JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
Geld.“
„Es ist also meine Schuld, dass du arbeiten musst, ja? Es ist meine Schuld, weil ich nicht genug verdiene.“
„Das habe ich nicht gesagt“, protestierte Olivia. „Hör zu, Caspar, du hast diesen Streit angefangen. Du benimmst dich wie ein trotziges Kind, nur weil ich nicht zur Hochzeit deines Bruders fahren will. Ich verstehe noch immer nicht, warum dir so viel daran liegt. Du hast selbst zugegeben, dass dir deine Familie nicht besonders nahesteht und du nicht einmal alle Namen kennst.“
„Himmel, Olivia, das ist Jahre her.“ Er machte eine hilflose Geste. „Es ist höchste Zeit, dass ich Frieden mit ihnen schließe. Mit meinem Bruder, meinem Vater …“
„Dein Vater!“ Olivias Mundwinkel zuckten. „Warum müsst ihr Männer immer so zusammenhalten? Einander alles verzeihen? Gramps würde meinen Vater mit offenen Armen willkommen heißen … und selbst Jon. Dabei habe ich immer gedacht, dass Jon genauso denkt wie ich, dass er meinem Vater niemals verzeihen würde, aber wenn ich ihn reden höre, kommt es mir vor, als würde er …“
„Als würde er was? Ihn vermissen? Olivia, die beiden sind Zwillinge!“
„Das mag sein, aber er ist auch mein Vater“, erwiderte sie hitzig. „Und das hindert mich leider nicht daran, ihn zu hassen!“
Caspar runzelte die Stirn. „Warum reden wir über deinen Vater? Hier geht es um meine Familie. Weißt du, Olivia, manchmal kommt es mir vor, als würdest du von David einfach nicht loskommen. Ja, er hat etwas Falsches getan, und ja, ich verstehe, wie du darüber denkst. Aber du kannst einfach keinen Schlussstrich ziehen, du wühlst es immer wieder auf.“
„Ich brauche es nicht aufzuwühlen, Caspar. Es ist da, jeden Tag. Onkel Jon und Max und alle anderen wissen, was mein Vater verbrochen hat, und sie beobachten mich, um sicher zu sein …“
„Was redest du da für einen Unsinn, Olivia?“, fiel er ihr ins Wort. „Warum kannst du die Sache mit deinem Vater nicht endlich ruhen lassen? Oder holst du sie wieder hervor, weil du mich davon abbringen willst, zur Hochzeit zur fahren? Willst du wieder mal die Mitleidsschiene fahren, um …“
„Du begreifst es einfach nicht, was?“, explodierte Olivia bebend vor Zorn. „Du begreifst nichts. Ich werde nicht zu dieser Hochzeit fahren, und du kannst dich meinetwegen so sehr bei Maddy ausweinen, wie du willst. Ich werde meine Meinung nicht ändern, ich hasse euch Männer. Ihr seid alle gleich rücksichtslos … Gramps, mein Vater, Max, du …“
„Ich höre mir das nicht länger an“, erklärte Caspar hitzig. „Ich bin nicht für das verantwortlich, was dein Vater getan hat, und auch nicht dafür, dass Max der Liebling deines Großvaters ist“, wütete er, während Olivia an ihm vorbeistürmte und die Tür hinter sich zuknallte.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite kam David ein anderer Wagen entgegen, und automatisch wandte David das Gesicht ab, um vom Fahrer nicht gesehen zu werden. Als er in die Einfahrt von Foxdean einbog, machte er sich vorsichtshalber ein wenig kleiner. Natürlich war es unwahrscheinlich, dass jemand ihn erkannte. Schon gar nicht ein zufällig vorbeikommender Autofahrer, der vermutlich wie er selbst nur unterwegs war, um die Sonntagszeitungen zu kaufen.
„Oh … warme Croissants und die Sonntagszeitungen. Wunderbar!“, hatte Honor geschwärmt. „An einem Sonntagmorgen im Bett kann ich mir nichts Schöneres vorstellen. Na ja, bisher konnte ich das nicht“, verbesserte sie sich lächelnd.
„Ich hole uns Croissants und die Zeitungen“, hatte David sofort angeboten.
„Und ich mache den Kaffee.“
Die Harmonie, die zwischen ihnen herrschte, war für David ein herrliches Geschenk, in mancher Hinsicht vielleicht noch herrlicher als die erotische Anziehungskraft, die sie aufeinander ausübten.
Das Gewitter war fortgezogen, und der Himmel war klar. Nebel schwebte über den Wiesen.
In Jamaika wäre Pater Ignatius zu dieser Tageszeit schon mehrere Stunden auf, um die kühlsten Stunden zu nutzen.
David wünschte, er könnte mit Honor über ihn reden, war jedoch nicht sicher, was sie von der Arbeit halten würde, bei der er dem Pater geholfen hatte. Manchmal beschlich sogar intelligente und gebildete Menschen Angst und Entsetzen, wenn sie hörten, um welche Kranken sich der Priester kümmerte. David hatte es oft genug in den Gesichtern gesehen, wenn er Pater Ignatius nach Kingston begleitete, um bei den Reichen und Mächtigen für Unterstützung zu werben.
AIDS, Lepra,
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