JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
doch?
Das Hotelfoyer war voller elegant gekleideter Menschen, vermutlich fanden mehrere private Empfänge statt. Es dauerte fünfzehn Minuten, bis James schließlich auftauchte. Seine Stirn war noch immer gerunzelt, als er sich bei ihr entschuldigte.
„Ich konnte keinen Parkplatz in der Nähe finden, also bin ich zu meinen Eltern gefahren und habe den Wagen dort gelassen. Wir werden nachher ein Taxi nehmen müssen.“
Zu seinen Eltern. Das erklärte den Lippenstift an seinem Mundwinkel. Lächelnd zeigte sie darauf und fand es rührend, wie er errötete, als er von ihr ein Taschentuch entgegennahm und sich hastig den Mund abwischte.
Der Lippenstift stammte von seiner Mutter, und natürlich war es ihm peinlich, dass sie ihn wie einen kleinen Jungen küsste. Zärtlich griff Sam nach seiner Hand, um ihm zu zeigen, wie reizend sie seine Liebe zu den Eltern fand. Zu ihrem Erstaunen wich er zurück.
Sam versuchte sich gegen die Enttäuschung zu wehren und ließ sich von ihm ins Hauptrestaurant führen. Dort nannte er dem Oberkellner seinen Namen und half ihr dann aus dem Mantel.
Als er den tiefen Rückenausschnitt ihres Kleids sah, runzelte er die Stirn. „Ich hoffe, du wirst nicht frieren.“
Eigentlich hatte sie ihm zuflüstern wollen, dass es allein von ihm abhing, ob sie fror. Aber sein Blick war so abwesend, dass sie eine solche Bemerkung lieber ließ.
James ging etwas im Kopf herum, und zwar nicht das, woran sie dachte. Der Abend würde wohl nicht so enden, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Anstatt dem ersehnten Ziel, Mutter zu werden, näher zu kommen, schien es in immer weitere Ferne zu rücken. Tapfer unterdrückte sie ihre wachsende Niedergeschlagenheit und öffnete die Speisekarte, die der Kellner ihr reichte, sobald sie saß.
Das Grosvenor war stolz auf seinen äußerst kreativen und sehr renommierten Küchenchef, und seit Bobbie ihr von seinen Kochkünsten vorgeschwärmt hatte, freute Sam sich auf diesen Abend.
James dagegen wirkte immer nervöser. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie.
„Ja, natürlich. Warum sollte es das nicht sein?“, antwortete er schnell. Zu schnell, wie sie fand.
Sie hatten gerade ihre Aperitifs getrunken und wollten bestellen, als der Kellner James mitteilte, dass ein Anrufer ihn sprechen wollte.
Wie die meisten Spitzenrestaurants gestattete auch das Grosvenor Hotel den Gebrauch von Handys bei Tisch nicht.
James entschuldigte sich bei Sam und eilte in die Halle.
Als der Weinkellner an den Tisch trat und sie fragte, ob sie noch einen Drink wünschte, zögerte sie. Doch dann nickte sie. Vielleicht würde ein weiterer Drink ihr helfen, sich zu entspannen. James’ Nervosität wurde langsam ansteckend.
Sie hatte das Glas schon fast geleert, als James zurückkehrte. Sein Gesicht war gerötet, und er wirkte noch unruhiger.
„Was hast du? Was ist los?“, fragte sie besorgt.
„Oh, nichts … Es war … ein Mandant, der wissen wollte, wann sein Fall verhandelt wird.“
Ein Mandant? Woher hatte der gewusst, wo er James erreichen konnte? Sie war versucht, James der Unehrlichkeit zu bezichtigen, aber es war durchaus möglich, dass sie zu misstrauisch war. Schließlich hatte er keinen Grund, sie anzulügen.
Der Kellner kam und nahm ihre Bestellung auf. Nach einem sehr kurzen Blick in die Weinkarte und ohne Sam zu fragen, bestellte James den Wein zum Essen.
Das war ebenfalls sehr untypisch für ihn. Normalerweise nahm er auf ihre Wünsche Rücksicht und war selbst danach unsicher, ob er auch den richtigen Tropfen gewählt hatte.
Der erste Gang wurde serviert, und der Weinkellner füllte die Gläser. Sam ließ es sich schmecken, aber je länger sie zusah, wie James in seinem Essen herumstocherte, desto mehr verging ihr der Appetit.
Sie holte tief Luft. Genug war genug. Sie legte das Besteck neben den Teller und beugte sich vor. „James, offenbar stimmt etwas nicht, und …“ Sie verstummte, als sie sah, wer gerade im Eingang zum Restaurant auftauchte.
„Was ist?“, fragte James. Doch als er bemerkte, wohin sie schaute, fuhr er auf dem Stuhl herum.
Sam hörte, wie er einen leisen Fluch ausstieß.
„James, was …“
Aber er stand bereits. „Bitte warte hier, Samantha. Ich werde gehen und mich erkundigen, was sie will.“
Samantha blickte ihm nach, als er zu Rosemary ging, ihren Arm nahm und sie ins Foyer zog.
Der Kellner fragte, ob sie den zweiten Gang wünschte. Samantha schüttelte den Kopf und deutete dann auf ihr leeres Glas, um sich nachschenken zu
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