JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
gestellt hatte. Sie hatte noch keine Regale dafür, aber sobald sie standen, wollte Honor sie terracottafarben streichen.
„An die Treppe kommt ein Wandgemälde“, fuhr sie schwärmerisch fort. „In wunderschön leuchtenden Farben.“
„Eine toskanische Szene.“ David hatte solche Wandgemälde in den Villen im Ausland gesehen, in denen er gearbeitet hatte. Aber sie schüttelte den Kopf.
„Nein. Was mir vorschwebt, ist …“ Sie verstummte und kniff die Augen zusammen. „Etwas Einzigartiges. Ich weiß nur noch nicht, was genau.“
„Wie wäre es, wenn du einige der Illustrationen kopierst, die die Mönche in ihre Kräuterbücher gemalt haben?“, schlug er vor. „Sie haben wunderbar satte Farben verwandt. Du könntest deinen eigenen Klostergarten schaffen, mit all den Kräutern, die du …“
„Das ist eine tolle Idee“, unterbrach sie ihn aufgeregt. „Ja, das ist genau das, was ich will. Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Oh, du bist ja so klug.“
Er musste über ihre fast kindliche Begeisterung lachen, aber zugleich machte es ihn stolz und glücklich, dass ihr sein Vorschlag so gut gefiel.
Den Abend verbrachten sie damit, in einigen von ihren alten Kräuterkunden zu blättern und sich Ideen aufzuschreiben. Irgendwann, als es spät war, sah Honor ihn an. „Ich gehe jetzt nach oben“, erklärte sie ruhig. „Das Gewitter ist vorüber, es wird also wohl kaum wieder einen Stromausfall geben. Ich würde mich aber trotzdem freuen, wenn du mein Bett mit mir teilen würdest. Natürlich nur, wenn du willst.“
Ohne seine Antwort abzuwarten, verließ sie den Raum. Er holte sie ein, als sie schon auf der Treppe war.
„Weißt du, ich bin nicht sicher, ob ich es bis ins Schlafzimmer schaffe“, gestand er, bevor er sie stürmisch küsste.
Daran erinnerte David sich jetzt, als er über die leeren Straßen durch die nebelverhangenen Wiesen von Cheshire fuhr. Und er erinnerte sich an den alten Spruch, der ihn aufforderte, einem geschenkten Gaul nicht ins Maul zu schauen. Mit anderen Worten, manchmal machte man sich über etwas einfach zu viele Gedanken.
Vielleicht hatte Honor recht, wenn sie meinte, sie sollten einfach nur genießen, was sie hatten. Die Frau, zu der er jetzt zurückkehrte, zog ihn auf geradezu zauberhafte Weise an, und in ihrer Nähe war er zufriedener und ausgeglichener als je zuvor in seinem Leben. Aber warum sollte er das alles hinterfragen, es zu analysieren versuchen und dadurch möglicherweise verderben?
Er parkte vor Honors Haus und griff nach der Tüte mit den Croissants. Als er sie gekauft hatte, waren sie noch frisch und warm gewesen.
Konnte es eine schönere Art geben, einen unbeschwerten Morgen zu verbringen? Das fragte Honor sich, als sie David zurückkehren hörte.
Sie hatte eine Idee für das vielleicht sehr elegante Esszimmer und konnte es kaum abwarten, mit ihm darüber zu sprechen.
Er hatte ein wenig verlegen gewirkt, als sie am Abend zuvor seine zweifelsfrei vorhandene künstlerische Ader gelobt hatte. Dass ihr Kompliment ihm unangenehm gewesen war, machte sie ebenso neugierig wie seine ganze geheimnisvolle Vergangenheit. Sie hatte jedoch nicht vor, sich zu sehr dafür zu interessieren. Er war einfach nur jemand, der für eine gewisse Zeit an ihrem Leben teilnahm, und so wollte sie es auch.
So, wie sie war, war sie glücklich. Sie brauchte die Komplikationen nicht, die eine feste Beziehung unweigerlich mit sich brachte. Sie hatte so viele Pläne, so viele Dinge, die sie noch tun wollte. Dinge, die anderen egoistisch erscheinen mochten. Aber sie hatte sich das Recht erworben zu tun, was sie wollte. Das Recht, endlich der Mensch zu sein, den sie lange in sich unterdrückt hatte, um Tochter, Ehefrau und Mutter sein zu können.
Ihre Heilkunde war ihr sehr wichtig. Es gab noch so viel, das sie lernen musste. Und sie wollte auf niemanden Rücksicht nehmen müssen, wenn sie beschloss, ihre Studien zu vertiefen oder vielleicht sogar auf Reisen zu gehen.
Trotzdem war es herrlich gewesen, heute Morgen in Davids Armen aufzuwachen.
„Der Kaffee riecht gut“, sagte er, als er die Küche betrat.
Honor antwortete nicht, denn sie hielt die Nase in die Tüte Croissants, die er ihr überreicht hatte.
„Das war wirklich eine großartige Idee“, meinte David später, während er Honor genüsslich Croissantkrümel von der Haut leckte.
„Nicht wahr?“ Sie hob die Arme, schlang sie um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.
5. KAPITEL
„Ich muss heute zu jemandem,
Weitere Kostenlose Bücher