns, wenn wir nach unten gehen.“
Er wollte protestieren, besann sich aber anders und begann, seinen Schlafanzug auszuziehen. Gina eilte ins angrenzende Bad, um sich zurechtzumachen. Obwohl es Sonntag und noch sehr früh am Morgen war, würde in diesem großen Haus sicher schon jemand auf sein, und sie konnte nicht gehen, ohne nicht wenigstens ein Dankeschön für Isabella Valeri-King zu hinterlassen. Das gebot schon allein die Höflichkeit.
Dennoch wollte sie sich nicht in irgendein längeres Gespräch verwickeln lassen und damit das Risiko vermehren, vor Marco in eine peinliche Lage zu geraten. Was er gesehen hatte, war schon schlimm genug. Nicht auszudenken, wenn er Mrs. Valeri-King gegenüber mit der Wahrheit herausplatzen würde!
Es war schon fast sieben Uhr, als sie mit Marco an der Hand nach unten ging. Nachdem sie ihn überredet hatte, in der riesigen Eingangshalle ihre Taschen zu bewachen, machte sie sich auf die Suche nach irgendeinem Hausangestellten und war froh, als sie in der Küche Rosita fand. Das freundliche Begrüßungslächeln der Haushälterin machte es Gina leichter, ihre wohl überlegte Abschiedsrede ohne Stocken vorzubringen.
„Aber es wird doch erwartet, dass Sie zum Frühstück bleiben. Wenigstens noch zum Frühstück“, protestierte Rosita.
Gina entschuldigte sich vielmals und versicherte noch einmal, wie dankbar sie für die Gastfreundschaft und all die Freundlichkeit war, die ihr in „King’s Castle“ zuteil geworden war. Es fiel ihr schwer, an ihrem Entschluss zu gehen festzuhalten, als Rosita ihr, in dem Bemühen, sie doch noch umzustimmen, sogar in die Eingangshalle folgte und zu bedenken gab, dass Mrs. Valeri-King sicher sehr enttäuscht sein würde, auf Ginas und Marcos Gesellschaft beim Frühstück verzichten zu müssen.
„Bitte sagen Sie Mrs. Valeri-King, dass es sich um eine Familienangelegenheit handelt. Ich bin sicher, sie wird es verstehen“, sagte Gina in ihrer Not und drängte Marco zur Tür hinaus.
Auf dem Weg zu ihrem Auto, glücklicherweise schon außer Hörweite der freundlichen Haushälterin, platzte Marco dann mit seiner Frage heraus: „Wer war der Mann in deinem Bett, Mom?“
Gina atmete tief ein. „Es war der Mann, den wir schon vorige Woche hier im Schloss getroffen haben, erinnerst du dich? Er hat dir den Fischteich gezeigt“, antwortete sie ruhig.
„Ja, ich weiß. Der nette Mann.“
„Ja. Er ist hier im Schloss zu Hause.“
„Gibt es denn kein anderes Bett für ihn?“
„Doch, aber gestern Nacht ist er in dein Zimmer gegangen, um noch einmal nach dir zu sehen. Du
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