JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
um die Ecke eines Stands bog. Offenbar war dieser ganze Tag dazu bestimmt, ihr die mühsam gewahrte Fassung zu rauben. Erst die angebliche Hellseherin und jetzt auch noch ihre Schwester mit dem Mann, den sie beide liebten.
Bei den Crightons war es üblich, sich mit einer Umarmung zu begrüßen. Aber bei Gareth schreckte Katie davor zurück, und bisher war sie ihm unendlich dankbar, dass er es nur einmal versucht hatte. Doch jetzt bemerkte sie Sebs und Charlottes fragende Blicke. Den beiden war nicht entgangen, welche Distanz zwischen ihr und ihrem Schwager herrschte. Fast wünschte sie, Gareth würde sie dieses Mal, nur dieses Mal, brüderlich in die Arme nehmen.
Alle machten sich miteinander bekannt, und während Gareth und Seb Höflichkeiten austauschten und sich dabei unauffällig musterten, beschäftigte Charlotte sich mit dem kleinen Nick.
„Sie können sich gar nicht vorstellen, was gerade passiert ist“, wandte sie sich aufgeregt an Louise. Katie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Wenn ihre Schwester erst hörte, was die unbekannte Frau weisgesagt hatte … Aber Louise hörte nur aufmerksam zu, lächelte kurz und teilte mit, dass ihre Eltern sie zum Picknick erwarteten.
„Ich habe auch Hunger, Dad“, erklärte Charlotte.
„Warum kommen Sie beide nicht einfach mit?“, schlug Louise Seb vor. „Wie ich Ma kenne, gibt es mehr als genug zu essen.“
„Oh nein …“
„Nein, danke.“
Als Seb und Kate gleichzeitig abwehrten, zog Louise die Augenbrauen hoch, und ihr Blick ruhte länger auf Katies leicht gerötetem Gesicht, als der lieb war.
Bevor Seb und Katie noch etwas sagen konnten, tauchten Guy und Chrissie auf. „Gut, dass wir euch gefunden haben. Jenny hat uns alle zum Essen eingeladen. Wir sollen uns beeilen“, verkündete Guy. „Sie hat mich gebeten, die Bestecke aus ihrem Wagen zu holen.“ Er reichte Katie die Schlüssel. „Könntest du das übernehmen, Katie? Ich muss Anthonys Windel wechseln, und unser Wagen steht am anderen Ende des Parkplatzes.“
Katie ließ sich nicht lange bitten, denn sie war froh, Sebastians Nähe für eine Weile zu entkommen. Sie nahm die Schlüssel und eilte davon.
„Wir sind an unserem üblichen Picknickplatz“, rief Louise ihr nach.
Aber Katie kam nicht weit. Sie hörte ihren Namen, drehte sich um und sah Seb auf sie zukommen.
„Ich wollte kurz mit Ihnen reden, bevor wir uns dem Rest Ihrer Familie anschließen“, erklärte er. „Dieser ganze Unsinn, den diese angebliche ‚Hellseherin‘ erzählt hat … also, ich habe damit nichts zu tun.“
„Glauben Sie etwa, ich?“, entgegnete Katie scharf. „Allein die Vorstellung ist absurd. Dazu müssten wir ja erst einmal …“ Sie verstummte.
„Müssten wir was?“, fragte Seb sanft. „Miteinander ins Bett gehen? Wollten sie das sagen?“
Katie wandte den Blick ab, bevor sie antwortete. „Dazu müssten wir erst einmal eine Beziehung haben. Und zwar eine ganz andere als die jetzige. Das wollte ich sagen.“
„Also miteinander ins Bett gehen“, wiederholte Seb ungerührt. „Und das wird niemals passieren.“
Gegen ihren Willen fühlte Katie sich durch diese unverblümte Zurückweisung gekränkt. „Da haben Sie recht. Niemals. Der Mann, mit dem ich … den ich attraktiv finden würde, müsste …“
„Müsste was?“
„Er müsste ganz anders sein als Sie“, bemerkte sie spitz. „Er müsste freundlich, sanft und einfühlsam sein.“ Ihre Stimme wurde heiser, ihr Blick abwesend. „Er müsste ruhig und verständnisvoll sein.“ Sie blinzelte. „Das genaue Gegenteil von Ihnen“, fügte sie mit Nachdruck hinzu.
Seb lächelte grimmig. „Das genaue Gegenteil eines jeden normalen Mannes. Ein geschlechtsloses Wesen. Eine Kunstfigur. Eine Märchengestalt, die mit der Wirklichkeit nicht das Geringste …“
„Das sagen Sie nur, weil Sie nicht so sind“, unterbrach sie ihn trotzig. „Es gibt Männer, die …“
„Männer, die was?“, fragte er und schloss sich ihr einfach an, als sie sich umdrehte und die Wiese ansteuerte, wo der Wagen ihrer Eltern geparkt stand. Sie ignorierte ihn und sagte nichts mehr.
„Lassen Sie mich los!“, protestierte sie, als er nach ihrem Arm griff.
„Erst wenn Sie meine Frage beantwortet haben. Männer, die was? Erzählen Sie mir genau, was Sie an Ihrem Traumpartner so sehr reizt. Seine Sexualität kann es jedenfalls nicht sein.“
„Seb, zu einer Beziehung … zur Liebe gehört mehr als Sex.“
„Natürlich. Aber die meisten Männer und Frauen
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